Jahrbuch der Baumpflege 2016. Группа авторов
Gloucestershire/UK
Abbildung 12: Topiary im Garten von Montacute House, Somerset/UK
3.6 Bonsai
Unter Bonsai versteht man hierzulande meist nur die in kleinen Schalen gezogenen Gehölzminiaturen, die in Japan, China und Vietnam eine traditionsreiche, hochentwickelte und sehr differenzierte Kunstform sind. Diese höchst poetischen Miniaturen stellen Assoziationen zu idealen Landschaften her. In Fernost versteht man unter Bonsai aber auch das nach ästhetischen Gesichtspunkten durchgeführte Beschneiden von größeren Kübelpflanzen und Freilandgehölzen, namentlich von Kiefern. Während das in der europäischen Gartenkultur verankerte Topiary und auch alle anderen vorstehend beschriebenen Formschnitte auf die Gestaltung von architektonisch-geometrischen Körpern zielen, strebt der Bonsai-Formschnitt eine Idealisierung der Naturformen an, will das Eigenartige, das Bizarre und das fein Differenzierte der Naturformen herausarbeiten und noch deutlicher zeigen. Bonsai-Kübelpflanzen sind heute ein gängiger Artikel in unseren Gartencentern mit einer großen Spannweite hinsichtlich der ästhetischen Qualitäten und der Verkaufspreise. Herausragend schöne und entsprechend hochpreisige Exemplare werden häufig sogar aus Fernost importiert. Doch nur selten findet man die Einbindung solcher Gehölzsolitäre in ein insgesamt stimmiges Gesamtensemble. Man darf aber behaupten, dass die Erfahrungen mit Bonsai dazu geführt haben, dass auch in unserem Baumschulwesen das Beschneiden von Gehölzen an Bedeutung gewonnen hat und nicht nur Kegel-, Kugel- und Kastenformen geschnitten werden, sondern auch bizarre naturnahe Formen herausgearbeitet werden. Nicht zuletzt ist auch die Freude an den vorstehend beschriebenen Schirmformen hier einzuordnen. Auch beim fernöstlichen Bonsai gilt, dass nur durch einen regelmäßigen professionellen und sehr einfühlsamen Schnitt die Schönheit der Gehölze erhalten bleibt.
Literatur
HILLIER, J.; KELLY, J., 1997: The Hillier – Bäume und Sträucher; Thalacker Medien, Braunschweig.
LORBERG, S. H., 2010: Katalog der Baumschule Lorberg, Ketzin.
MADER, G., 1979a: Umgang mit Bäumen – Bilder aus den Niederlanden; in Stadtbauwelt 48/79 Berlin.
MADER, G., 1979b: Geschnittene Linden – Bäuerliche Gartenkunst in den Niederlanden; in Garten und Landschaft, Heft 3/79 München.
MADER, G., 2012: Freiraumplanung, 2004 DVA München, erweiterte und überarbeitete Neuauflage 2012 DVA München.
MADER, G.; NEUBERT-MADER, L., 1992: Der Architektonische Garten in England, DVA Stuttgart.
MADER, G.; NEUBERT-MADER, L., 2000: Bäume – Gestaltungsmittel in Garten, Landschaft und Städtebau, 1996 DVA Stuttgart, Neuauflage 2000 Komet-Verlag Köln.
MADER, G.; NEUBERT-MADER, L., 2009: Britische Gartenkunst, DVA München.
Autor
Günter Mader ist seit 1982 in der Architektenkammer Baden-Württemberg als freier Architekt eingetragen und arbeitet als Architekt und Gartenarchitekt mit Projekten in ganz Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich und Italien. Er war von 1995 bis 2000 Lehrbeauftragter für „Geschichte der Gartenkunst“ an der Hochschule Nürtingen, seit 1998 ist er Dozent für „Freiraumplanung“ an der Hochschule Karlsruhe.
Dipl. Ing. Günter Mader
Freier Architekt und Gartenplaner
Vordersteig 14
76275 Ettlingen
Tel. (0 72 43) 1 36 14
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