Die gesammelten Schriften von Viola M. Frymann, DO. Viola M Frymann

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      Viola M. Frymann, DO, FAAO

      Genehmigter Nachdruck aus JAOA (65)

      1059 - 1075, 1966

      In dieser Studie wird die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen der Symptomatik bei Neugeborenen und den anatomisch-physiologischen Störungen des Kraniosakralen Mechanismus erforscht. Die Hypothese des Primären Respiratorischen Mechanismus postuliert eine rhythmische kraniale Bewegung, die von außen palpiert werden kann, und die aus dem kombinierten Effekt der inhärenten Motilität des Zentralen Nervensystems, der Fluktuation der Zerebrospinalen Flüssigkeit, des reziproken Spannungsmechanismus der Dura mater und ihrer Auffaltungen und der Gelenkbeweglichkeit der Schädelknochen und des Sakrum zwischen den Ossa ilia hervorgeht. Die Wehen haben unter Umständen einen offensichtlich traumatischen Effekt auf den Kraniosakralen Mechanismus. Strain-Muster innerhalb der sich entwickelnden Teile des Os occipitale scheinen signifikant an der Auslösung von Symptomen des Nervensystems beteiligt zu sein. Bei nervösen Säuglingen wurden ein Flexions-Strain an der Symphysis sphenobasilaris, ein sakraler Extensions-Strain und eine Kompression an der Symphysis sphenobasilaris festgestellt. Es besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Torsions-Strain der Symphysis sphenobasilaris mit Restriktion der Mobilität des Os temporale und den die Atmung und den Kreislauf betreffenden Symptomen.

      Der Schädel ist zum Zeitpunkt der Geburt so beschaffen, dass er sich den bei der Geburt entstehenden Kräften bestmöglich anpassen und somit Traumata für das empfindliche Nervensystem minimieren kann. Zusätzlich besitzt er die größtmögliche Kapazität für eine Rückformung nach Vollendung der Geburt.

      Zum Zeitpunkt der Geburt ist die Ossifikation der Schädelknochen noch nicht abgeschlossen: Os occipitale, Os temporale, Os sphenoidale, Os frontale und die Mandibula bestehen aus mehreren Teilen. Jeder Bestandteil dieser Knochen kann funktionell als ein separater Knochen betrachtet werden und ist im Stande sich im Verhältnis zum Nachbarknochen sowohl physiologisch in Reaktion auf die Kräfte, die aus dem Schädel selbst kommen und sich pathologisch auf ein von außen wirkendes Trauma zu bewegen. Ein gründliches Wissen über die betreffende Anatomie ist essenziell für das Verständnis der Symptomatik, die aus einem bestimmten Strain-Muster hervorgehen kann. Zudem wird es den Osteopathen zur primären Ursache hinter einem sich manifestierenden Symptom weisen.

       Aus Zeitgründen kann hier nicht zu detailliert auf diese wichtigen Bereiche eingegangen und somit können nur herausragende Beispiele betrachtet werden.

      Das Os occipitale besteht zum Zeitpunkt der Geburt aus vier Teilen: die Pars basilaris, den beiden Partes condylaris laterales und der Squama, die aus einem Zusammenschluss des membranösen interparietalen Okziput und dem kartilaginären Supraokziput hervorgeht und ab dem dritten Schwangerschaftsmonat gebildet wird. Diese vier Teile formen die anterioren, lateralen und posterioren Ränder des Foramen magnum. Eine Verschiebung ihrer gegenseitigen Verbindungen zueinander kann das Foramen magnum verzerren, was häufig auch der Fall ist (Abbildungen 1 - 6). Der Nervus hypoglossus durchtritt den Knorpel zwischen Pars basilaris, Massae laterales und Partes condylares (Abbildungen 2, 3, 5). Der Nervus hypoglossus repräsentiert den motorischen Nerv der Zunge und seine physiologische Funktion ist von herausragender Bedeutung für den Saug- und Schluckmechanismus. Das Foramen jugulare befindet sich unmittelbar antero-lateral zur Artikulation zwischen Pars basilaris und der Pars condylaris. Die Vena jugularis verlässt hier den Schädel auf beiden Seiten und sorgt für den Abfluss von 95 % des Blutes aus dem Kopf. Anterior zur Vena jugularis im Foramen jugulare liegt der Nervus vagus und der Nervus accessorius, die vom Nervus glossopharyngeus anterior wiederum nur durch ein Septum der Dura mater getrennt sind. Der Nervus glossopharyngeus sorgt für das Schlucken; der Nervus vagus hat weite Wirkungsbereiche, ist aber beim Neugeborenen besonders wichtig im Zusammenhang mit der neuromuskulären Physiologie des Verdauungssystems, des Kreislaufs und der Atmung. Mit anderen Worten, bei Unregelmäßigkeiten der Atmung, kardialen Störungen und Erbrechen oder hyperaktiver Peristaltik liegt eine Störung des Nervus vagus nahe.

