Wenn die Stille deine Wunden heilt. Thomas Krasicki
mich auf einen Nachtclub, der nicht weit von der Tankstelle entfernt lag. Ich legte mein Geld auf den Tresen, bedankte mich kurz und begab mich sofort auf den Weg. Ich fand das Lokal ohne Mühe.
Es war ein Restaurant mit einer Diskothek im ersten Stock. Diese war allerdings noch geschlossen. Es war ja schließlich erst 20:00 Uhr. Somit entschied ich mich zunächst vom Essen des Hauses zu kosten. Da der Club erst um 21:00 Uhr öffnete, hatte ich genügend Zeit in Ruhe mein Essen zu genießen. Zu meinem Glück ging die Zeit recht schnell vorbei. Um etwa 21:30 Uhr begab ich mich in den ersten Stock.
Bevor ich jedoch in die Diskothek eintreten konnte, wurde ich vor dem Eingang von den Türstehern darauf aufmerksam gemacht, dass ich meine Kappe herunternehmen musste.
Da ich Gel und anderes Haarmittel dabei hatte, war es für mich kein allzu großes Problem. Ich begab mich schnell zum Auto, nahm alles Nötige mit, was ich brauchte und machte mir die Haare auf der Toilette des Restaurants zurecht. Danach begab ich mich frischgestylt wieder zum Eingang.
Diesmal ließen mich die Türsteher ohne zu meckern hinein. Ich ging die Treppen hinauf und schaute mich zunächst einmal um. Es war noch nicht wirklich voll. Da ich keine Menschenseele kannte, begab ich mich zunächst an die Theke und bestellte mir etwas zum Trinken. Ich versuchte, mir etwas Blickkontakt zu verschaffen. Nach einer Stunde sitzen und drei Flaschen Cola begann sich die Tanzfläche allmählich zu füllen.
Auch ich wagte mich auf das Tanzparkett und sprach dabei sogar einige Leute an. Ich erzählte ihnen, ohne schüchtern zu wirken, dass ich in München wohnte und dass ich zu Besuch bei meinen Verwandten war. Keiner war unfreundlich oder schlecht zu mir, nur weil ich kein Einheimischer war. Nein, sie machten sogar Späße darüber, dass einer von drüben, von der anderen Seite der Grenze zu ihnen aufs Land fuhr um Party zu machen.
Der Abend war wirklich amüsant. Das lag durchaus auch an den hübschen Mädels, die darüber hinaus auch noch sehr intelligent und freundlich wirkten. Leider hatte sich für mich nicht die Möglichkeit ergeben, mit jemandem Telefonnummern auszutauschen. Einem Mädchen jedoch habe ich meine Emailadresse gegeben. Später habe ich allerdings bemerkt, dass ich ihr eine falsche Adresse aufgeschrieben hatte. Dumm gelaufen! Trotzdem hatte ich etwas gewonnen. Vielleicht war es keine Telefonnummer oder Emailadresse, aber dafür ein schöner Abend mit einigen freundlichen Menschen.
Die ersten zwei Wochen sind für mich wie im Flug vergangen. Dabei wurde kein Tag vergeudet. Ob es nun Ausflüge, Restaurantbesuche oder das nächtliche Weggehen war, mein Aufenthalt blieb stets kurzweilig.
Mitte der dritten Woche beschloss ich, ein kleines Fotoshooting zu machen.
Ich wollte einige Schwarz-Weiß-Fotos haben, die mich an die schöne Zeit in Danzig erinnern sollten. Schwarz-Weiß wählte ich deshalb, da diese Farben meiner Meinung nach eine besondere optische Wirkung haben. Da ich mich zu dem Zeitpunkt wieder bei meiner Tante und meinem Onkel auf dem Land befand, musste ich in die nächste größere Ortschaft fahren. Ihr ein kleines Dorf hatte nämlich nicht mehr als ein Lebensmittelgeschäft und einen Kiosk zu bieten. Mühelos fand ich einen Ort in dem ich meine Fotos machen konnte.
Auf den ersten Blick glich dieses Fotostudio jedoch einem Büro. Während ich meine Wünsche äußerte, legte sich meine Skepsis schnell. Der Verkäufer erzählte, dass sich das richtige Fotostudio in einem naheliegenden Gebäude befand. Nachdem alle Fragen beantwortet waren und auch ein Preis ausgemacht wurde, begab ich mich mit dem Fotografen in das Fotostudio.
Dieses war tatsächlich nur zwei Gehminuten von dem Fotogeschäft entfernt. Der Fotograf machte zunächst einige Lichtaufnahmen und begann danach mit Probeschüssen. Für mich war es ein völlig neues Gefühl vor der Kamera. Doch nach anfänglicher Zurückhaltung fand ich Gefallen daran. Der Fotograf war sehr hilfsbereit und gab mir zudem noch einige nützliche Tipps. Nach etwa 45 Minuten waren die Aufnahmen im Kasten. Ich hatte nun professionelle Fotos von mir, konnte sie allerdings noch nicht in Händen halten.
