Anekdoten frommer Chaoten. Adrian Plass

Anekdoten frommer Chaoten - Adrian Plass


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mit einer ordentliche Spende zu belasten. »Gott hat etwas in Ihre Hand gelegt, wovon er möchte, dass Sie es mir schicken«, rief er. Mein Blick fiel auf die Schale mit breiigem Müsli, die ich in der Hand hielt. »Nein, Schatz«, sagte Kay hinter mir, gerade noch rechtzeitig …

      Adrian, bei so etwas möchte ich meinen Glauben am liebsten gleich ganz über Bord werfen. Doch auch nur ein wenig von dem Glauben zu verlieren, den ich früher einmal hatte, indem ich versuche, die Schlacke wegzuwerfen und das Gold festzuhalten, ist eine beängstigende Geschichte. In mancher Hinsicht war die alte, solide Landschaft eine tröstlichere Umgebung. Ich frage mich, wohin meine verschlungenen Wege mich wohl führen werden.

      Und dann all die Dinge, die einem das Leben auf dem

      »Planeten Christentum« sehr schwer machen können – du weißt schon, das Zusammensein mit anderen Gläubigen. Allein gestern musste ich drei Mal fest die Zähne zusammenbeißen, als ich mich mit einer Reihe von Christen unterhielt, die mir sagten, a) die globale Erwärmung sei ein Mythos, b) Gott werde über Amerika Gericht halten, weil er Obama nicht möge, und c) Gott sei heute gut zu ihnen gewesen. Die ersten beiden Ideen werde ich keines Kommentars würdigen – aber selbst die dritte finde ich verwirrend. Wenn Gott heute so gut ist, heißt das, morgen hat er vielleicht frei, und am Donnerstag müssen wir mit einer Zeit göttlicher Ungezogenheit rechnen?

      Und das Gebet ist mir zu einem kompletten Rätsel geworden. Ich meine nicht nur, dass es dabei verwirrende Aspekte gibt. Das ganze Thema ist in einer dichten Nebelbank verschwunden. Früher hatte ich Probleme mit Gebeten, die nicht beantwortet wurden – doch heute finde ich die beantworteten Gebete noch viel verwirrender. Wenn ich mir diese vor Hunger und Leid schreiende Welt anschaue, macht es mich sprachlos, dass wir hier im reichen Westen überhaupt irgendwelche Antworten auf Gebete bekommen.Von freien Parkplätzen will ich gar nicht reden. Und doch … bekommen wir sie. Gott interessiert sich für unsere banalen Anliegen, obwohl nur Gott weiß, warum. Die Haare auf unseren Köpfen sind gezählt. (Auf meiner Schulter sitzt vermutlich ein Engel mit einem Taschenrechner, weil meine von Minute zu Minute weniger werden. Du hast eine Frisur. Ich habe eine schrumpfende Halbinsel.)

      Deine Unterhaltung mit Ted war offensichtlich ein echtes Geschenk von Gott und vielleicht eine Antwort auf das Gebet irgendeines Menschen. Er hatte jemanden, mit dem er gemeinsam nachdenken, ja gemeinsam zweifeln konnte.Vor allem hatte er jemanden, der Interesse hatte, ihm zuzuhören. Ich bin sicher, Deine kleinen Grunzer waren äußerst profunde Grunzer, aber es hört sich so an, als hättest Du mehr zugehört als geredet.

      Tut mir leid, ich muss noch mal auf das »Bandolier« und die beiden alten Säufer zurückkommen, die da auf die Straße befördert wurden. Vielleicht brauchen wir Kirchen, in denen es so ein Snug gibt. Einen Ort, wo wir uns im Gespräch auf unsicheres Eis begeben können, ohne gleich irgendwelche felsenfesten Wahrheiten verkünden zu müssen. Wo wir aufeinander hören, anstatt nur aufeinander einzureden.Wo wir frei von der Leber weg reden können, ohne fürchten zu müssen, dass wir als Häretiker auf den Scheiterhaufen kommen. Wo wir nicht dadurch Sicherheit gewinnen, dass wir uns an Slogans klammern, die nicht funktionieren, sondern dadurch, dass wir spüren: Die Wahrheit hält es aus, wenn man darin herumstochert.

      Und wenn ich zuhören sage, meine ich wirklich zuhören, nicht nur mit dem Strom dessen schwimmen, was sich in unserer Welt so tut. Jemand, der weiser ist als ich, hat einmal gesagt: Wenn man sich die Gespräche zwischen manchen Nationen und manchen Ehepaaren anhört, hört man die Dialoge der Tauben.Was meinst Du?

