Lebe. Deinen. Traum.. Johannes Grassl

Lebe. Deinen. Traum. - Johannes Grassl


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das Zitat eines ehemaligen Bundeskanzlers.

      Deshalb brauchen wir zunächst ein klares Verständnis, worum es geht. Nähern wir uns also dem Begriff. Traum in dem Sinne, wie ich ihn im Folgenden verwenden möchte, könnte man auch mit Vision beschreiben. Das Wort Vision kommt vom lateinischen visio und bedeutet Anblick, Erscheinung. Es geht darum, mit dem inneren Auge etwas zu sehen, das momentan noch nicht realisiert ist. Mit anderen Worten: Ein Traum ist ein Bild von der Zukunft. Und zwar eines, das begeistert!

      Genau darum geht es: Ich möchte, dass wir im Folgenden ein begeisterndes Bild von unserer Zukunft entwerfen. Eine Skizze, wie unser Leben zukünftig aussehen soll, die wir dann, während wir auf dem Weg der Realisierung unterwegs sind, Schritt für Schritt in bunten Farben ausmalen.

       Aufbruch aus dem Status quo

      Ein Traum im hier verstandenen Sinn liegt immer außerhalb unserer momentanen Lebenswirklichkeit. Das heißt, es geht um einen Aufbruch aus dem Status quo hinein in etwas Neues. Deshalb bringt ein Traum immer Veränderung mit sich, gehört es zu seinem Charakter, uns herauszufordern. Das macht ihn so spannend, unwägbar – und hindert zugleich viele daran, sich auf Träume einzulassen.

      Dabei geht es zunächst noch nicht um eine Veränderung unserer äußeren Umstände, sondern um eine Veränderung, die in unserem Inneren beginnt. Sie müssen weder morgen Ihren Job kündigen noch ihr Umfeld hinter sich lassen. Zunächst steht eine Neuausrichtung unserer bisherigen Denkmuster an. Träume sind innovativ und besitzen schöpferische Kraft, sie bringen neues Leben hervor.

       Von innen nach außen

      Wir dürfen an dieser Stelle ermutigt sein: Einen Traum zu leben ist machbarer, als es zunächst scheint! Vor der Veränderung äußerer Umstände kommt die Berücksichtigung unserer inneren Wünsche und Vorstellungen. Die Umgestaltung des großen Ganzen beginnt mit kleinen Schritten und ist innerhalb unserer momentanen Lebenssituation und des beruflichen Kontextes möglich. Einen Traum zu leben beginnt damit, an genau der Stelle, an der ich heute bin, meine Wünsche, Bedürfnisse und Sehnsüchte ernst zu nehmen und sie schrittweise, im Rahmen dessen, was möglich ist, umzusetzen. Damit wird mein Traum, das große Bild der Zukunft, heruntergebrochen auf gangbare Schritte, die eine sukzessive positive Veränderung des eigenen Lebens darstellen. Der Weg zum Traum ist ein Prozess, ein Prozess, der in uns beginnt und von innen nach außen verläuft.

       Es ist immer Zeit für einen neuen Anfang!

      Konrad Adenauer

      Jeder Mensch wird mit Träumen geboren. Ihre Hochkonjunktur haben diese in der Zeit unserer Kindheit. Als Kinder gehen wir in unseren Träumen geradezu auf – bis diese uns dann Stück für Stück aberzogen und abgewöhnt werden, bis wir sie aufgrund äußerer Umstände, Erwartungshaltungen anderer Menschen oder Sachzwängen aufgeben und vergessen. Nach einigen Jahren unseres Lebens, spätestens mit Mitte 20, sind wir endlich so weit auf Linie gebracht, unserem Leben eine „vernünftige“, das heißt möglichst berechenbare Richtung zu geben.

      Dabei sind unsere Träume wertvoll. Sie wohnen noch immer in jedem von uns, und wir sollten sie entdecken und leben. Wie wäre es, neu zu träumen und unserem Herzen eine zweite Chance zu geben? Die Büchse der Kindheit nochmals zu öffnen und wieder einzutauchen in diese Zeit des unbeschwerten und hoffnungsvollen Lebens?

      Es ist gar nicht so schwer. Schauen wir doch mal den Jungen im Bild genauer an. Zunächst lebt dieser in seinem Inneren etwas, das äußerlich noch nicht realisiert ist. Er trägt ein Bild der Zukunft seines Lebens mit sich. In diesem Fall das Bild, als Pilot über den Wolken zu fliegen. In seiner Vorstellung stecken Freiheit, Freude und Abenteuer – und kaum Rationalität. Seine Begeisterung für das, was er gerne tun möchte, stellt die logischen Denkmuster und das Abwägen menschlicher Möglichkeiten zur Realisierung dieses Traumes völlig in den Hintergrund. Das ist das Faszinierende an Träumen: Sie öffnen eine Dimension von Leben, die wir aus rationalen Erwägungen heraus kaum ergreifen würden. Träume sind revolutionär. Sie stellen den Status quo infrage, öffnen die Box unserer momentanen Lebenssituation und wagen es, uns in unserem bisherigen Leben herauszufordern.

