Die Magie des Südens. Peter Rieprich
diesen Worten überlässt Dalí alles Weitere dem Betrachter.
Der weltweit berühmte Exzentriker Salvador Dalí, der 1904 im katalanischen Figueres zur Welt kam, kehrte immer wieder an seinen Geburtsort zurück, der heute mit seinem 1974 eröffneten Teatro-Museo Dalí Tausende von Besuchern anlockt. Entstanden aus den Resten eines alten Theaters ist dieser Ort die ideale Bühne für den Mann, der schlechthin für den Begriff Surrealismus steht. Wie kein anderer hat Dalí seine Verrücktheit ausgelebt, sich mit dem Surrealen identifiziert und vor der Welt in Szene gesetzt. Einen kleinen Überblick über sein Werk – ein großer Teil befindet sich in den USA – bietet dieser außergewöhnliche Museumsbau in Katalonien mit den riesigen klobigen Eiern auf dem Dach, die nicht so recht mit den dort ebenfalls platzierten zarten, goldenen, elfenhaften Figuren harmonieren wollen. Die dritte Komponente, die uns zum Dach aufschauen lässt, ist eine vernetzte gläserne Kuppel, die dem Entrée angenehmes Tageslicht spendet und gleichzeitig die Erhabenheit einer Kathedrale vermittelt. Unter diesem Dach nun werden die zahlreichen Facetten der künstlerischen Karriere Dalís, der nicht nur als Maler und Bildhauer agierte, sondern auch Schmuck- und Möbeldesigner, Illustrator, Dichter, Kostümbildner, Objektkünstler, Filmschaffender und wahrscheinlich einer der ersten herausragenden Eventkünstler war, präsentiert.
Wir schwanken zwischen Ratlosigkeit, Bewunderung und Staunen angesichts dieses opulenten Angebots außergewöhnlicher Kunstwerke, die sich nicht immer auf Anhieb erschließen, vielmehr fortwährend Rätsel aufgeben, aber in ihrer so eigenen Ästhetik bestechend sind. Hier ist die Hommage für Mae West installiert, mit dem berühmten lippenförmigen roten Sofa, das weltweit Furore machte. Hier findet man Bilder wie Das Gespenst des Sex-Appeal oder Die Spaltung des Atoms, und man begegnet immer wieder der Neuinszenierung seiner geliebten Muse Gala, etwa in Galarina, Sphärische Galatera oder Atomic Leda. In separaten abgedunkelten Räumlichkeiten sind 39 Entwürfe und glitzernde Endprodukte von Schmuckstücken ausgestellt, die Dalí teils filigran, teils sehr üppig gestaltet hat, ein weiterer, im wahrsten Sinne schillernder, Aspekt seiner vielfältigen Fähigkeiten.
Da ist es kein Wunder, dass sein künstlerisches Schaffen, seit seiner ersten Einzelausstellung 1925 in Barcelona, immer wieder bestaunt, diskutiert, belächelt, interpretiert, gesammelt, immer wieder weltweit präsentiert und allzu gern kopiert wird.
In Ergänzung zum Museum in Figueres sind seit 1996 das Castell Gala Dalí in Puból und seit 1997 das Privathaus in Port Lligat, wo die Dalís, mit einigen Unterbrechungen von 1930 bis 1982 lebten, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Beide Orte sind nur etwa 35 bis 40 Kilometer von Figueres entfernt, dennoch erscheinen uns die Wege dorthin, als führten sie zum Ende der Welt. Einsam und abgeschieden sind sie Refugien, die man mit dem extrovertierten Künstler nicht unbedingt in Einklang bringt. Aber auch hier lassen sich Kunstwerke entdecken, Landschaften, die immer wieder in Dalís Bildern auftauchen oder kleine Verrücktheiten, die den Künstlerso einmalig machten. Der verwunschene Garten von Galas Burg in Puból ist mit den für Dalí so typischen Elefanten mit den überlangen dünnen Beinchen dekoriert, ihre sonst eher schlichte Gruft ist mit farbigen Giraffen- und Pferdestatuen geschmückt, so wie sie oft in den Bildern des Katalanen auftauchen. Auch das Haus in Port Lligat, aus einer kleinen Fischerhütte entstanden und im Laufe der Jahre immer wieder erweitert, bietet einiges an Besonderheiten. Auf dem Dach eines Turmes thronen, korrespondierend mit dem Museum in Figueres, zwei seiner klobigen Eier, über dem Poolbereich, eingewachsen in Pinien, wachen zwei riesige Masken. In einer Mauer des Patio ist – sehr dezent – Muse Galas Antlitz als Relief sichtbar und auf der Staffelei im Atelier steht ein letztes, unvollendetes Bild. Dalí hat das Haus nach dem Tod seiner Frau nicht mehr betreten. Die Schränke im Ankleidezimmer sind beklebt mit Fotos vieler Prominenter, die die Dalís im Laufe der Jahre getroffen haben und dokumentieren den Karriereweg des außergewöhnlichen Katalanen, der als enfant terrible in der Kunstwelt viel Aufsehen erregte. 1981 besuchte ihn das spanische Königspaar in seinem Haus in Port Lligat und 1989, kurz vor seinem Tod, erhob ihn der spanische König in den Adelsstand. So starb der Ausnahmekünstler mit dem legendären Zwirbelbart, nachdem er schon 1949 den päpstlichen Segen für eine Studie seiner Madonna von Port Lligat erhalten hatte, mit geistlichen und weltlichen Würden nach schwerer Krankheit 1989 in Figueres und wurde in seinem Teatro-Museo-Dalí, das inzwischen Weltruhm genießt, beigesetzt.