      Die Okziputbasis artikuliert anterior mit der Sphenoidbasis, von der sie durch einen Meniskus getrennt ist. Das Os sphenoidale entwickelt sich aus zwei Teilen, dem so genannten Prä- und dem Post-Sphenoid. Das Prä-Sphenoid ist anterior zum Tuberculum sellae turcicae platziert. Die Ala minor geht in sie über. Das Post-Sphenoid umfasst die Sella turcica sowie das Dorsum sellae und ist mit der Ala major und dem Processus pterygoideus verbunden. Das Prä- und das Post-Sphenoid vereinigen sich während des siebten oder achten Monats des fötalen Lebens. Zum Zeitpunkt der Geburt besteht das Os sphenoidale aus drei Teilen, nämlich dem Körper und den beidseitig vorhandenen Alae minores bzw. den Einheiten von Alae majores und Processi pterygoidei. Die extraokulären Muskeln haben ihren Ursprung im Ligamentum annulare, das die Fissura orbitalis superior, den Raum zwischen der Ala minor und der Ala major, überspannt. Dieselbe Fissur stellt einen Eingang für alle die okuläre und orbitale Funktion betreffenden Nerven dar. Eine Ausnahme bildet lediglich der Nervus opticus; er stellt zugleich den Ausgang für den venösen Abfluss des Auges und der Augenhöhle dar. Das Ganglion sphenopalatinum beeinflusst die Orbita und die oberen Atemwege tiefgreifend und liegt im Winkel zwischen dem Körper und dem Processus pterygoideus, welcher seinerseits mit dem Os palatinum artikuliert.

      Der intraossäre epiphysiale Knorpel zwischen der Einheit der Ala major und dem Processus pterygoideus und dem Körper des Os sphenoidale liegt tief im Sinus cavernosus mit der ihn begleitenden Arteria carotis interna und der dritten, vierten, ophthalmischen Division des fünften und sechsten kranialen Nervs. Daher sollten okuläre, orbitale sowie nasale Symptome und Symptome in den oberen Atemwegen die Aufmerksamkeit auf jene Bereiche lenken, die mit den drei Teilen des Os sphenoidale in Verbindung stehen.

      Das Os temporale besteht zum Zeitpunkt der Geburt aus zwei sich entwickelnden Anteilen: der Squama, die sich kurz vor der Geburt mit dem tympanischen Ring vereinigt, und der Pars petromastoidea (Abbildungen 1 und 6). Die Bedeutung der Integrität des Foramen jugulare, bei welchem die Pars petrosa ossis temporalis die antero-laterale Grenze formt, wurde bereits betont. Die Funktion des Hörens, des Gleichgewichts, der Bewegungen der Gesichtsmuskulatur und der dentalen Okklusion sind abhängig von der anatomisch-physiologischen Effizienz des Os temporale.

      Beim neugeborenen Kind sind die Gelenkmechanismen des erwachsenen Schädels noch nicht ausgereift; es gibt noch keine Suturen, keine Verzahnungen, keine Gomphosen, überlappende und nicht überlappende Artikulationen usw. Die knöchernen Elemente der Schädelbasis entwickeln sich in ihrer kartilaginären Matrix, während jene des Schädeldachs in einer Membran aus dural-periostalem Gewebe eingehüllt sind, in dem sie sich entwickeln. So wird für die maximale Beweglichkeit der Basis gesorgt, um sich innerhalb der Begrenzungen der membranösen Einschränkungen den Mechanismen der Geburt und einem Zusammenziehen des Schädeldachs anzupassen. Die Bestandteile des Os frontale und des Os occipitale können eventuell über oder unter die Ossa parietalia und die Alae majores des Os sphenoidale gleiten, welche sich ihrerseits noch tiefer unter die Squama des Os temporale und die Alae majores des Os sphenoidale schieben können, um den Kopf so weit zu verkleinern, damit er durch den Geburtskanal treten kann (Abbildungen 1, 4). Sobald


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