Herzensöffnung (2): Versöhnung. Hero Leander
So steht es übrigens im Vertrag.“
„Und warum setzen Sie sich so dafür ein? Was verdienen Sie dabei?“
„Ich? Sie werden es nicht glauben. Ich verdiene nichts dabei. Aber das ist für mich nicht so wichtig. Ich habe in Deutschland eine gute Arbeit und verdiene dort ausreichend. Als ich vor fast einem Jahr das erste Mal in Håp Land war, habe ich gesehen, dass es hier viele Menschen schwer haben, weil es zu wenig Arbeit gibt. Deshalb habe ich monatelang überlegt, wie ich Ihnen helfen kann. Ich glaube einfach, dass Sie viel Potenzial haben, wenn man Sie unterstützt. Tun müssen Sie es selbst. Aber ohne Hilfe ist das eben fast nicht möglich.“
„Werden Sie die Arbeiten selbst überwachen?“
„Nein. Ich muss morgen wieder zurück nach Deutschland. Dort wartet meine Arbeit. Aber es wird ein Bauingenieur aus Deutschland kommen. Ansonsten ist Olaf für die Organisation zuständig und Ihr direkter Ansprechpartner. Baubeginn wird voraussichtlich im März sein. Der Bau für ein Ferienhaus sollte nicht länger als acht Wochen dauern. Wenn sich nach dem heutigen Tag weitere entschließen, dieses Angebot anzunehmen, dann wäre eine zweite Bauphase im September möglich. Im Sommer ist Saison und da sollte kein Baulärm sein.“
Wolfram erklärte anschließend Einzelheiten, die den Bau betrafen.
„Gibt es weitere Fragen? Nein? Dann können wir mit dem Unterschreiben beginnen. Olaf hat für jede angemeldete Familie den Vertrag. Lesen Sie ihn sich gründlich durch und geben Sie ihn unterschrieben zurück, wenn Sie einverstanden sind. Er wird am Montag in der Firma gegengezeichnet und Sie bekommen dann Ihr Exemplar per Post zugeschickt. Sollten Sie in zwei Wochen noch keinen Vertrag zugeschickt bekommen haben, melden Sie sich bei Andrea. Sie wird dann alles Nötige klären.“
Die Dorfbewohner holten sich ihre Verträge und begannen zu lesen. Wolfram rief den Bürgermeister zu sich und fragte nach dem Haus der Sörensens.
Björn Nansen lachte: „Wollen Sie das auch kaufen?“
„Nein. Ich nicht. Aber Sven Aglund interessiert sich dafür. Er sucht etwas für seine neue Familie.“
„Das ist etwas anderes. An Ausländer wäre das Haus nicht zu verkaufen.“
„Glauben Sie mir, ich habe ein schönes Haus in Deutschland. Das reicht mir vollkommen. Es ist wirklich für die beiden. Ich bin hier nur der Vermittler. Sven! Jetzt bist du dran.“
Sven verhandelte eine Weile mit Björn Nansen. Dann waren sie sich einig. Der Bürgermeister würde mit den Erben Kontakt aufnehmen und den Kauf vermitteln. Schließlich war er ja auch daran interessiert, dass dieses Haus wieder bewohnt wurde. So unterschrieb Sven auch seinen Ferienhausvertrag mit dem Vorbehalt, dass er ungültig wird, wenn es nicht zu dem Hauskauf kommen sollte. Wolfram akzeptierte diesen Vorbehalt.
Zum Schluss sammelte Olaf die Verträge wieder ein. Alle hatten unterschrieben. So konnten sie die Schenke verlassen und nach Hause gehen. Mamma wartete bestimmt schon mit dem Essen.
Natürlich war die Sache mit dem Haus für Sven und Andrea Thema beim Essen. Sven hätte nicht gedacht, dass der Bürgermeister sich so dafür einsetzte.
„Er wäre ein schlechter Bürgermeister, wenn er sich nicht um sein Dorf kümmern würde“, warf Wolfram ein. „Deshalb habe ich ihn auch immer eingeladen. Er sollte sich nicht übergangen fühlen.“
„Danke!“, sagte Andrea. „Ich kann es noch gar nicht glauben. Wir werden ein eigenes Haus haben und du musst nicht mehr jeden Tag diese Strecke fahren.“
„Es sieht so aus, als ob dieses Jahr ein Jahr der Überraschungen wird“, bemerkte Wolfram. „Das Haus, das Baby und wer weiß, was noch alles Neues auf uns einstürmt. An dieser Stelle möchten wir euch für den Juni dieses Jahres einladen. Ich meine euch, Pappa und Mamma, und auch euch, Sven und Andrea. Bis es so weit ist, werden wir auch geklärt haben, wie die Reise mit eurem Sohn am besten zu bewältigen ist.“
„Sohn?“, fragte Sven und schaute Andrea fragend an.
