Im Kraftstrom des Satan-Seth. Frater Eremor
beschrieben als Atheismus mit einer Prise Ritual. Der Atheismus geht, ähnlich wie andere Formen der Religionskritik, von einer selbstverschuldeten Unfreiheit des Menschen aus. Indem der Mensch aufgrund seines fehlerhaften Wesens seine Anlagen, sowohl positive als auch negative, in eine Gottheit projiziert, begibt er sich selbst in starre Unfähigkeit zu handeln. Wo einmal Selbstvertrauen war, ist nun nur noch Gottvertrauen und Gott bestimmt das Leben der Gläubigen. Dem Atheismus zufolge wird der Mensch durch ein Phantasiewesen, das er selbst geschaffen hat, gesteuert.
Man vergleiche aber kritisch die magische Maxime, daß alles was der menschlichen Psyche entspringt und den Willen des Menschen widerspiegelt, im wahrsten Sinne des Wortes „göttlich“, weil schöpferisch, ist. Wohlgemerkt sollte man hier den Willen nicht mit einem aus einer Laune entsprungenen „ich möchte gern“ verwechseln. Doch seitdem es Menschen gibt, existieren Götter, ob real existent oder als Phantasiewesen. Es ist naheliegend, daß der Wille und das Verlangen nach dem Wissen um ein „Höheres Sein“, das so alt ist wie die Menschheit, weder aus einer Bierlaune, noch aus abnormalen pathologischen Mustern entstanden ist. An der Frage nach Gott und damit nach dem Sinn es Lebens beißt sich der Mensch bereits die Zähne aus, seit er Zähne hat. Das Verhalten des religiösen Menschen ist manchmal vergleichbar mit dem eines Autofahrers, der auf der Autobahn bei Tempo 100 (der Umwelt zuliebe) das Lenkrad losläßt und auf Gott vertraut, daß dieser ihn schon sicher ans Ziel bringen wird. Uns ist völlig klar, daß dieser Fahrer sein gläubiges Leben an einer Leitplanke beenden wird, woran er dann noch nicht einmal schuldig ist, war es doch Vorsehung und Gottes Wille.
An diesem Punkt unserer Überlegungen ist eine vom Atheismus ausgehende Definition von Gott und menschlicher Freiheit vonnöten.
Als Gott bezeichnet der Atheist eine Massenpsychose, die Summe allen projizierten Lebens aus der immanenten Welt in eine transzendente Leere/Lehre. Die projizierten „Wesen“ verlieren ihre Individualität, werden grobmaschig zusammenaddiert zur höchsten Instanz Gott. Als menschliche Freiheit nehmen wir ein “aus sich selbst heraus“ Entscheiden- und Handeln-Können an, das Zusammenspiel zwischen Motivation und Tat des Einzelnen. Freiheit ist etwas Feines und Individuelles, während Gott etwas Grobes, Allgemeines darstellt. Gott unterbricht die Kette zwischen Motivation als Ausdruck eines „ich will“ und dem Handeln. Hier geht der Glauben des Atheismus in die Erfahrungswerte der Tiefenpsychologie über. Auch der Atheismus ist ein Glauben, denn die Nicht-Existenz Gottes ist ebenso unbeweisbar wie seine Existenz (aber Gott sei dank sind wir ja transzendentale Atheisten und wissen, was recht ist). Die ureigene, individuelle Motivation wird unterdrückt, um den Willen Gottes zu erfüllen. Sein Wille bestimmt das Handeln. Nietzsche sagt: „Gott ist von einer der Würde des Menschen unverträglichen Größe.“ Der sich aufbäumende und rebellierende, unterdrückte eigene Willen kann zu einem fundamentalen Selbsthaß des Individuums führen, wenn es sich nicht befreit. Diese Selbstverachtung wird auf die Umwelt projiziert, es entsteht das fatale Paradoxon „Menschenhaß – Gottesliebe“. Über die Vorzüge des Glaubens im christlichen Sinne (ewiges Leben etc.) ergibt sich das Bild einer Haßliebe für Gott, die daraus gespeist wird, daß der Mensch sich, um an der Macht Gottes zu partizipieren, völlig dieser Macht unterwirft. Dieser Widerspruch existiert jedoch nicht nur zwischen Gottesgläubigkeit und innerer Freiheit. Bei der obigen Reaktionskette sind ebenso gültig statt Gott gesellschaftliche Normen oder ideologische Systeme einsetzbar.
Die oben beschrieben Haßliebe gleicht der, die Kinder oft gegenüber ihren Eltern entwickeln.
Wird aus der Projektionsfläche Gott jedoch ein Spiegel Gott, der die projizierten Dinge zurückspiegelt mit all ihren subtilen und filigranen Anlagen, so verliert sich keine Kraft im „Jenseits“ (Pantheismus als vornehmste Form des Atheismus). Der Mensch begibt sich nicht seiner Handlungsfähigkeit. Diese scheinbar sinnlose Hin- und Herprojiziererei bringt eine Heiligung aller existierenden Körper, Kräfte und Beziehungen zwischen ihnen mit sich. Achtung, Würde und Bedeutung werden dem Leben zurückgegeben, denn alles ist göttlich und jede Kraft enthält etwas von der anderen Kraft.
