Und die Tage lächeln wieder. Susanne Zeitz

Und die Tage lächeln wieder - Susanne Zeitz


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schnell geschehen muss, denn es gibt keine freie Parknische, so dass das Auto auf der Straße halten muss. Sofort ist ärgerliches Hupen zu hören.

      Ich verabschiede mich von dem Fahrer und nehme meinen Rucksack und meine Jacke. Martin hebt meinen Koffer aus dem Kofferraum.

      „Auf Wiedersehen Alexandra und denken Sie daran, wenn Sie irgendwie Hilfe brauchen, dann rufen Sie einfach an. Noch schöner natürlich zu einem Kaffeetreff. Ach und noch etwas. Sie wissen natürlich, dass Sie nach Anbruch der Dunkelheit nicht mehr durch die Straßen laufen sollten. Zu gefährlich. Und bleiben Sie auf dieser Seite. Wenn Sie über den Rio Rimac nach Convento de los Descalzos oder zur Plaza de Acho gehen, kann das gefährlich werden, denn das sind die Armenviertel.“ Er blickt mich besorgt an.

      Ich nicke und zwinge auf mein müdes Gesicht ein Lächeln.

      „Danke für die Hinweise. Ich werde daran denken.“ Es ist rührend, wie er sich um mich sorgt. Ich winke noch einmal, öffne die Drehglastür des Hotels und betrete die Lobby. Der Verkehrslärm bleibt draußen.

      Für ein Stadthotel der Mittelklasse wirkt es vornehm. Schwere Ledersessel, die sich um kleine Glastische gruppieren und in denen einige Gäste sitzen. Manche scheinen auf jemanden zu warten, andere unterhalten sich und wieder andere haben Getränke vor sich stehen. Ich spüre ihre taxierenden Blicke.

      Mit einem Mal werde ich mir meiner zerknitterten Jeans, meiner verschwitzten Bluse und meiner bequemen, ausgelatschten Turnschuhe unangenehm bewusst.

      Ich kann es kaum erwarten, mein Zimmer zu beziehen. Schlafen und anschließend eine ausgiebige, erfrischende Dusche.

      Ich gehe zur Rezeption, nenne meinen Namen und reiche meinen Pass. Die Zimmerreservierung hat geklappt, aber das Zimmer ist erst um elf Uhr beziehbar.

      Ich schaue auf meine Uhr. Neun Uhr Ortszeit. Meine Stimmung sinkt. Noch zwei lange Stunden. Eine gefühlte Ewigkeit.

      Ich versuche, eine gute Miene zu einer dummen Angelegenheit zu machen. Meinen Koffer stelle ich in den Aufbewahrungsraum und mache mich auf, das Hotel zu erkunden. Mein Rundgang führt mich am Fitnessraum, am Fernsehzimmer und am Barbereich vorbei. Ein bisschen verloren stehe ich im Speisesaal und schaue mich um. Die Tische sind bereits für das Mittag- oder Abendessen gedeckt. Weiße Tischdecken auf quadratischen Vierertischen, auf denen kleine Vasen mit irgendwelchen rosa Blümchen stehen. Hübsch dekoriert mit geblümten Gardinen und Aquarellbildern an den Wänden. Ich schaue mir einzelne Bilder näher an. Es scheinen Motive aus Lima und Umgebung zu sein. Typische Touristenattraktionen.

      Eine Glastür steht weit offen.

      Ich gehe darauf zu und entdecke das kleine, hoteleigene Restaurant. Ein Ober, der wie aus dem Nichts aufgetaucht ist, weist mir lächelnd einen Tisch zu. Begeistert nehme ich Platz und bestelle eine große Tasse Kaffee.

      Viel schöner als in der Lounge.

      Ich entledige mich meiner Turnschuhe. Ein befreiendes Gefühl, endlich die Schuhe ausziehen zu können. Langsam werden meine müden Lebensgeister wieder fit und ich beginne, mich wohlzufühlen.

      Ich könnte Konrad anrufen und ihm sagen, dass ich gut angekommen bin.

      Konrad hatte mir vor der Reise ein IPhone geschenkt. Erst wollte ich es nicht annehmen, denn ich bin in diesen Dingen ein bisschen altmodisch, mein einfaches Handy genügt mir völlig. Doch er hatte gute Argumente, wieso und warum WhatsApp so praktisch ist.

      Ein richtiges IPhone mit Internet und so. Ich betrachte es stolz, mache ein Selfie und schicke es mit einem Gruß an Konrad. Vielleicht hätte ich mir schon früher eines anschaffen sollen. Kurz darauf, als habe er schon auf meine Nachricht gewartet, kommt eine SMS zurück.