„Nein, Sven. Von mir hat er das nicht. Ich würde selbst gern wissen, was es wird.“
Wolfram schüttelte lachend den Kopf. „Es ist mehr so ein Gefühl. Ich habe mal gehört, dass kleine Jungs ihre werdende Mutter hübscher aussehen lassen. Hingegen machen kleine Mädchen die werdende Mutter nicht hässlich, aber sie sehen abgespannt und müde aus.“
Annefried nickte zustimmend und Wolfram sprach weiter: „Nun seht euch mal Andrea an. Sieht sie nicht aus wie das blühende Leben? Die Schwangerschaft bekommt ihr doch hervorragend. Von abgespannt und müde kann bei ihrem Aussehen weiß Gott keine Rede sein. Aber was soll’s. Im April zu Marias Geburtstag werden wir vermutlich mehr wissen.“
„Du weißt viel über Frauen. Das ist hier nicht üblich“, meinte Marias Mutter verwundert.
„Wie will man eine Frau verstehen“, sagte Wolfram, „wenn man über Frauen nur das weiß, was sich Männer am Stammtisch erzählen. Nur wenn man das Wesen einer Frau versteht, kann man auch sie selbst verstehen. Das wiederum, so meine ich, ist die gesunde Basis für eine Beziehung.“
„Aha“, sagte Kjeld. „Und jetzt verstehst du die Frauen?“
„Schön wäre es“, meinte Wolfram darauf lachend. „Ich bin immer noch beim Lernen.“
„Du willst uns auch einladen?“, fragte Kjeld jetzt etwas vorsichtig.
„Ja. So können wir alle zusammen Evas, Svens, meinen, Lauras und Andreas Geburtstag feiern. Das sind fünf Geburtstage, die ich gern mit euch zusammen feiern würde. Bitte macht es möglich. Ihr bereut es ganz sicher nicht. Oder hast du Angst vor den Deutschen?“
„Ich? Angst? Das Wort kenne ich gar nicht!“, entgegnete Kjeld entrüstet.
„Dann ist ja alles in Ordnung!“, konterte Wolfram.
„Habt ihr denn so viel Platz in eurem Haus oder müssten wir wie ihr jetzt im Hotel schlafen?“, fragte Marias Mutter.
Da meinte Andrea: „Sie haben zwei Gästezimmer im Haus. Ich glaube, das reicht für uns alle.“
Maria sah Wolfram gespannt an. Doch dieser sagte: „Ihr werdet auf jeden Fall bei uns zu Hause schlafen. So ist es doch viel schöner, oder nicht?“
Man konnte Maria ansehen, wie sie langsam die Luft herausließ. Wolfram hatte wieder mal die Kurve gekriegt, ohne alles sagen zu müssen. Annefried hingegen nickte erleichtert. Sie wollte so nah wie möglich bei ihren Kindern und Enkeln sein.
Am Nachmittag besuchten Wolfram und Maria ein letztes Mal Olaf und Ivonne im Nachbarhaus. Sie bedauerten, dass sie sich nun längere Zeit nicht sehen würden.
„Vielleicht klappt es, dass Olaf von der Firma eingeladen wird. Dann sehen wir uns in Deutschland wieder“, sagte Maria. „Wir bleiben über Andreas Telefon auf jeden Fall in Verbindung.“
Olaf antwortete: „Ja, das werden wir. Wenn es mit Deutschland nicht klappt, dann werdet ihr sicher wieder einmal nach Håp Land kommen. Ihr seid bei uns immer gern gesehen.“
„Danke, Olaf!“, sagte jetzt Wolfram. „Auch ich werde die Zeit hier bei euch nicht vergessen. Ihr seid mir zu wirklichen Freunden geworden und ich hoffe, dass wir uns in Deutschland wiedersehen. Aber das hängt eben nicht nur von mir ab. Warten wir es einfach ab. Jetzt ist erst einmal wichtig, dass der Bau nach dem Winter ohne Verzögerung abläuft. Ich glaube, dass Sie, Olaf, genau der Richtige sind, der diesen Bau beaufsichtigt. Sie haben jetzt schon mehr geleistet, als ich mir vorgestellt hatte. Vielleicht kann ich mal mit der deutschen Bauaufsicht mitkommen, wenn die ersten Ferienhäuser fertig sind. Noch ein Tipp: Versuchen Sie den Kontakt zu Sven zu halten. Ich denke, es kann nicht schaden, wenn Sie mit dem Hotel im ständigen Kontakt sind. Wenn das Dorf das Hotel in das Dorfleben integriert, ist es allen zum Vorteil. Sie sollten nicht gegeneinander, sondern miteinander leben.“
„Ich werde Ihren Rat beherzigen“, sagte Olaf, „da ich sowieso öfter mit Andrea zu tun haben werde.“
„Sven