Süßer die Schellen nie klingen!. Michael Schlinck

Süßer die Schellen nie klingen! - Michael Schlinck


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nur ohne Panzerung, das würde den Mini zu schwer machen, was ich nicht wollte. Bei meinem sportlich angehauchten Fahrstil achtet man auf jedes Gramm. Zumindest beim Auto. Da mein Körper inzwischen auf stattliche einhundertzwanzig Kilo angewachsen ist, muss eben mein Wagen auf seine Linie achten. Aber ab morgen werde ich wieder Sport treiben. So oder so ähnlich sehen meine guten Vorsätze seit Monaten aus.

      Da Klaus nun aus dem Fußraum geklettert kommt, versuche ich, als guter Chef, etwas Konversation zu betreiben: „Na du?“, sag ich. „Wie geht die Arbeit von der Hand?“

      „Ach das wird doch von Tag zu Tag schlimmer“, schimpft er, was ich von ihm gar nicht gewohnt bin, „inzwischen muss ich alle relevanten Steuergeräte mit einer Bleihaut versehen, um sie vor Angriffen von Mikrowellen und Magneten zu schützen. Zudem bauen die Hersteller inzwischen so viel Müll in die Autos, dass für mein Zeug fast kein Platz mehr bleibt. Da werden die Karren so vollgestopft mit diesem Abgasentgiftungsscheiß, sind aber, wenn sie dann auf der Straße gemessen werden, trotzdem die größten Dreckschleudern. Da vergeht einem doch der ganze Spaß am Umbauen.“

      „Ganz ruhig, Klaus“, versuche ich etwas Dampf aus dieser Unterhaltung zu nehmen, „wenn dir das alles hier zu viel wird, dann sollen die Berliner ihre Autos woanders umbauen lassen.“

      „Ja, das habe ich doch schon versucht, aber die finden doch keinen. Na ja, der Torben hat da ein echtes Talent und gute Nerven, den werde ich wohl zu meinem Nachfolger ausbilden müssen.“

      „Aber du weißt schon, dass der Junge zuerst einen Schulabschluss machen muss?“, werfe ich da mal ein.

      „Ja und er ist da auch echt am Büffeln, das Opagetue vom Eberhard und die Arbeit hier in der Werkstatt tuen ihm echt gut.“

      „Und dass er mir immer wieder Streiche spielt, gehört das auch zu dem Kapitel »tut ihm echt gut«?“

      „Komm Dieter, jetzt sei doch nicht spießig, du weißt doch, was sich liebt, das neckt sich und dich liebt er eben am meisten.“

      Na, das ist eine Liebe, auf die ich verzichten könnte! Also gut, ich hab ja auch einiges mit dem Jungen erlebt. Wir haben einmal zusammen Wäscheklammern von Balkonen geworfen. So als Wettkampf, ein Duell sozusagen.

      Gut, das gehört nun nicht hierher. Also gehe ich doch lieber wieder nach oben. Timo, der auch mein offizieller Stellvertreter ist, nimmt mir es krumm, wenn ich mich, ohne mich abzumelden, zu lange im Haus herumtreibe. Im Treppenhaus treffe ich dann auch wieder auf unseren Handwerker, der am Boden kniet und mit einem Hämmerchen hier und da klopft.

      „Was sellen des schunn werrer gäwwe?“ (Ich würde mich freuen, den Zweck dieser Tätigkeit zu erfahren), frage ich erstaunt.

      „Ah wäschd, ich muss gugge wu genuch Madderial esch um die Dräächer vumm Ufzuch feschd zu mache“ (Ich ertaste die tragenden Strukturen, um später daran die statisch relevanten Teile des Außenlifts anzubringen), bekomme ich zur Antwort. Dann lass ich ihn mal machen.

      In meinem Büro ist alles beim Alten, was bedeutet, dass Laura und Timo weiterhin in ihre Bildschirme vertieft sind. Timo schaut kurz auf, um mir zu sagen, dass Hansi auf einen Rückruf wartet. Wenn ich den Hansi anrufen soll, dann mach ich das eben.

      „Schlempert, du Teufelskerl!“, legt er gleich los, bevor ich überhaupt zu Wort komme. „Wenn es um Mord geht, ist dein Riecher unübertroffen.“

      „Jetzt bitte mal in einem Tempo, bei dem auch ich mitkomme“, trete ich auf die Bremse.

      „Na, mit deiner Leiche, die bei Tahleischweiler-Fröschen. Ich habe den Claus von der Pathologie in Kaiserslautern noch einmal angerufen und die Gerinnungswerte von dem Toten überprüfen lassen, was prompt ein Volltreffer war. Der Mann war schon mindestens vierundzwanzig Stunden tot, bevor er von der Brücke gefallen wurde.“

      „Hab ich dir nicht gesagt, dass da was nicht stimmt?“, freue ich mich. „Ich wusste doch gleich, dass da mehr dahinter steckt.“

      „Na, da werden sich die Kollegen in Pirmasens aber freuen“, lacht Hansi, „jetzt haben die einen Mord an der Backe, den sie aufzuklären haben.“

      Ach ja, da hat Hansi vollkommen recht. Das ist ja gar nicht mein Fall, da müssen sich die Pirmasenser Kollegen darum kümmern. Okay, dann lege ich wieder auf und kümmere mich um Raubüberfälle, Außenaufzüge, einen frustrieten Kfz-Mechatroniker und um die Presse.

