Kampf mit den Tloxi. Matthias Falke

Kampf mit den Tloxi - Matthias Falke


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die Völker dareingefunden.

      Auf die Phase der asymmetrischen Bedrohung durch Aufstände im Inneren und an den Rändern folgte endlich die dritte, die des Zerfalls, in der das Imperium dem erstarkenden Ansturm von Germanen, Parthern und Hunnen nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Seine Größe hatte es sicher, und seine Sicherheit hatte es leichtsinnig werden lassen. Geschichtslose Völkerschaften, Reiterhorden, Steppenstämme, die unfähig waren, eine Wasserleitung in Rom instand zu halten, fegten das Reich in den Rinnstein der Geschichte.

      2. Kapitel: Die Schlacht um den Turm

      Wir blieben auf dreitausend Metern, bis wir uns über dem Stadtzentrum befanden, und gingen dann herunter. Inzwischen waren einzelne Gebäude und Straßenzüge wieder erleuchtet. Der Turm der Nationalbank stach als riesiger Zeigefinger in die Nacht. Das gab dem Landeanflug noch einmal eine gewisse Pointe. Dann sanken wir senkrecht nach unten und setzten schließlich auf der Independence Plaza auf. Die Turbinen liefen aus, als der Erste Pilot die Aggregate drosselte.

      »Alle System bleiben online«, sagte ich. »Wir sind in Kriegsgebiet. Bei Alarm will ich in dreißig Sekunden in der Luft und in drei Minuten im Orbit sein.«

      Die Crew nickte einhellig. Ich teilte die drei Mann für den Schichtbetrieb ein. Außerdem ließ ich mir von den beiden Hundertschaften, die wir mit heruntergebracht hatten, vier Mann abstellen, um die Geschütztürme zu besetzen. Das Schiff war gefechtsbereit und online mit dem verschlüsselten Kanal der Bodentruppen. Auch zum Mutterschiff und dem Rest der Flotte im Raum hielten wir eine Breitbandverbindung.

      »Die Stadt ist in unserer Hand«, spottete General Rogers. »Und der Planet ist es in vierundzwanzig Stunden oder wie lange immer hier ein Tag-und-Nacht-Zyklus dauern mag!«

      »Sicher ist sicher«, sagte ich. »Das habe ich bei meinem Chefausbilder gelernt.«

      »Das muss ja ein ganz schöner Paranoiker gewesen sein!«

      »Ich weiß nicht, ist schon lange her.« Ich zwinkerte ihm zu. »Er hieß Rogers!«

      »Kenn ich nicht.« Der Alte stapfte zur Schleuse.

      Auf den Schirmen verfolgten wir, wie er nach unten fuhr und ausstieg. Seine Adjutanten folgten ihm. Das Korps ging über die Heckrampe raus, nahm in ordentlicher Formation Aufstellung und wurde dann an den Kommandanten der Bodentruppen überstellt. In Kampfgruppen zu fünf oder sieben Mann unterteilt, verschwanden die Soldaten in der Nacht. Sie sickerten in die Wohngebiete ein, die Block für Block, Haus für Haus, Wohnung für Wohnung durchkämmt werden mussten. Die Leute waren nicht zu beneiden. Wir hatten das Leuchten der Erleichterung in den Augen ihrer Kameraden gesehen, die wir auf die Geschütztürme der Enthymesis geschickt hatten. Vor ihnen lag, soweit man es sagen konnte, eine ruhige Wache, während die anderen Jungs in die Hölle des Häuserkampfs geschickt wurden. Der Widerstand der Laya war nach militärischen Gesichtspunkten nicht mehr allzu stark, aber äußerst zäh und verbissen. Sie nutzten jeden taktischen Vorteil geschickt aus und verwandelten jede Ladenzeile und jeden Hof in einen potenziellen Hinterhalt.

      Dann betraten auch wir die Elevatorkanzel.

      Die Nacht war schwülheiß. Als wir die Enthymesis verließen, fiel uns das Klima an wie ein besonders hinterlistiger und bösartiger Feind. Aus den offen stehenden Luken des Schiffes wallte weißer Dampf und selbst die integrierten Aggregate unserer Anzüge spien Schwaden ab, die wie unstoffliches Lametta um unsere Schulter und Rückenteile waberten. Zweischichtige selbstklimatisierende Anzüge der dritten Generation, aber man bekam Lust, sie sich vom Leib zu reißen und ins Meer zu springen. Von dem Platz aus, auf dem wir niedergegangen waren, führte eine breite Allee direkt nach Norden, eine einzige kilometerlange Rampe, die sich verführerisch dem nächtlichen Ozean dieser Welt zuneigte.

