Tierkommunikation mit Gänsehaut. Amelia Kinkade
offensichtlich lässt sich das Bewusstsein der Tiger auch nicht zerstören.
„Das kann ich den Menschen, die euch lieben, doch nicht erzählen! Wir alle wissen, dass ihr bald aussterben werdet. Und die wenigen Tiger, die noch übrig sind, leben schon in Käfigen!“
„Wenn ich es dir erklären würde, würdest du es trotzdem nicht verstehen. Ich bin nicht die Einzige, die in einem Käfig steckt, Amelia.“ Sie zeigte mir eine Szene aus meinem Leben in Los Angeles, wie ich mich durch den Betondschungel kämpfte, mich im Käfig eines kleinen metallenen Autos durch die Straßen quälte, während alle Fahrer in ihre Burgen - ihre überteuerten Häuser - zurückfuhren, die sie vor anderen Menschen schützten und die die Wildtiere völlig ausschlossen.
„Die Menschen sitzen in Käfigen“, sagte sie. „Sie bauen sich und anderen gerne Käfige.“
Wieder kam mir die Vision von Smog, Stahl, Luftverschmutzung, abgeholzten Wäldern. Sie führte zu einer zweiten, virtuellen Realität, in der die Menschen in ihren Smartphones und Fernsehern leben, statt draußen im Freien zusammen mit den Tieren, die sie brauchen.
„Wir sterben nicht aus, aber ihr“, sagte sie.
Daraufhin hatte ich die Vision, in der die Menschheit, wie wir sie kennen, ausstirbt, während sich ein paar hart arbeitende Menschen in etwas Schöneres, Höherentwickeltes verwandelten. Nicht alle Menschen werden die Verwandlung von der Raupe in den Schmetterling schaffen, doch viele von ihnen sind schon dabei. Auf der anderen Seite sind Tiger eine absolute Wahrheit der Schöpfung. Sie sind schon in jeder Hinsicht vollkommen. Daher müssen sie sich spirituell nicht mehr weiterentwickeln. Wir sind die kleinen Raupen, die die Verwandlung anstreben, die zu Schmetterlingen werden müssen.
Über diese Mysterien wollte ich auf meinem langen Rückweg zur Frühstückspension nachdenken. Also dankte ich der Tigerin, sang ihr noch ein letztes Liebeslied und blinzelte ihr zum Abschied zu. Doch als ich mich umdrehen wollte, sagte sie: „Geh auf die andere Seite des Geheges und schau durchs Fenster. Er wartet dort auf dich und will dir auf Wiedersehen sagen.“ Ich befolgte ihren Rat und ging den Hügel hinunter auf die andere Seite des Geheges. Bei seinem Anblick geriet ich vor Begeisterung ins Stolpern und wäre fast hingefallen. Am Fenster wartete ein riesiger sibirischer Tiger auf mich, der fast schon die Schnauze an die Glasscheibe drückte. Sein massiver Kopf füllte das ganze Fenster aus.
Dieser Tiger hatte eine ganz andere Persönlichkeit als die Tigerin, die mich fast bedrohlich angestarrt hatte. Er war ein unwiderstehliches, dreihundert Kilo schweres Geschöpf, und alles, was ich mir wünschte, war, zu ihm ins Gehege zu gehen, um ihn zu umarmen und seine karamellfarbene Riesenschnauze abzuknutschen. Sibirische Tiger sehen aus wie tibetanische Mönche, und manche von ihnen haben auch eine ganz ähnliche Persönlichkeit. Ich blinzelte dem prächtigen Tiger zu, und er blinzelte zurück. Dann erklärte ich, dass ich da war, um ihn kennenzulernen, weil ich an einem Kapitel über Tiger schrieb und seine Sicht des gefährdeten Status der Tiger hören wollte, da die Menschen schon fast alle Tiger auf der Erde ausgerottet haben und sie in wenigen Jahren ausgestorben sein werden.
