Tierkommunikation mit Gänsehaut. Amelia Kinkade
Klavierspielerin auf Konzertniveau ist, hätte ich ein Keyboard mitgebracht und sie aufgefordert, das Menuett in G-Dur von Bach zu spielen. Wenn der Mensch, der Ihnen nahesteht, Golfspieler ist, könnten Sie ihn bitten, seinen besten Schlag zu zeigen, oder wenn die Person gerne tanzt, könnten Sie ihre Lieblingsmusik spielen und sie zu einem Walzer auffordern. Einem gelähmten kleinen Jungen, der Basketball spielt, würde ich einen Basketball mitbringen, ihm den Ball zuwerfen und ihn dazu bringen, mir den Ball zurückzuwerfen. Es geht darum, die Leidenschaft des Patienten in die Physiotherapie einzubinden, um einen Wendepunkt im Heilungsprozess zu bewirken. Wenn der Patient tierlieb ist, könnte der Ersatz für sein Haustier das Hineinschlüpfen in das Tier („Shapeshifting“) sein, indem wir uns die Kraft und den Geist des geliebten Tiers in einer Krise „ausleihen“. Wir können Erstaunliches erreichen, wenn wir so tun, als wären wir ein Hund oder ein Frosch, ein Elefant oder ein Tiger.
Natürlich gehöre ich zu den stärksten Befürwortern der von Tieren unterstützten Therapie, und ich weiß aus Erfahrung, dass lebendige Tiere im Krankenhaus Patienten trösten können und manchmal sogar Leben retten. Medizinische Querdenker, wie beispielsweise meine Freunde Dr. Bernie Siegel und Dr. Larry Dossey, haben schon anhand von zahlreichen Studien belegt, dass der Patient weniger Blut verliert, sich schneller wieder erholt und weniger Gefahr läuft, einen Schock zu erleiden, wenn sich ein Tier im Krankenzimmer befindet. Menschen mit Haustieren verbringen weniger Zeit im Krankenhaus, weil sie so schnell wie möglich zurück zu ihren Tieren wollen. Dürften sie ihre Haustiere mit ins Krankenzimmer nehmen, würde sich ihre Genesungszeit mit Sicherheit noch mehr verkürzen. Ihr Herz würde sich öffnen und der Körper würde heilen. Tiere können unseren Blutdruck, Herzschlag und unsere Gehirnwellen regulieren. Die wahren Meister dieser mysteriösen Prozesse sind Katzen. Doch da ich meinen Kater Doc nicht mit auf die Intensivstation bringen durfte, nahm ich stattdessen die Fotos der großen Katzen mit. Die Tiger schenkten Tante Rue noch weitere neun Monate mit mir und anderen geliebten Menschen. Aber die Menschen, die ihr nahestanden, konnten sie nicht retten. Es bedurfte der Tiger, sie zurück ins Leben zu holen.
Rue und ich verlebten einen verzauberten Frühling voller herzlicher Momente und intimer Gespräche. Das Laufen fiel ihr noch schwer, und deshalb setzten wir uns aufs Sofa, sahen uns Dokus des Senders National Geographic über Tiere, Wissenschaft, Natur und Außerirdische an und lachten natürlich auch über viele Comedyserien, bis sie einen zweiten Schlaganfall erlitt. In diesen letzten Monaten ihres Lebens bekam sie Panikanfälle, wenn sie sich hinlegte. Das Einzige, was sie dann zum Lachen brachte, war, wenn ich einen Frosch imitierte. Dafür hockte ich mich vor ihr auf einen Schemel, machte Glubschaugen und blies die Backen auf. Sie meinte: „Mimi, so sieht doch kein Frosch aus!“ Dann gab sie ihre eigene witzige Frosch-Imitation zum Besten, bei der ich mich vor Lachen bog. Ich streckte die Zunge heraus und tat so, als würde ich Fliegen fangen. Woraufhin sie in Gelächter ausbrach. Das ist es, an was ich mich erinnere - an unser schallendes Gelächter, als wir uns wieder einmal aus Spaß in Tiere verwandelten. Die Tiger hatten ihr den rettenden Anker hingeworfen, aber die Frösche brachten sie zum Lachen. Wenn ich meine Frosch-Imitationen ausgeschöpft hatte, tanzte ich ums Sofa herum, auf dem sie den ganzen Tag über saß und sich langweilte, weil sie kaum stehen oder gehen konnte. Dabei tat ich so, als wäre ich ein exotischer Fisch. Ich schlug mit den Flossen, sauste durchs Wasser und klappte den Mund so langsam wie ein Karpfen auf und zu. Ich glaube, der Frosch gefiel ihr besser.
Als sie den zweiten Schlaganfall hatte, war ich noch in Amerika und stand kurz vor meiner jährlichen Europareise. Meine Mutter und Rues beste Freundin Sue Vacarro waren nach New York geflogen. Zum Glück hatte meine Mutter eine Patientenvollmacht, doch dafür musste sie - gemeinsam mit Rues Sohn - entscheiden, wann feststand, dass sich Rue von dem Schlaganfall nie mehr erholen würde. Wir drei Frauen - meine Mutter, Sue und ich - hielten uns an den Händen, die wir über Rues Körper hielten. Wir weinten, beteten und nahmen von ihr Abschied. Ich rief die Erzengel herbei und entließ ihren Geist in das Licht und die Arme ihres Herrn Jesus Christus. Ob er mich wohl gehört hat? Ob sie mich wohl gehört hat? Ich glaube, sie beide haben mich gehört.
