Kampf mit den Tloxi. Matthias Falke

Kampf mit den Tloxi - Matthias Falke


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würden sich über ein wenig Unterstützung freuen.«

      »Mal sehen, was wir für sie tun können.«

      »Das wäre wirklich zu freundlich.«

      »Wo?«

      »Die Laya halten sich in den Etagen 188 bis 190 verschanzt. Wenn Sie von Norden her anfliegen, haben Sie freie Schussbahn.«

      »Na, dann machen wir das doch.«

      Jennifer hatte sich unterdessen die Pläne des Gebäudes auf ihr Display geholt. Jetzt warf sie sie auf die große Panoramafront. Das entband uns von der leidigen Aufgabe, einhundertneunzig Stockwerke von Hand mitzuzählen. Wir vergrößerten die Distanz noch ein wenig, schwenkten um den Turm herum auf die Nordseite und stiegen bis zu den genannten Etagen auf.

      »Sagen Sie Ihren Leuten, dass sie in Deckung gehen«, rief ich in den Gefechtskanal.

      »Schon geschehen.«

      »Brücke an Geschützturm II«, sagte ich dann auf der Lokalen. »Fertig machen für begrenzte Maßnahmen! Feuerbefehl abwarten!«

      »Aye, Geschütz ist feuerbereit.«

      Aus hundert Metern Entfernung sahen wir in die großen Glasfronten hinein. Die Stockwerkszählung wurde daraufprojiziert. 188 war dunkel und tot. Aber in 189 schien Bewegung zu sein. Der Pilot schaltete unaufgefordert zwischen verschiedenen Auflösungen und Spektren hin und her. Im Infrarotbild erkannten wir etliche Gestalten, die sich dicht zusammenkauerten. Die Scans ergaben, dass es keine Unionssoldaten waren.

      »Feuer!«

      Das schwere Zwillingsgeschütz nahm seine Arbeit auf. Eine Kaskade aus zerschmetterten Glaselementen regnete in die Tiefe. Explosionen lohten aus dem kassettenförmigen Inneren der Etage. Rauch stieg auf. Aus Strahlenwaffen wurde zurückgeschossen. Auch ein Feldwerfer wurde abgebrannt. Die Enthymesis schwankte ganz leicht, als sie den Impakt absorbierte. Insgesamt nichts, was ihrer Abschirmung gefährlich werden konnte.

      »Feuer einstellen!«, sagte ich auf der Lokalen. »Eine Runde höher«, zu den beiden Piloten.

      Wir stiegen ein paar Meter weiter auf. Einige ganz Verwegene hatten dort selbst die Fenster eingeschlagen und das Feuer auf uns eröffnet. Wir sahen einen schweren Feldwerfer, der auf einer Lafette montiert war. Sie mussten ihn in Einzelteilen dort hinaufgebracht haben, denn am Stück war er für die Elevatoren viel zu groß.

      »Achtung«, sagte ich. »Das ist ein anderes Kaliber.«

      Aber die beiden Männer im Geschützturm hatten schon geschaltet und das Ding mit einer Salve unschädlich gemacht.

      »So weit, so gut«, hörte ich Colonel Tariqs Stimme. »Aber sie haben Sprengladungen in alle tragenden Pfeiler gebohrt.«

      »Das müssen Ihre Leute vor Ort erledigen«, sagte ich.

      »Wir sind an der Sache dran. Es ist nur …«

      Der Kanal brach zusammen. Direkt vor unseren Augen entspann sich ein heftiger Schusswechsel. Es war zu unübersichtlich, als dass wir uns hätten einschalten können. Explosionen blitzten. Mehrere Personen lieferten sich ein Handgemenge. Sie waren so ineinander verkeilt, dass sie aus den klaffenden Fensterhöhlen stürzten. Sie fielen in die Tiefe. Eine weitere schwere Detonation zerriss das Knäuel menschlicher Leiber. Offenbar hatten sich einige Männer geopfert und waren einem Selbstmordattentäter in den Arm gefallen, der in einer letzten Verzweiflungstat den Turm zum Einsturz bringen wollte.

      Wir kreisten noch eine Weile um den stählernen Monolithen. Hier und da hielten sich kleine Widerstandnester, die wir durch gezielten Beschuss von außen auslöschen oder so weit in die Defensive drängen konnten, dass die Bodentruppen sie in eigener Regie überwältigten. Schließlich war der gesamte Turm unter Kontrolle. Das nahm uns nicht nur die Furcht, er könne über unseren Köpfen zusammenbrechen, sondern setzte auch mehrere hundert Mann an Spezialkräften frei, die durch die Kämpfe gebunden gewesen waren. Sie begaben sich, so schnell es ging, nach unten und bereiteten sich darauf vor, die Nationalbank zum Platz und den umliegenden Straßen hin zu verteidigen.