„Ich weiß!“, sagte er. Ich bereitete mich auf ein weiteres Verschwinden wie von Zauberhand oder irgendeinen neuen übersinnlichen Akt vor. Doch er stand nur keuchend und grinsend da. Dann bedachte er mich mit dem schnurrenden Brüllen, das die Begrüßung nach Tigermanier ist. Was für ein Charmeur!
Ich hielt den Atem an. „Hast du eine Botschaft für die Menschheit?“, fragte ich verzweifelt.
„Ja, hab ich“, sagte er. Er drehte sich um und streckte mir sein enormes pelziges Hinterteil entgegen.
„Sag den Menschen, sie können mich mal!“
Das war die Botschaft des Königs des Dschungels! Und leider muss ich ihm voll und ganz zustimmen. Ich habe jedoch eine bessere Idee: Lassen Sie uns damit anfangen, die Kinder in China zu schulen, damit ihre Generation, die Generation ihrer Kinder und deren Kinder lernen, Tiger zu schätzen und eine gefährdete Tierart in all ihren prächtigen Formen zu schützen.
Wofür stehen Tiger?
Unabhängigkeit.
Welche Bedeutung hat das für Sie? Für mich bedeutet Unabhängigkeit geistige und gefühlsmäßige Unabhängigkeit, insbesondere in Herzensangelegenheiten. Wahre Unabhängigkeit zu erreichen bedeutet, dass ich nie mehr einen Weg einschlage, der meine Integrität kompromittiert, und dass ich niemals zulasse, dass mein Instinkt durch Korruption unterdrückt wird, so dass ich meine innere Stimme nicht mehr hören kann. Meine Lektion in Unabhängigkeit - als ich mich gegen meine Seele, meine eigenen „Leute“ (die Tiger) stellte, um mich den Falschen anzupassen, war schmerzhaft. Erst durch die Fehler, die ich gemacht habe, kann ich heute versichern, nie mehr vom richtigen Weg und der Klarheit, die er bringt, abzukommen - selbst wenn ich ihn alleine gehen muss.
Im Tigertempel versuchten mehrere Lehrmeister, mir Unabhängigkeit nahezubringen, um mich aus meinem Käfig zu befreien. Wir können die Tiger nicht aus ihren Käfigen befreien, solange wir uns nicht aus unserem eigenen Käfig befreit haben. Können wir unabhängige Denker sein, ohne auf die Stimmen unserer Väter, Mütter, Partner oder Altersgenossen zu hören, die in unserem Kopf erschallen? Können wir lernen, stattdessen auf Gottes Stimme zu hören?
Was werde ich tun, wenn ich gezwungen werde, mich zwischen der Wahrheit und einem minderwertigen Glaubenssystem entscheiden zu müssen? Ich werde springen. Ich werde mich dazu entscheiden, Täuschungen zu durchschauen. Ich werde mich für den Glauben an mich selbst und an all das, was aus mir geworden ist, entscheiden. Ich werde mich für die Unabhängigkeit entscheiden.
Wie mir heute klar ist, ist der einzige Weg, Frieden mit der Welt um mich herum und in meinem Inneren zu schließen, indem ich aus meinem authentischen Selbst heraus brülle. Es ist ein rebellisches wahres Selbst, das sich gegen die Konventionen früherer Generationen widersetzen muss, selbst wenn es unbequem ist. In dieser spirituellen Unabhängigkeit schwören wir, beständig auf Kurs zu bleiben, egal wie verzweifelt die Situation auch sein mag. Diese Form von Unabhängigkeit - dieses Vertrauen in Gott - ist, wofür der starke Tiger steht. Meine Tante Rue hat das in ihrem letzten Lebensjahr bewiesen. Bei ihren Lektionen in Unabhängigkeit ging es um die Unabhängigkeit von der Lähmung, von der Statistik der Patienten, die vor ihr einen Schlaganfall erlitten hatten, und sogar von einem potenziellen Todesurteil. Sie entschied sich dafür, weder an die Prognose der Ärzte zu glauben noch sich davor zu fürchten. Sie entschied sich, stattdessen Gott, mir und den Tigern zu vertrauen. Für mich ist das wahre Unabhängigkeit.
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