Bis zum heutigen Tag - selbst auf meinen jährlichen Afrika-Safaris - begleiten mich Froschwitze, Stofffrösche und sogar lebendige Frösche auf all meinen Wegen. Sie überraschen mich, bringen mich zum Lachen und erinnern mich daran, dass meine Lieblingstante mir von oben aus zusieht und meine Bemühungen, Kinder zu unterrichten und bedrohte Arten zu retten, begleitet. Eines Morgens sprang tatsächlich ein Laubfrosch aus meinem Koffer, als ich mich im Dunkeln vor Tagesanbruch für meine Safari anziehen wollte.
„Rue, bist du das?“, fragte ich in die Dunkelheit. Rue war Tierfreundin, Tierschützerin und ein Riesenfan von witzigen Storys gewesen. Ich spüre, dass sie hinter meiner linken Schulter steht und mich anfeuert, während ich dieses Buch schreibe. Und das frechste Golden Girl, die Tigerin, steht in diesem Moment vielleicht sogar hinter Ihnen, während Sie es lesen.
Rue hat mir bewiesen, dass Tigermedizin wirkt, und es war Tigermedizin, die sie gerettet hat. Doch das ist die wahre Tigermedizin, bei der wir uns mit dem grenzenlosen Geist der Tiere verbinden und uns von ihrer Kraft heilen lassen. Wir müssen sie nicht umbringen und zerlegen, aus ihnen kleine Pillen machen, die wir schlucken können. Und die Vorstellung, dass Leute da draußen Tiger abschlachten und essen, und dass man nichts dagegen tun kann, ist eine Vorstellung, die keiner von uns länger schlucken sollte.
Tiger essen? Genau. Sie werden aufgegessen. In den nächsten zwei bis fünf Jahren werden Tiger aussterben, wenn wir nicht rasch handeln. Und warum? Weil manche Chinesen sie aufessen. In der herkömmlichen chinesischen Medizin gilt „Tigermedizin“ als das wirksamste Heilmittel für alle möglichen Krankheiten, und manche chinesischen „Ärzte“ haben jedem Teilchen des göttlichen Meisterwerks eine medizinische Heilwirkung zugeordnet - von ihren Knochen über die Barthaare bis hin zum Schwanz. Jedes Gramm des Tigers, selbst seine inneren Organe, gilt als medizinisch wertvoll. Wenn Sie im Internet recherchieren, werden Sie auf viele grauenhafte Bilder von halbierten Tigern oder Haufen von Gliedmaßen dieser Tiere stoßen. Bereiten Sie sich auf Horrorbilder vor. Die Aufnahmen haben mich so schockiert und entsetzt, dass ich sofort in wütende Tränen ausbrach. Es gibt auch viele Bilder von lebendigen Tigern, die gequält werden.
Allein die Vorstellung, dass diese Tiger ausgerottet und zerlegt werden, um gegessen zu werden, ist so grotesk, dass es unbegreiflich ist, wie das in unserer „zivilisierten“ Welt geschehen kann. Wie können wir als Erdbewohner so etwas zulassen! Wenn Sie Katzen lieben, werden Sie zuerst verzweifelt sein und dann - hoffentlich - wütend werden. Wenn es einen „Teufel“ gibt, dann ist er eifrig am Werk, aber wir dürfen ihn nicht länger unsere Welt beherrschen lassen, und wir haben das letzte Wort darüber, wie wir mit den Tieren auf unserem Planeten umgehen. Zuerst habe ich Ihnen die lustige Geschichte über meine Art von „Tigermedizin“ erzählt. Leider müssen wir uns nun mit dem realen Thema befassen. Stellen Sie eine Schachtel Papiertaschentücher bereit.
Tiger: Die Fakten
Tiger lassen sich wegen ihres Umherwanderns und ihres scheuen Wesens nur sehr schwer zählen. Ich nahm Kontakt mit TRAFFIC in London auf, und Dr. Richard Thomas, der die globale Kommunikation koordiniert, war so freundlich, mir bei der Recherche der neuesten Fakten zu helfen. Er verwies mich an CITES, dieselbe Organisation, die mich aufgefordert hatte, nach meiner Rückkehr von dem Fiasko in Thailand die Werbung für den Tigertempel von meiner Webseite zu löschen. Ich hoffe, ihnen jetzt wenigstens ein bisschen helfen zu können, nachdem ich es damals nicht konnte.
Verlust des Lebensraums
Die Tiger, die einst in Asien, von der Türkei bis in den Osten Russlands beheimatet waren, sind im letzten Jahrhundert aus Südwest- und Zentralasien, aus Java und Bali in Indonesien und aus großen Teilen des Südostens und Ostens von Asien verschwunden. Tiger haben 93 Prozent ihres historischen Lebensraums und über 40 Prozent ihres Lebensraums in jüngerer Vergangenheit verloren.
Wilderei
Anfang der 1990er wurde der Handel mit Tigerteilen weltweit verboten, doch Tiger sind aufgrund des illegalen Wildtierhandels - der Wilderei - noch immer stark gefährdet. Sie werden hauptsächlich wegen ihrer Knochen gejagt,