      Danke, dass Du Ted zugehört hast. Und mir. Liebe Grüße, Jeff

      Lieber Jeff,

       es war eine Freude, Deinen Brief zu bekommen. Ich habe ihn verschlungen, wie ein hungriger Mann die erste wirklich sättigende Mahlzeit verschlingt, in die er seit Langem seine Zähne hat schlagen können. Bin ich froh, dass Du nicht von Deiner Albernheit geheilt worden bist! Wenn es je eine von Gott geschenkte Krankheit gab, dann diese. Ich leide an demselben Gebrechen, und es macht mir viel Freude, wenn ich auch manchmal vorsichtig sein muss. Erst kürzlich übernachteten Bridget und ich durch eine merkwürdige Unachtsamkeit in einem christlichen Gästehaus. Als wir am Morgen hinunterkamen, um uns an Eiern mit Speck zu laben, begrüßte uns ein großes Blatt Papier, das mit Reißzwecken an die Wand des Frühstücksraums geheftet war. Darauf standen die Worte:

      JESUS

      IST

      AU FERSTANDEN!

      Das hätte mir fast den Rest gegeben, Jeff.Wäre Bridget nicht da gewesen (nach Deiner Geschichte mit dem »breiigen Müsli« zu urteilen, hat Kay in Deinem Leben dieselbe Funktion wie Bridget in meinem) und hätte ich in diesem Augenblick einen Stift zur Hand gehabt, so hätte ich die Worte hinzugefügt:

      UND ER

      KOMMT GLEICH

       HERUNTER!

      Auch ich bin schon gelegentlich von Leuten angesprochen worden, die mich, so wie Dein »griesgrämiger Mann«, in dieser Hinsicht zurechtweisen wollten. Meistens kommen sie aus jenen Gemeinden, in denen die Spontaneität sehr sorgfältig organisiert wird. Vor über zwanzig Jahren zum Beispiel, kurz nachdem das Tagebuch eines frommen Chaoten erschienen war, manövrierte mich nach einer Veranstaltung, bei der, ich gestehe es, der Sünde unmäßigen Gelächters gefrönt worden war, ein großer, ernster, ausgesprochen dünner junger Mann prophetengleich in eine Ecke und begann ein Gespräch, das den folgenden Verlauf nahm.

      Er: (mit heiliger Strenge und so, als hätte er um des Evangeliums willen seine Fingerspitze in etwas Ekelhaftes gesteckt) Ich habe Ihr Buch gelesen.

      Ich: Ah ja. Nun – ja.

      Er: (mit einem leichten Anflug von Ratlosigkeit, aber ohne die geringste Aufhellung seiner Miene) Es ist sehr witzig.

      Ich: (gequält) Oh, gut. Das ist gut. Das ist …

      Er: (ernst) Nur glaube ich, Nichtchristen sollten es nicht zu lesen bekommen.

      Ich: Ach, wirklich? Warum nicht?

      Er: Weil sie dann denken könnten, in der Gemeinde ginge es wirklich so zu.

      Ich: Äh …

      Manchmal freilich läuft man Leuten in die Arme, wie Du sicher nur zu gut weißt, Jeff, die noch sehr viel drastischer und beunruhigender aus der Spur geraten sind. Einmal begrüßte mich im Foyer eines Konferenzzentrums ein bissiger kleiner Terrier von einem Mann und kläffte mir laut ins Gesicht:

      »Ich hasse Sie!«

      Eine Lektion, die ich aus meiner Arbeit mit gestörten Jugendlichen und in jüngerer Zeit aus der Seelsorge gelernt habe (da gibt es faszinierende Ähnlichkeiten), ist es, mich in solchen Situationen im metaphorischen Sinn eher zurückzulehnen als vorzubeugen. Muss wohl so eine Art Judo sein.

      »Ich glaube, wir kennen uns noch nicht«, sagte ich freundlich. »Warum hassen Sie mich?«

      »Weil ich es nicht leiden kann«, knurrte er, »wie Sie sich in Ihren Büchern über die Kirche lustig machen.«

      Ich fiel wie gewohnt in meine Rolle der demütigen Lernbereitschaft und nickte.

      »Verstehe. Mit welchen Büchern speziell haben Sie denn Probleme?«

      Völlig unerschrocken erwiderte er: »Ich habe keines davon gelesen. Und ich will sie auch nicht lesen, weil ich gehört habe, dass Sie sich darin über die Kirche lustig machen.« Ich blieb noch einen Augenblick auf den Ballen wippend stehen und ging dann still weiter. Dass sich daraus noch ein produktives Gespräch entwickeln würde, hielt ich für eher unwahrscheinlich. Unmittelbar nach meinem ersten Beitrag dieses Vormittags jedoch sprach mich der menschliche Rottweiler erneut im gleichen aggressiv schneidenden Tonfall an.

      »Jetzt liebe ich Sie!«

      Er machte einen Schritt auf mich zu, warf seine beängstigenden, unverhältnismäßig langen Arme um meinen Leib (ich hatte den Eindruck, dass sie sich zweimal um mich herumschlangen, aber das kann ja wohl nicht stimmen, oder?)

      und


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