      Interessant ist, dass der Junge bereits ausgerüstet ist: Fliegerkappe, Brille, Schal und Pilotenjacke sitzen wie angegossen. Das hat etwas mit unseren Fähigkeiten und Begabungen zu tun. Jeder Mensch ist mit einzigartigen Stärken und Vorlieben ausgestattet. Stärken sind Dinge, die wir gut machen. Vorlieben sind Dinge, die wir gerne machen. In der Regel passen die in uns wohnenden Träume mit unserer „Ausrüstung“ zusammen. Wenn wir uns im Rahmen unserer Stärken und Vorlieben bewegen, fallen uns Dinge leichter. Wir bewegen uns in dem, was wir gut und gerne tun – das motiviert und verschafft eine gewisse Souveränität.

      Und noch etwas steckt in diesem Bild vom jugendlichen Piloten: Obwohl nicht sichtbar, scheint es mir, als ob dieser Junge in wohlwollenden und liebevollen Beziehungen lebt, die ihm Geborgenheit und das feste Vertrauen geben, die Träume seines Lebens realisieren zu können. Er strahlt ein Grundvertrauen aus, das ihm Sicherheit gibt.

      Dieses Bild beinhaltet viele Parallelen zu uns im Hier und Heute. In jedem von uns wartet ein kleiner Junge, ein kleines Mädchen darauf, in die Freiheit entlassen zu werden. Der Aufbruch in die freie Wildbahn – er beginnt in uns.

      Dazu eine Geschichte: Ein Bauer fand eines Tages ein Adlerei und brachte dieses in den Hühnerstall. Sogleich erbarmte sich ein Huhn und nahm sich voll mütterlicher Fürsorge des neu entdeckten Schatzes an. Nach einiger Zeit des Brütens und Bemutterns war es dann so weit: Das junge Adlerküken schlüpfte und erblickte zum ersten Mal das Licht der großen weiten Welt. Von großen und kleinen Hühnern umgeben, lag die Annahme nahe, selbst ein Huhn zu sein. So lebte der kleine Adler mitten unter den Hühnern, benahm sich wie ein Huhn, fraß wie ein Huhn und hatte seine eigentliche Identität nie kennengelernt. Eines schönen Hühner-Tages aber, während er gerade damit beschäftigt war, auf dem Hof Krümel zu picken, hörte er hoch am Himmel den Schrei eines Adlers, der dort seine Kreise zog. Dieser Schrei löste etwas in seinem Inneren aus. Eine tief verborgene Identität wurde berührt und zu neuem Leben erweckt. Der kleine Adler spürte, dass er zu mehr geboren war, als unter den Hühnern ein armseliges Dasein zu fristen, ab und zu ein Ei zu legen und früher oder später im Suppentopf zu landen. In ihm stand etwas auf, das ihn dazu brachte, seine wahre Bestimmung zu entdecken. Er begann, seine Flügel zu trainieren, erst unbeholfen, mit der Zeit aber immer sicherer und souveräner. Eines Tages schließlich war es so weit: Aus dem verkappten Huhn war wieder der Adler geworden, der sich aufschwang in die Lüfte, um endlich das Leben zu leben, für das er geboren wurde.

      Diese Geschichte hat viel mit unserem Leben zu tun. Wenn es um unsere Träume geht, dann muss der Zweikampf zwischen Kopf und Herz von Letzterem gewonnen werden. In diesem Sinn sollten die Träume und Wünsche der Kindheit nie nur Vergangenheit sein, sondern immer auch Teil unserer Zukunft. So wie die Kindheit mehr herz- als kopforientiert ist, braucht unser Herz auch im späteren Leben immer wieder Gelegenheiten, sich Raum zu verschaffen und gehört zu werden.

       Die Fähigkeiten, die in einem Menschen liegen,

       sind größer, als er weiß;

       und die Fähigkeiten, die Gott einem Menschen verleihen kann,

       sind größer, als er träumt.

      Charles H. Spurgeon

      In uns liegt ein Potenzial verborgen, das darauf wartet, entdeckt und gelebt zu werden. Wie in der Geschichte vom kleinen Adler, der als falsches Huhn unterwegs war, leben auch viele Menschen an ihrer wahren Bestimmung und ihrem Potenzial vorbei. Oft sind wir in Berufen und Aufgaben gefangen, in die wir gar nicht gehören, die wir nur aufgrund der Erwartungshaltung anderer Menschen (oder weil es sich „halt


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