      »Was hast du?«, fragte ich Jennifer, die sich wieder in ihre holografischen Darstellungen vertiefte.

      »Erinnerst du dich an unseren letzten Aufenthalt hier?«

      »Wie könnte ich ihn je vergessen?«

      »Die Anlage, die wir gefunden haben.«

      »Was ist damit? Glaubst du, dass sie als submariner Hangar für ihre Jets taugt?«

      »Die Basen müssen in der Nähe der Stadt sein«, sagte sie. »Wenn die Maschinen von weiter draußen anflögen, beraubten sie sich des einzigen Vorteils, den sie haben.«

      »Je länger der Anflug, umso größer das Risiko, dass unsere Instrumente sie rechtzeitig orten.«

      »Eben. Deshalb ist es unnötig, den ganzen Planeten zu durchleuchten.«

      »Haben wir denn die Koordinaten? Es war ja ein riesiges Labor, wir haben es nur zum kleinsten Teil erkundet.«

      »Ich habe gerade eine Suchanfrage an die Marquis de Laplace geschickt. In den Speichern muss noch etwas davon liegen.«

      »Es ist sehr lange her und seitdem ist einiges geschehen.«

      »Quantenrechner vergessen nichts.«

      »Das System ist mehrere Male neu aufgespielt worden seither.«

      »Da kommt es schon.«

      Sie warf die Daten wieder auf den großen Schirm. Die Piloten hatten ihre Sessel herumgeschwenkt und unserem Wortwechsel irritiert zugehört.

      »Was ist das?«, fragte der Erste.

      »Das ist die Lagekarte einer großen unterseeischen Anlage«, erklärte ich. »Wenige Minuten nördlich der Stadt. Wir vermuten, dass sie noch auf die Sineser zurückgeht. Vermutlich ist es nicht die einzige submarine Basis, deren sich die Laya in dieser Schlacht bedienen, aber zweifellos die größte und bedeutendste.«

      »Kurs liegt an.«

      »Sie begreifen sehr schnell.«

      Wir flogen nach Norden. Die Enthymesis beschleunigte und ließ das Stadtgebiet in wenigen Augenblicken hinter sich. Es wurde hell. Die Rauchsäulen von Bränden standen in der Luft. Irgendwo hatte eine Explosion ein ganzes Viertel in ein weißes Kissen aus Staub verwandelt. Die Instrumente schlugen aus, als sie Schusswechsel registrierten. Wir gerieten in die Zielerfassung schwerer Waffen, waren aber über den Bereich hinweg, bevor sie uns hätten gefährlich werden können. Es tat mir leid, die Enthymesis nicht als fliegende Artillerie einsetzen zu können. Unsere Bodentruppen hätten ein wenig Luftunterstützung gut gebrauchen können. Aber die beiden Heere waren so dicht ineinander verkeilt, dass es unmöglich war, von oben zu intervenieren. Wir hätten mehr Schaden angerichtet, als dass wir Entlastung gebracht hätten. Mit Drohnen und KI-gestützten Lenkwaffen wäre es etwas anderes gewesen. Aber nichts dergleichen hatten wir an Bord. Es sollte ja nur ein kurzer Taxiflug werden, um den Oberkommandierenden abzusetzen, auf dass er den Planeten in Besitz nehme …

      Über dem Hafen zogen wir Feuer auf uns. Die Anlagen waren in einem traurigen Zustand. Die Kämpfe und die Flutwelle hatten die Kräne zerknickt wie Spielzeug, die Gleise herausgerissen, Tausende Container ins Meer gespült. Jetzt wurde der Bereich wieder von den Laya kontrolliert, die auf der nördlichsten Landspitze eine schwere Batterie installiert hatten. Sie gab ein paar Schüsse auf uns ab. Die erste Salve ging vorbei. Offenbar entbehrte man doch die Feuerleitzentrale auf Sentinel Island, die Rogers ausgeschaltet hatte. Dann schoss der Richtkanonier sich auf uns ein.

      Ich ließ den Ersten Piloten Schub wegnehmen, um mir die Sache genauer anzusehen. Ein paar Einschläge detonierten an unserer Steuerbordflanke und wurden von der Abschirmung gestreut.

      »Feuer erwidern!«, sagte ich auf der Leitung zum Geschützturm.

      Die Flugabwehrstellung und unsere beiden Jungs am Zwillingsgeschütz lieferten sich einen Schlagabtausch. Am Ende flog die Batterie am Hafen in die Luft, als ihr Feldgenerator explodierte.


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