EIN VISIONÄR PRÄGT DAS STADTBILD
Am Passeig de Gracia, Barcelonas exklusiver Einkaufsmeile, befindet sich eines der bekanntesten Bauwerke Gaudís: La Pedrera. Wie ein Fels in der Brandung steht das wuchtige Gebäude im noblen Stadtteil Eixample. Seit 1984 gehört das Casa Milà, wie es offiziell heißt, zum von der UNESCO erklärten Weltkulturerbe. Die Individualität der schweren schmiedeeisernen Balkonbrüstungen mit ihren dynamischen Schwingungen kommt vor dem Hintergrund des sandfarbenen Gebäudes besonders zur Geltung. Schon von weitem sind die zahlreichen mächtigen Kamine und Ventilationstürme, die in ihren verschiedenartigen Farben und Formen auf dem Dach thronen, zu sehen. Es lohnt sich, den Preis für ein Ticket zur Besichtigung des Hauses, welches neben der Sagrada Família als bedeutendstes Werk Gaudís gilt, zu investieren.
Durch einen Innenhof ist der Fahrstuhl erreichbar, der zunächst ein Schau-Apartment im Stil des Modernisme anfährt. In zahlreichen Räumen wird der bürgerliche Wohnstil Anfang des 20. Jahrhunderts präsentiert. Vom Kinderzimmer mit dem entsprechenden Spielzeug, über Küche und Abstellraum mit Sportgeräten, bekommen wir einen lebendigen Eindruck dieser Epoche. Ein Stockwerk höher befindet sich dann das Dachgeschoss, wo unter imposantem Bogengewölbe alle Werke Antoni Gaudís auf Fotografien, Bildschirmen und durch Modelle in allen Detailansichten dokumentiert sind. Hier kann sich der architektonisch interessierte Besucher in den mannigfaltigen Nuancen von Gaudís Baukunst verlieren. Von hier aus gelangt man dann über ein enges Treppchen auf die Dachterrasse, die außer den schon erwähnten skulpturellen Kaminen so ganz nebenbei auch einen fantastischen Ausblick über die Stadt bietet, den man in den Sommermonaten auch nachts bei einem Drink und Livemusik genießen kann. Von hier oben aus ist auch schon die Sagrada Família, eines der gigantischsten Projekte des Baukünstlers, zu erkennen.
Seit 1882 ist dies eine Baustelle. Kräne und Baugerüste konkurrieren mit den bislang fertiggestellten Türmen dieses ungewöhnlichen Bauwerks. Mehr als 40 Jahre seines Lebens investierte der geniale Antoni Gaudí in diese Kathedrale, in deren Krypta er auch beigesetzt ist. Das Projekt, welches ihm 1883 übertragen wurde, ist seit jeher auf Spenden angewiesen. Auch der Eintrittspreis dient zur Unterstützung der Bauarbeiten. Barcelona hat sich längst mit dieser Baustelle identifiziert und kaum ein Tourist versäumt die Besichtigung dieses so faszinierenden Fragments. Zwei der acht bislang fertiggestellten Glockentürme – zwölf sollen es werden – sind durch Aufzüge bis zu einer Aussichtsplattform erschlossen. Dann geht es über enge Stiegen noch weiter in die Höhe. Nichts für Leute mit Berührungsängsten. Es ist so eng in den Türmen, dass es bei Gegenverkehr nicht selten zu Körperkontakt kommt. Aber auch diese Strapaze wird, wie bei vielen von Gaudís Projekten, wieder einmal von einem imposanten Rundblick über Barcelona bis zum Meer hin belohnt. Von hier oben kann man auch die Schönheit der filigranen, über 100 Meter hohen, Türme mit ihren Ornamenten und bunten Mosaiken ganz nah erleben, während man sich unten zwischen den gigantischen Säulenkonstruktionen und angesichts der gewaltigen Portale ganz klein vorkommt.
Auch der Parc Güell, einst als spektakulärer Wohnpark von Gaudí und seinem Freund und Förderer Eusebí Güell gedacht, ist leider nie vollendet worden. Gebaut worden sind aber zwei Häuschen wie aus einem Märchen. In einem wohnte Gaudi selbst einige Jahre, heute ist es ein Museum. Weiterhin entstanden ein pompöser Treppenaufgang, eine wunderschöne Säulenhalle, die einst als Markthalle konzipiert war, mit einer darüberliegenden riesigen Terrasse, umsäumt von einer endlos erscheinenden, schlangenartig geschwungenen Bank aus bunten Mosaiken, fast zu schade sich draufzusetzen. Aber trotzdem verweilt man gerne, denn der Blick von hier über die Stadt ist atemberaubend. Der Platz ist wie geschaffen als Bühne zum Tanzen und für Darstellungen von Kleinkünstlern.
Einige Stufen höher gelegen dann eine Caféterrasse, umrahmt von mediterranen Pflanzen und in die Natur eingefügten Palmensäulen. Ein kleiner Kiosk ist direkt in den Felsen integriert, umrankt von heimischen Blüten. Ein idealer Platz für