Die Projektion als Hilfsmittel zum Verständnis des Verbindungen zwischen den Dingen war und ist eine bewußte Transaktion. Das Wissen um den tiefenpsychologischen Hintergrund schließt jedoch einen religiösen Anspruch nicht aus.
Religion schließt menschliche Freiheit nicht in jedem Fall aus. So, wie nach dem Atheismus die Konzentration auf das Jenseits eine Abhängigkeit von der Religion bewirken kann, so kann die Religion dem Menschen jedoch auch die menschliche Freiheit und Würde zurückgeben, die er aufgrund von diesseitigen Zwängen verloren hat.
Und die Freiheit steht möglicherweise vor den Religionen, vor der Wissenschaft, sogar vor der Wahrheit.
Freiheit
Im Zusammenhang mit Satanismus ist immer wieder von „Freiheit“ die Rede. Es gibt zwei Axiome. Zum einen: Freiheit ist möglich. Zum anderen: Freiheit ist nötig. Doch Freiheit ist nichts scharf Umrissenes, was mit leichter Hand sowie klaren Konturen definiert und von der Unfreiheit getrennt werden kann. Freiheitsempfinden und Freiheitsanspruch waren immer abhängig von den Lebensumständen des nach Freiheit strebenden Individuums. Das eigene Sein nach dem eigenen freien Willen ausrichten zu können, dies mag Freiheit sein. Daß dies jedoch möglich ist, ist ein Glauben, der als Absolutes nicht mehr oder weniger wertvoll ist, wie die Idee, daß es ein determiniertes Schicksal gibt, von unseren Genen oder auch von Gott vorherbestimmt.
Den Glauben an die Freiheit des Menschen teilen mitnichten alle Bewohner dieser Erde. Den Glauben an die Freiheit Menschen zu predigen, bringt das gleiche Gift in die Welt wie die Missionsversuche eines Predigers, der seine Religion für die einzig wahre hält und sie mit Zunge oder Schwert in die Welt zu den Mitmenschen tragen will. Dabei ist es irrelevant, ob er diese Menschen in seinem Sinne, zu seinem Gott (und sei dieser Gott die Freiheit selbst) „erretten“ will, oder seine persönliche Vormachtstellung als einer, der näher an der Lehre, näher an der einen Wahrheit ist, ausbauen möchte. Es gibt durchaus Menschen auf diesem Planeten, die weder Zeit noch Bereitschaft haben, sich mit der Willensfreiheit auseinanderzusetzen, da ihre Hauptsorge das tägliche biologische Überleben ihres Stammes, ihrer Sippe, ihrer Lieben, ihrer selbst ist. Diese Menschen sind übrigens nicht immer in weitentfernten, hungerleidenden Ländern der dritten Welt zu suchen. Sie sind auch mitten unter uns, bedroht von den seelenfressenden ungeheueren Sucht, „konsumige“ Oberflächlichkeit, Krieg, Einsamkeit, Krankheit.
Es ist verteufelt schwierig, aus einem innerlich Unfreien einen Freien zu machen, da der Akt der Befreiung in diesem Fall nicht aus dem Selbst des Sich-Befreienden kommt, sondern von außen die Dornenbüsche der Unfreiheit weggeschnitten werden, um die zarten Lippen der Freiheit wachzuküssen. Hierbei ist es nicht unwahrscheinlich, daß dieser Eingriff der Außenwelt nicht die versprochene Freiheit bringt, sondern eine neue Abhängigkeit. Wer die Welt und die Mitmenschen freimachen will, der befreie sich selbst und lasse das Schwert von den Dornenbüschen, die sich um die Märchenschlösser der anderen ranken.
Willensfreiheit, auch und vor allem in setianischen Gedankengebäude, ist eine nicht-natürliche Eigenschaft, die den Menschen von den anderen Lebewesen trennt, mit denen er ansonsten jedoch eine evolutionäre Vergangenheit teilt. Die amerikanischen Biologen Craig Palmer und Randy Thornhill sehen in ihrem jüngst erschienenen Buch „A Natural History of Rape“ den Menschen als Spielball seiner Gene, als Sklaven seiner biologischen Evolutionsgeschichte. Dies hört sich zunächst nach einer weiteren trockenen, akademischen Theorie zweier Berufsdenker an. Bei näherem Hinsehen ist es jedoch gut zu verstehen, daß ein lauter, empörter Aufschrei sich gegen ihre Thesen erhob. In ihrer Theorie finden sich natürliche Erklärungen für Mord, Vergewaltigung, Aggression. Nach ihnen sind Vergewaltiger keine durch die patriarchalische Gesellschaft geformte Psychopathen, sondern handeln „natürlich“, ihrem männlichen Fortpflanzungstrieb entsprechend. Ihr unausgesprochenes Postulat ist entweder ein Schritt in das von Ragnar Redbeard und anderen so gern proklamierte Gesetz des Dschungels. Oder eine wissenschaftliche Untermauerung der Forderung des Darwinisten Thomas Huxley an den modernen