       Alles verkohlt

      Lange hält die Ruhe allerdings nicht an, denn schon klingelt wieder mein Telefon: „Ja, Polizeiobermeister Scholl, Schlempert was fällt Ihnen denn ein, in unserem Teich zu fischen? Wissen Sie denn, was das für mich hier bedeutet? Wenn ich alleine an die Spurensicherung denke, die liegen mir dann gleich wieder in den Ohren, weil wir sie nicht gleich gestern Abend alarmiert haben. Was soll ich denn denen sagen?“

      Am liebsten würde ich nun ein »Hab ich es nicht gleich gesagt« einwerfen, aber ich komm ja nicht zu Wort.

      „Dann sind da noch die dummen Sprüche von meinem Chef, von wegen »der Schlempert hat den richtigen Riecher« und »ja, der Schlempert hat seinen Laden im Griff«. Hätten Sie das denn nicht einfach bei einem Selbstmord belassen können? Nein, Sie mussten sich ja wichtigmachen und ich habe nun den Salat! Vielen Dank auch“, und schon hat er aufgelegt. So liefen auch früher die Telefonate mit dem Heuler ab, als er noch mein Chef war.

      Zum Verschnaufen bleibt mir keine Zeit, denn mein Telefon klingelt abermals.

      „Ah Scheffe“, klar, es ist Yasi am anderen Ende, „ich weiß ja auch nicht genau, aber ich meine, dass Sie am besten einmal hierherkommen, glaube ich zumindest.“

      „Wo soll ich denn hinkommen und was soll ich da?“, manchmal geht sie mir doch auf die Nerven, die Yasi.

      „Ich weiß ja auch nicht, kommen Sie doch bitte in die Sandgrube, die in Richtung Lambrecht liegt, es wird besser sein so.“

      Was soll ich jetzt schon wieder tun? Können die nicht einmal einen stinknormalen Fahrzeugbrand aufnehmen, ohne dass es gleich zur Chefsache wird?

      Fünf Minuten später sitze ich eben im Auto und fahre dorthin. Wieso hat meine junge Kollegin nur so geheimnisvoll getan? Steckt da auch mehr dahinter? Sitzt vielleicht sogar eine verkohlte Leiche in dem Wrack?

      Ich werde es gleich erfahren, denn schon bewege ich meinen Mini auf das Gelände der stillgelegten Sandgrube. Unten in der Grube kann ich gleich das schwarz verkohlte Auto erkennen, ein Ford Galaxy würde ich sagen. Außerdem stehen dort noch zwei Feuerwehrwagen, der Polizeibus von Yasi und Glaser und ein Abschleppwagen, dessen Fahrer allerdings keine Anstalten macht, das Wrack auf die Ladefläche zu ziehen. Um das Fahrzeug herum ist die dünne Schneeschicht geschmolzen. Das sieht von hier oben schon beeindruckend aus. Aber ich bin nicht hier, um ungewollte Sehenswürdigkeiten zu bestaunen, sondern um zu arbeiten. So befahre ich mit dem Mini den serpentinenartigen Weg nach unten. Auf dem Schnee und in den vereisten Pfützen bricht ab und an das Heck aus, was einen Heidenspaß macht. Allerdings bin ich nicht hier zum Spaß haben.

      Einmal ausgestiegen, gehe ich zuerst zum verkohlten Auto, um zu schauen, ob sich tatsächlich eine Leiche darin befindet. Aber das Einzige, das ich finde, ist ein mordsmäßiger Gestank nach verkohltem, verbranntem Plastik.

      „Frau Kalt“, werde ich förmlich, wie immer, wenn ich mich ärgere, „nennen Sie mir bitte doch nur einen Grund, warum ich hierherkommen sollte. Ich habe schon einmal ein verkohltes Auto gesehen! Etwas Sensationelles hat dieses hier nicht.“

      „Aber Scheffe“, sagt sie ganz kleinlaut, „sehen Sie denn nicht, was ich meine?“

      „Klären Sie mich auf!“, bleibe ich weiter bei meinem strengen Ton.

      „Na, das ist doch ein Van und an der Heckklappe kann man auch noch erkennen, dass er dunkelgrau war. Also zumindest bevor er abgebrannt ist.“

      Das war mein Stichwort: „Okay, alles abriegeln, die Spurensicherung muss hierher. Die Feuerwehr kann fahren, aber der Abschlepper bleibt


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