Die nächste Stunde verbrachte ich damit, mir die besten Bilder auszusuchen, um sie danach zum Druck freizugeben. Nach zwei weiteren Stunden hatte ich meine Bilder in der Hand.
Sie waren einfach genial. Man hätte denken können, dass ich auf diesen Fotos Werbung für irgendeinen Markenhersteller machen würde. Ich war sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
Ich wählte elf Aufnahmen in drei verschiedenen Formaten. Eine von den großen DIN A 4 Aufnahmen schenkte ich meiner Tante und meinem Onkel. Preislich gesehen war das Shooting fast geschenkt. In Deutschland hätte ich bestimmt den doppelten oder dreifachen Preis hingeblättert. Doch in Polen zahlte ich für den Fotografen und den Druck der Fotos einen Schnäppchenpreis. Dieser belief sich auf knapp 200 Zloty, umgerechnet 50 Euro.
Was meine Freude allerdings etwas trübte, war ein Strafzettel, den ich nach dem Fotoshooting an der Fensterscheibe meines Autos bemerkte. Die Strafe betrug etwas mehr als 50 Euro.
Angeblich war ich im Halteverbot gestanden. Meiner Meinung nach war das allerdings sehr fragwürdig, da ich weit und breit kein Schild sah und auch weitere Fahrzeuge dort standen. Der einzige Grund, der aus meiner Sicht vielleicht auf den Strafzettel zurückführen konnte, war, dass ich neben einer Geschäftseinfahrt parkte. Dennoch hatte ich genügend Platz frei gelassen, um das Ein- und Ausfahren nicht zu behindern.
Letztendlich nahm ich es hin und bezahlte die Strafe. Mich störte dabei nur, dass es in den letzten Tagen meines Aufenthalts passieren musste. Durch so eine dumme Geschichte wurde mir die schöne Zeit an der Ostsee ein wenig vermiest, zumal mir das in der Vergangenheit schon zweimal im Urlaub passiert war.
Das erste Mal bekam ich einen Strafzettel, als ich bei meinem besten Kumpel zu Besuch war. Dort hatte mein Parkschein die Zeit um fünf Minuten überschritten. Natürlich war sofort eine Politesse zur Stelle. Was für ein Zufall, von Pech will ich gar nicht reden!
Das andere Mal war ich zu Besuch bei meinen Großeltern. Als ich nach Hause fuhr, wurde ich von der Polizei geblitzt und zur Sofortkasse gebeten. Leider hatte ich damals mein letztes ausländisches Geld an der Tankstelle ausgeben und Euro wollten die Polizisten nicht annehmen. Obwohl ich durchaus bereit war mehr zu zahlen. Es half alles Reden nichts. Ich musste schauen, dass ich morgens um halb acht eine Wechselstube fand. In einem Einkaufszentrum wurde ich schließlich fündig.
Abgesehen von diesem Malheur hatte ich eine wundervolle Zeit bei meinen Verwandten. Zum Abschied bekam ich von meiner Tante noch ein tolles Geschenk. Als ob die vielen Essenseinladungen während des Aufenthalts und die Schildkrötenkette nicht genug gewesen wären. So drückte sie mir noch kurz vor der Abfahrt ein ziemlich teures Parfüm in die Hand. Sie hoffte, dass ich mich über dieses Geschenk freuen würde und diesmal nicht eine so lange Zeit bis zu unserem nächsten Wiedersehen verstreichen würde.
Ich war natürlich überwältigt von diesem Geschenk, wusste gar nicht wie mir geschah und umarmte sie zum Dank. Ich musste während des ganzen Aufenthalts kaum Geld ausgeben. Mir wurde fast alles bezahlt! Das ist eine Gastfreundschaft, die seinesgleichen sucht.
Aber nicht nur die Geschenke zeigten mir, was wir ihnen bedeuteten. Es waren vor allem die vielen Gesten, die ich nicht beschreiben, sondern nur fühlen konnte.
All die schlechten Erinnerungen von zu Hause habe ich hier ausblenden können. Ich wollte mich auch nicht wieder in die traurigen Momente vergangener Tage hineinsteigern. Am letzten Abend, als ich einschlief und träumte, sah ich diese schönen Bilder vor mir.
Es war, als ob sie mir etwas sagen wollten. Und ich verstand sie auch zu deuten. Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich glücklich.
Doch ich war nur für eine kurze Zeit in der Fremde. Schon bald sollte ich wieder zu Hause sein. Mir war klar, dass ich meine Freude im Herzen zu Hause nur wiederfinden würde, wenn ich verzeihen und nicht mehr den Hass und die Trauer in mir tragen würde. Ich musste versuchen, Dingen wie meiner Ex-Freundin oder dem Fußballspielen nicht mehr nachzuweinen.
Es war an der Zeit, in die Zukunft zu schauen und in der Gegenwart zurechtzukommen. Ich habe lange dazu gebraucht, um das zu verstehen. Doch besser spät als nie! Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass ich die Reise zu meinen Verwandten nach Danzig gemacht habe. Diese Menschen