      Ich tauschte einen Blick mit Jennifer. Einst waren wir hier mit einem schnellen zweisitzigen Scooter entlanggebrettert, waren über das Wasser gejagt, das sich in abendlicher Dünung hob und senkte, und hatten unsere eigene kleine Insel angesteuert, wo wir einen ungestörten Honeymoon verbringen wollten. Der Rest war Geschichte und doch war es seltsam, jetzt wieder hier zu stehen, exakt an der Stelle, von der alles seinen Ausgang genommen hatte, Jahre später, die durch unsere Wiederkehr verschwanden. Alles schien viel länger her, als es dem Kalender nach war, und zugleich näher, wie wenn man ein Blatt zusammenfaltete und die entgegengesetzten Enden flach aufeinanderlegte. Der Sprunggenerator erzeugte einen solchen Effekt im Raum: Er klappte Regionen, die Lichtjahre voneinander entfernt waren, zusammen und brachte sie so dicht heran, dass sich keine physische Entfernung mehr zwischen ihnen befand. Das Gleiche taten wir nun in der Zeit: Wir verschmolzen das Sin Pur unserer Erinnerung mit dem von heute.

      Der Platz hatte geradezu riesige Ausmaße. Selbst ein Koloss wie die Enthymesis fiel auf diesem nicht weiter auf. Die Landungstruppen der ersten Welle hatten einen doppelten Ring um den Platz gelegt, der als Erstes gesichert worden war. Von dort aus kämpften sie sich sternförmig in die Stadtteile und Außenbezirke Pura Citys vor. Man hörte gelegentlich noch die peitschenden Schüsse und grollenden Explosionen, die sich die endlosen Straßenschluchten entlangarbeiteten. Die Laya leisteten erbitterten Widerstand. Nicht, dass sie gegen das Erste Eingreifkorps der Union den Hauch einer Chance gehabt hätten, aber sie schienen entschlossen, ihre Haut so teuer wie möglich zu verkaufen und es den Besatzern, die wir in ihren Augen waren, so schwer wie möglich zu machen. Das brachte ihnen hohe Verluste und es zog die Sache für uns in die Länge.

      An der Schmalseite des Platzes ragte das höchste Gebäude des Planeten in den schwitzenden Himmel, eines der imponierendsten der ganzen Galaxis: der mehrere hundert Stockwerke hohe Turm der Nationalbank von Sin Pur. Ein Monolith aus Obsidian. Dunkle Ringe bänderten ihn, wo Abschnitte von zwanzig oder dreißig Etagen im tiefen Schwarz eines Blackouts lagen. In anderen Geschossen wurde gekämpft. Brände reckten die Fäuste aus den zersprengten Fensterfronten aus unzerstörbarem Elastalglas und gestikulierten über den teilnahmslosen Abgründen. Wir nahmen ihren Protest ins Protokoll. Eine Eliteeinheit war damit beschäftigt, das Gebäude zu sichern, das eine vertikale Stadt in der Stadt war. Offenbar gab es ein paar versprengte Unverbesserliche, die ihnen das Leben schwer machten. Sie würden in wenigen Augenblicken niedergekämpft sein. Dann ging es darum, das Allerheiligste in unseren Besitz zu bringen: den Tresorraum der Nationalbank von Sin Pur.

      Wir standen da und sahen zu dem Stroboskop der Schusswechsel auf, das sich zweihundert Etagen über unseren Köpfen abspielte wie ein besonders fesselndes und lebensechtes Action-Holo. Kaskaden von Glasscherben rieselten die kilometerhohen Stahlflanken herunter. Explosionen blitzen. Das Echo von gegellten Kommandos rankte sich wie eine grelle Girlande um den schweigenden Obelisken. Schwere Gegenstände und schreiende Kämpfer stürzten in die Tiefe.

      Wir standen herum wie die Touristen, die wir einst gewesen waren. An strategisch sensiblen Punkten wie dem Raumhafen, den Raffinerien, den Kasernen und anderen neuralgischen Stätten wurde noch gekämpft. Alle Informationen dieser nach Dutzenden zählenden Kriegsschauplätze liefen bei General Rogers zusammen, der hundert Meter weiter im Schatten unseres Schiffes war und ein interaktives Mehrebenen-Gefechtshologramm bediente. Wir selbst konnten nichts tun als abwarten.

      Ich glich die Bilder mit meinen Erinnerungen ab. Auch damals war der Platz umstellt und von Eliteeinheiten gesichert gewesen. Auch damals hatte es irgendwo Schüsse gegeben. Auch damals lag der ganz spezielle Geruch von Tod und Gefahr in der Luft. Damals hatte die Lunte zu schwelen begonnen, die wenig später die halbe Galaxie in Brand setzte. Dennoch war etwas anders gewesen. Der Turm!

      Jennifer war meinen Blicken und meinen Gedanken gefolgt.

      »Sie haben aufgestockt«, sagte sie nur.

      Tatsächlich hatte man dem monströsen Gebäude, das wie ein steingewordenes Fanal in den trüben Nachthimmel ragte, mehrere Dutzend neue Etagen aufgesetzt.

      Ich nickte.

      »Weiß man, wie viel Kapital hier liegt?«

      »Vielleicht werden wir es diese Nacht erfahren.« Jennifer grinste.

      Bis jetzt konnten wir nur Mutmaßungen anstellen. Es hieß, dass die Sineser nicht unbeträchtliche Mittel hier geparkt hatten. Zur Zeit des trügerischen Friedens von Lombok unterhielt Sin Pur beste


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