       Kapitel 11

      Seit diesem bewussten Samstag hat Konrad mir gegenüber ein schlechtes Gewissen. Er hat das Gefühl, mich mit den Enthüllungen alleingelassen zu haben.

      Nach unserem Telefonat schleppte ich mich ins Bett. Ich war körperlich und vor allem seelisch total erschöpft. Doch an Schlaf war nicht zu denken. Meine Gedanken drehten sich wie in einem Karussell.

      Meine Mutter lebte und hatte sich nie bei mir gemeldet. Sie hatte mich abgeschrieben. Wahrscheinlich hatte sie mich nie geliebt. Oder doch? Aber was war dann passiert? Mir fielen wieder die ersten Sätze ein, die sie in ihrem Buch geschrieben hatte. „Kann auch das Opfer zum Täter werden? Habe auch ich mich schuldig gemacht?“

      Was meinte sie damit? Ich kam auf keine Antwort. Gegen Morgen fiel ich in einen unruhigen Schlaf.

      Das Klingeln des Telefons weckte mich. Ärgerlich presste ich mein Kissen auf den Kopf. Ich wollte jetzt mit niemandem sprechen.

      Als ich wieder aufwachte, war es bereits später Vormittag. In meinem Kopf tobte ein dumpfer Schmerz. Ich schleppte mich in die Küche, ließ mir einen Kaffee aus der Maschine und setzte mich auf die Küchenbank.

      Ich war verwirrt, kam mir vor wie zerpflückt. Meine Welt war einen großen Schritt von mir weggerückt. Wohin? Überhaupt, was sollte ich jetzt mit diesem Wissen anfangen? Meine Mutter lebte also und nun?

      Das Telefon klingelte abermals. Ich stand langsam auf. Wie eine alte Frau, kam es mir in den Sinn. Vielleicht war ich über Nacht gealtert? Auf dem Weg zum Telefon riskierte ich einen Blick in den Flurspiegel. Mein Ich schaute mir aus ängstlichen, dunkel umschatteten Augen entgegen. Das Gesicht bleich und die Haare verstrubbelt. Kein aufbauender Anblick, doch wenigstens äußerlich nicht älter geworden.

      „Konrad, guten Morgen.“

      „Guten Morgen ist gut. Es ist bereits Mittag“, klang es durch den Hörer. „Wie geht’s dir? Hast du schlafen können?“, fragte er besorgt.

      „Nicht so gut, nur wenig.“

      „Möchtest du zu mir kommen oder lieber in dem Buch weiterlesen?“

      „Nein, ich will nicht weiterlesen“, rief ich fast hysterisch ins Telefon.

      „Musst du auch nicht. Willst du zu mir kommen?“

      Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, das Haus zu verlassen und zu ihm zu fahren. Ich spürte, dass ich die Welt heute nicht ertragen würde.

      „Nein, komm du zu mir. Das ist mir lieber“, entgegnete ich.

      Zwei Stunden später saßen wir uns am Esstisch in der Küche gegenüber. Konrad hatte Pizza und Salat mitgebracht. Dazu tranken wir einen leichten Rotwein. Es war eine gute Idee von ihm, das Mittagessen mitzubringen, denn als er es auf den Tisch stellte, merkte ich erst, wie hungrig ich mittlerweile war.

      „Was soll ich deiner Meinung nach jetzt tun?“ Ich legte meine Gabel auf die Seite und blickte Konrad an. Er sah ebenfalls mitgenommen aus. Viel Schlaf schien auch er nicht abbekommen zu haben.

      „Das musst du selbst entscheiden“, meinte er weise.

      „Haben wir denn überhaupt eine Adresse und einen Namen?“, fragte ich ihn.

      „Sie hat unter einem Pseudonym veröffentlicht. Aber den Namen und die Adresse des Verlages habe ich herausgesucht. Sein Sitz ist in Lima.

      „Die werden mir ihre Adresse und ihren Namen bestimmt nicht geben, dürfen sie gar nicht.“

      Konrad nickte und sah mich an. „Wenn du sie finden möchtest, dann musst du nach Peru fliegen und direkt bei dem Verlag vorsprechen, ihnen erklären, wer du bist und so weiter.“

      „Ich soll nach Lima fliegen?“, rief ich entgeistert aus.

      „Wenn du sie wiederfinden möchtest, dann wird dir nichts anderes übrigbleiben.“

      Wollte ich sie überhaupt wiedersehen? Ich wusste es nicht. Aber tief in meinem Inneren spürte ich, dass ich mit diesem neuen Wissen und seinen vielen Fragen, die es aufwarf, nicht würde leben können. Ich brauchte Antworten. Das war ich mir und meinem zukünftigen Leben schuldig.

      Ich nickte zur Bestätigung kräftig


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