Das Wunder des Seins und seine Zerstörung. Holger Strohm

Das Wunder des Seins und seine Zerstörung - Holger Strohm


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der weltweit leistungsstärksten Super-Rechner lässig in den Schatten stellen lässt. Es kann mit einer bisher unvorstellbaren Geschwindigkeit gewaltige Datenbanken durchforsten, Verschlüsselungscodes knacken und aufwendige Rechenoperationen leisten, die alle Vorstellungskraft sprengen. David Deutsch, der Erfinder des Quantencomputers, resümiert, er könne mit ein paar Dutzend Atomen mehr Rechenoperationen schaffen, als es Atome im gesamten Universum gibt. Wohin wir sehen, es offenbart sich göttliches Wissen.

      Aber nicht nur die Welt der Galaxien, Sterne und Planeten funktioniert nach göttlichen Regeln, auch die Welt, die unvorstellbar klein ist. Im Teilchen-Zoo der Laboratorien werden ständig neue Kleinstbausteine der Physik entdeckt. Viele dieser Arten sind Bausteine für exotische Materieformen, die nicht auf der Erde existieren, sondern nur im Brutofen der Sonne oder nach dem Urknall entstanden sind. Alle Stoffe der Welt bestehen aus nur zwei Gruppen von Partikeln aus Quarks und Leptonen. Von ihnen existieren jeweils sechs verschiedene Arten. Irdische Materie besteht aus nur einer Sorte Leptonen nämlich dem Elektron und aus nur zwei Sorten Quarks, die als up und down bezeichnet werden. Diese bilden Protonen und Neutronen, die sich wiederum zu Atomkernen zusammensetzen. Der Atomkern ist 10000-fach kleiner als das Atom. Um den positiven Atomkern flitzen die negativen Ladungen der Elektronen wie die Planeten um die Sonne. Die gesamte Masse des Atoms ist im Atomkern konzentriert. Die Anzahl der positiv geladenen Protonen und der negativ geladenen Elektronen, die bei einem stabilen Atom gleich sind, bestimmen das Element. Man kennt 109 verschiedene chemische Elemente, von denen 92 in der Natur vorkommen. Der Rest wird ausschließlich künstlich erzeugt.

      Über Hundert neuer Kleinstteilchen haben Physiker im Teilchenbeschleuniger nachgewiesen, mit exotischen Namen wie Neutrinos, Myon, Tau, Lambda, Theta, Omega, Pion oder Hyperon. Hinzu kommt eine klebrige Suppe, die als Bindeteilchen zwischen verschiedenen Partikeln wirkt. Gluonen, die die Quarks zusammenhalten; Photonen, die durch eine elektromagnetische Kraft die Elektronen an Atome und Moleküle binden; Weakonen und Gravitonen, die die Massenanziehung und Schwerkraft verursachen. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich auch unterhalb dieser Grenze noch immer kleinere Teilchen und auch Leben befinden. Vielleicht führt die Leiter nach unten und oben in neue Lebens- und Bewusstseinsebenen, die aber für uns bisher weder nachweisbar noch vorstellbar sind.

      Mit Titan-Saphir-Lasern wurde nachgewiesen, dass Elektronen, die den Atomkern umkreisen, sich genauso verhalten wie die Planeten, die die Sonne umrunden. Und sie weisen im Verhältnis gleiche Distanzen und Massen auf. Daraus ergibt sich die Frage: Ist unser Solarsystem ein Atom oder Molekül eines nächst höheren Lebewesens, die Galaxie Teil eines Organs und die 100 Milliarden Galaxien Teil eines gewaltigen biologischen Körpers? Und gibt es darüber hinaus Lebewesen, die noch gewaltiger und unvorstellbar groß sind? Und gibt es unterhalb der atomaren Grenze Lebewesen und eine Welt, die unvorstellbar klein ist? Vielleicht ist unser Universum nur ein kleiner Teil vieler, noch größerer Universen? Vielleicht gibt es unendlich viele Universen, die sich alle unterscheiden und in verschiedenen Dimensionen existieren? Vielleicht formen Urknalle Universen anderer Dimensionen in die unserige um? Ist Gott das All oder ist er eine höhere Lebensform, die sich aus dem All zusammensetzt oder ein Energiewesen, das alle Regeln des Werdens und Vergehens aufgestellt hat? Wir wissen es nicht.

      Von daher sind all dies Spekulationen. Aber, was gesichert ist: Gott handelt nach ökologischen Prinzipien und ist demnach ein Umweltschützer. Die superschweren Löcher, die Materie aufsaugen und zerkleinern und wieder in das All schießen, sind nichts Anderes als gigantische Recyclingmaschinen. Die immense Vielfältigkeit des Alls entspricht der aller Lebewesen auf der Erde. Alle Menschen, alle Tiere und Pflanzen unterscheiden sich und alle Sonnen, Planeten, Monde, Meteoriten usw. unterscheiden sich ebenfalls. Denn Vielfältigkeit ist ein wesentliches ökologisches Prinzip. Je vielfältiger eine Welt ist, umso stabiler ist sie. Und nur genetische Vielfalt ermöglicht körperliche, kulturelle und intellektuelle Spitzenleistungen. Gleichheit ist die Feindin aller Vitalität. Hinzu kommt ein drittes Verdikt: die ökologischen oder universellen Kreisläufe, die alles Leben und alle Materie miteinbeziehen und die alles in gewaltigen Kreisläufen miteinander verbinden und steuern. In diesen drei ökologischen Imperativen manifestiert sich Gott.

