"Die Handwerker-Fibel". Dr. Lothar Semper
Verpflegungskosten Schulwegekosten
Entstehen den Berufsschülern Unterkunfts- und Verpflegungskosten beim Besuch überregionaler Fachklassen mit Blockunterricht, werden von einzelnen Ländern der Bundesrepublik Zuschüsse in unterschiedlicher Höhe gewährt. Manche Länder geben in diesen Fällen unter bestimmten Voraussetzungen auch Zuwendungen zu den Schulwegekosten.
Der Ausbildungsbetrieb selbst hat für die Lehrlinge beim Besuch der Berufsschule nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts weder Fahrtkosten noch Unterkunfts- und Verpflegungskosten zu bezahlen (zum Beispiel bei Blockunterricht).
Berufsgrundbildungsjahr
In verschiedenen Ländern der Bundesrepublik wurde das Berufsgrundbildungsjahr eingeführt. Es gibt zwei Formen des Berufsgrundbildungsjahres, die schulische Form und die kooperativ-duale Form.
>Die schulische Form vermittelt in einem Vollzeitschuljahr sowohl praktische Fertigkeiten als auch theoretische Kenntnisse und Fähigkeiten für ein Berufsfeld (zum Beispiel Metall, Bau usw.) oder für einen Berufsfeldschwerpunkt.
>Die kooperativ-duale Form vermittelt die praktischen Fertigkeiten und Fähigkeiten im Betrieb oder in einer überbetrieblichen Unterweisungsstätte. Die theoretischen Kenntnisse eignet sich der Lehrling in der Berufsschule an.
Anrechnung auf die Ausbildungsdauer
Das kooperativ-duale Berufsgrundbildungsjahr gilt als erstes Ausbildungsjahr. Der erfolgreiche Besuch eines schulischen Berufsgrundbildungsjahres kann unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise auf die Ausbildungsdauer angerechnet werden. (Näheres >> Abschnitt 2.5.1.10.)
Weitere berufliche Schulen
Neben der Berufsschule gibt es weitere für Handwerker infrage kommende berufliche Schulen.
>Berufsfachschulen mit Vollzeitunterricht vermitteln je nach Dauer eine gesamte Berufsausbildung, einen Teil einer Berufsausbildung oder einen mittleren Schulabschluss.
>Über Berufliche Oberschulen kann die Fachhochschulreife, die fachgebundene Hochschulreife oder die allgemeine Hochschulreife erworben werden.
>Fachschulen dienen der vertieften beruflichen Fortbildung im Anschluss an eine Berufsausbildung und eine praktische Berufstätigkeit (z. B. Meisterschule).
1.3.3.5 Zuständigkeiten, Aufsicht und Kontrolle im dualen System
Aus der unterschiedlichen Aufgabenstellung und der gegebenen Struktur des dualen Systems ergeben sich entsprechende Unterschiede in der Zuständigkeit, Aufsicht und Kontrolle für die Ausbildungsträger.
Zuständigkeit von Bund und Ländern
Der Bundesgesetzgeber ist im Wesentlichen zuständig für die Regelung der betrieblichen Ausbildung. Den Ländern obliegt die Gesetzgebung für das Berufsschulwesen.
Wichtige Länderregelungen für die Berufsschulen sind:
>Schulgesetze
>Schulaufsicht
>Lehrpläne.
Wichtige Bundesregelungen für die Ausbildungsbetriebe sind:
>Berufsbildungsgesetz
>Handwerksordnung
>Ausbildungsordnungen
>Vorschriften der zuständigen Stelle (Handwerkskammer).
Zuständigkeit der Wirtschaft
Öffentliche Verantwortung
Hinsichtlich der öffentlichen Verantwortung für die Berufsausbildung sind für den betrieblichen Bereich vor allem die Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft (zum Beispiel Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Innungen) zuständig. Für Aufsicht und Grundsatzregelung sind in erheblichem Umfange staatliche Behörden zuständig. Der Bereich der Berufsschule obliegt den staatlichen und kommunalen schulischen Verwaltungen.
1.3.3.6 Vorteile und Schwachstellen des dualen Systems
Vorteile des dualen Systems
Vorteile
Die Hauptvorteile des dualen Systems liegen in der Bewältigung von konkreten beruflichen Handlungsanforderungen, indem das Lernen direkt an betrieblichen Arbeitsplätzen stattfindet.
Das duale System ist das leistungsfähigste Ausbildungssystem, um das uns die Welt beneidet. Unsere volkswirtschaftlichen Leistungen und unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit gründen zu einem wesentlichen Teil auf diesem Ausbildungssystem.
Schwachstellen des dualen Systems
Von extremen Kritikern wird manchmal das duale System und vor allem der Betrieb als Bildungseinrichtung infrage gestellt.
Schwachstellen
Als Schwachstellen werden grundsätzlich genannt:
>mangelnde Systematik der Ausbildung
>nicht ausreichende Abstimmung und Kooperation zwischen den einzelnen Ausbildungsträgern
>ausbildungsfremde Arbeiten im Betrieb
>keine ausschließliche Ausrichtung der Arbeit im Betrieb auf den Ausbildungszweck.
Kritik am dualen System
Die bei diesem System in Einzelfällen zutage tretenden Mängel sind aber nicht im System als solchem begründet, sondern vielmehr im möglichen mangelhaften Vollzug in einzelnen Ausbildungsstätten.
Alles in allem lässt sich dennoch feststellen, dass das duale Ausbildungssystem, so wie es auch im Handwerk praktiziert wird, eine vernünftige Synthese (Zusammenfügung) von betriebs- und schulgebundenen Ausbildungsabschnitten ist.
Ansatzpunkte zur Sicherung und Weiterentwicklung des dualen Systems – Maßnahmen zur Sicherung der Ausbildungsqualität
Die Ausbildungsqualität ist für das Handwerk in der Zukunft eine Existenzfrage. Aufgrund des hohen Anteils der menschlichen Arbeitskraft an der Produkterstellung oder der Erbringung der Dienstleistung kommt dem Niveau der Ausbildung zentrale Bedeutung auch für die Produktqualität zu.
Zur Sicherung und Weiterentwicklung des dualen Systems und der Ausbildungsqualität sind zahlreiche Maßnahmen erforderlich.
Handlungsorientierte, fallbezogene Aufgaben
1.Sie gehören als junger Unternehmer dem Arbeitskreis Schule/Wirtschaft in Ihrer Stadt an. Dieser Kreis besteht im Wesentlichen aus Vertretern der örtlichen Wirtschaftsorganisationen, selbstständigen Gewerbetreibenden, Führungskräften aus Betrieben und Lehrern an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. Der Arbeitskreis führt u. a. Informationsveranstaltungen für Schüler und Eltern durch, bei denen über die Struktur des Bildungswesens, die möglichen Berufslaufbahnen und Bildungswege informiert und kritisch diskutiert wird.
Es ist üblich, dass einzelne Mitglieder des Arbeitskreises Schule/Wirtschaft bei solchen Veranstaltungen Vorträge halten. Sie haben es übernommen, einen Vortrag über Aufbau und Grundstruktur des Bildungswesens in Deutschland, die Anforderungen an das Bildungssystem, die Wahlmöglichkeiten im Rahmen der Allgemeinbildung und der Berufsbildung und der damit verbundenen Berufslaufbahnperspektiven zu halten. Als Handwerksunternehmer gehen Sie in Ihren Ausführungen in besonderer Weise auch