      4/DIE WAHRSCHEINLICHKEIT DES LEBENS

      „DAS UNIVERSUM IST NICHT TOT,

      WEIL WIR NICHT TOT SIND.“

      AMIT GOSWAMI

      Astrophysiker vermuten, dass es alleine in unserer Milchstraße rund 50 Millionen erdähnlicher Planeten gibt. Bisher waren diese lichtlosen Trabanten, die um die gleißenden Sonnen zirkulieren, verborgen geblieben. Doch seit einigen Jahren sind rund 200 von ihnen bekannt, die außerhalb unseres Sonnensystems aufgespürt wurden. Doch damit Leben entstehen kann, sind einige grundsätzliche Bedingungen notwendig. "Scientific American" schreibt, dass nur in kleinen Bereichen der Galaxien und Sonnensysteme Leben möglich ist. Explodierende Sterne, tödliche Radioaktivität, instabile Umlaufbahnen von Kometen und Planeten, nicht geeignete Temperaturen oder der Mangel an schweren Elementen sorgen dafür, dass Leben zum seltenen Glücksfall wird.

      Wenn jedoch die richtigen Bedingungen herrschen, so die These von Wissenschaftlern, entsteht Leben. Denn Leben, wie es auf der Erde entstand, ist keine einmalige, zufällige Erscheinung, sondern es würde sich unter den richtigen Bedingungen automatisch entwickeln. Sobald irgendwo ähnliche physikalische Bedingungen herrschen wie auf der Erde vor vier Milliarden Jahren, entstehe zwangsläufig Leben, schreibt der belgische Nobelpreisträger Christian de Duve in seinem Buch "Aus Staub geboren". De Duve sieht das Universum als eine gewaltige Brutstätte des Lebens. Erfolgreiche Konzepte der Evolution, die sich im Entwicklungsprozess des Lebens immer wieder durchsetzen, wären eine göttliche Gesetzmäßigkeit. Und wo genügend Zeit und die rechten Bedingungen vorhanden sind, würde diese Entwicklung sogar zwangsläufig zur Entstehung von intelligenten Lebewesen führen. Wären Raum und Zeit tot und abstrakt, so wäre Leben unmöglich. Leben kann letztendlich nur aus Leben entstehen, und der Kosmos ist so angelegt, dass er das Sein und das Leben fördert.

      Andere Wissenschaftler vertreten die Meinung, Leben sei ein so extrem unwahrscheinlicher Tatbestand, dass er als seltener Ausnahmefall, nur hier auf unserer Erde entstanden sein dürfte. Es sei für diesen Kosmos in jeder Hinsicht ein absolut atypisches Phänomen. Doch seit längerem ist bekannt, dass die Grundstoffe der Chemie unter bestimmten Bedingungen die Eigenschaften besitzen, organische Verbindungen einzugehen. Viele solcher Vorstufen sind auch in den Weiten des Alls in Meteoriten gefunden worden. Es wird argumentiert, diese Moleküle des Lebens gäbe es überall, und somit kann Leben überall im Universum entstehen. 2008 entdeckten amerikanische Astronomen, dass sich in den Gas- und Staubscheiben um junge Sterne, aus denen Planeten entstehen, Vorstufen des Lebens befinden. Bei ihnen handelte es sich um Tholine, komplexe Moleküle aus Kohlenstoff, Stickstoff und Wasserstoff. Sie werden als Vorläufer noch komplexerer Moleküle gesehen, aus denen das Leben hervorging. Diese Moleküle wurden u.a. auf Kometen und dem Saturnmond Titan nachgewiesen. Astronomen gehen davon aus, dass auch auf der jungen Erde das Leben mit den Tholinen begann.

      An der kalifornischen Universität Berkeley wurden Kollisionsexperimente erfolgreich durchgeführt, die bewiesen, dass Leben aus dem All durch einen Kometeneinschlag auf die Erde gekommen sein könnte. Trotz der Heftigkeit des Einschlags überlebte ein großer Teil der Aminosäuren, die als erste Bausteine des Lebens gelten. Einige polymerisierten dabei sogar zu Peptiden. Wissenschaftlern der NASA gelang es auch, künstlich Vorstufen des Lebens zu erzeugen. Sie verbanden Partikel von chemischen Stoffen wie Methanol, Stickstoff, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Ammoniak, also Substanzen wie sie sich auf der Ur-Erde befunden haben, mit Wasser bei extrem niedrigen Temperaturen. Zu ihrem Erstaunen entwickelten sich Zellwände; eine erste Voraussetzung, damit sich Leben bilden kann. Bei anderen Versuchen wurden chemische Vorstufen des Chlorophylls und Polymere erzeugt – Zusammenschlüsse aus Eiweißen und Nukleinsäuren. In allen Fällen entstanden komplizierte Moleküle als Bausteine des Lebens.

      Bereits Anfang der fünfziger Jahre unternahm Stanley Miller Versuche mit Methan und Ammoniak, vermischte sie mit Wasser und setzte die Mischung unter Hochspannung. Nach wenigen Tagen und bei weiteren Versuchen bildeten sich unterschiedliche Aminosäuren. Aminosäuren sind bestimmte Anordnungen von Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Sauerstoff- und Stickstoffatomen, die sich


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