Schwarze Krähen - Boten des Todes. Carolina Dorn

Schwarze Krähen - Boten des Todes - Carolina Dorn


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Fußboden“, presste Brandon hervor. Die Schmerzen setzten wieder ein.

      Der Arzt warf Christin einen schelmischen Seitenblick zu. „Ja, das ist durchaus nachvollziehbar“, äußerte er sich sehr langsam und wissend.

      Diese bekam davon nichts mit, denn sie wälzte gerade andere schwere Probleme. Irgendwie beschlich sie der Verdacht, hier nicht in der richtigen Klinik zu sein, die sich mit Brandons Verletzung auskannte.

      „Schwester, Sie können unten in der Halle warten. Dort gibt es auch einen Kaffeeautomaten“, bot ihr der Arzt an.

      „Nein, danke. Ich bleibe hier bei meinem Patienten. Ich bin seine Pflegerin“, beharrte Christin.

      „Sind Sie sicher? Hier sind schon mehrere Nonnen umgekippt“, warnte er.

      „Nein, nein, Sie können ganz beruhigt sein. So zimperlich bin ich nicht“, gab sie lächelnd, jedoch standhaft zurück. „So ein harmloses CT bringt mich nicht um.“

      Dr. Porter blickte nochmals in ihr Gesicht und dachte bei sich: Von dieser Schwester würde ich auch gern gepflegt werden. Da würde ich sogar die Querschnittslähmung hinnehmen, wenn ich so ein wunderschönes junges Mädchen an meiner Seite hätte.

      Zwei andere Pfleger kamen und brachten Brandon zum CT. Christin eilte ihnen nach. Sie verfolgte die Untersuchung sehr genau. Danach erklärte der Arzt ihr die Bilder im Computer.

      „Sehen Sie Schwester, hier sind drei Lendenwirbel. Der vierte, fünfte und sechste. Genau zwischen diesen drei Wirbeln sieht man eine Blutung.“

      „Können Sie ihn operieren?“, wollte sie sogleich erfahren.

      „Hier kann ich ihn leider nicht operieren“, antwortete Dr. Porter.

      „Warum nicht? So etwas muss doch sofort behandelt werden“, widersprach sie.

      „Ja, schon“, wand sich der Mediziner. „Ich sehe, Sie kennen sich aus. Aber wir sind für solche komplizierten Operationen nicht ausgestattet.“ Er warf erneut einen Blick auf die Bilder. „Außerdem bemerke ich hier noch eine alte Verletzung, die auch noch nicht behoben wurde. An so etwas wage ich mich nicht heran. Das muss ein sehr guter Spezialist operieren“, erklärte er ihr. Der Arzt bedachte Brandon mit einem bedauernden Blick, wandte sich ab und verschwand in ein angrenzendes Arztzimmer. Christin folgte ihm. Sie wich nicht von seiner Seite.

      „So wie ich feststellen muss, sind Sie jedenfalls kein Spezialist. Ich bin froh darüber, dass Sie das zugeben und nicht einfach selbst einen Versuch die Verletzung zu beheben starten, denn dabei könnte mehr Schaden angerichtet werden als dass ihm geholfen würde. Aber Sie können ihn doch nicht einfach so liegen lassen. Bitte, Sie müssen etwas unternehmen“, flehte sie ihn an. „Wenn Sie einen solchen Spezialisten im Haus haben, dann wecken Sie ihn doch oder rufen Sie ihn an, dass er kommt. Diese Verletzung kann nicht auf die lange Bank geschoben werden.“

      „Was soll ich tun? Jetzt ist es mitten in der Nacht! Vor heute früh acht Uhr können wir nichts unternehmen“, wich er aus.

      „Dann ist es aber zu spät!“, schrie Christin entrüstet. Sie wunderte sich selbst über sich, was sie hier tat.

      „Mein Patient sagte mir, dass er seine Beine und Füße wieder spüre. Sollen denn die ganzen Nerven nun vollends zerstört werden?“ Die kleine Nonne war außer sich ob diesem sturen und tatenlos zusehenden Arzt. „Also wissen Sie, ein Buschkrankenhaus ist besser ausgerüstet, als Sie hier mit diesem chirurgischen Krankenhaus in so einer Großstadt!“

      Er blickte sie völlig entgeistert an, was sie da von sich gab. „Wie bitte?“

      „Ja, legen Sie nur die Ohren an. Ich habe mich erkundigt, denn einst wollte ich in so einem Buschkrankenhaus einmal arbeiten.“, ließ sie ihn wissen.

      „Sind Sie jetzt fertig?“, bremste er die aufgebrachte Nonne.

      „Vielleicht? Aber vielleicht fällt mir noch etwas ein, worüber ich weitere Kritik üben könnte“, gab sie ihm zur Antwort. Und Gordon kann mir im Moment auch nicht helfen, ging es ihr durch den Kopf. Sie drehte sich um und verließ das Arztzimmer. Sie entfernte sich ein kurzes Stück, dann verhielt sie plötzlich den Schritt. Mit Schwung drehte sie sich um, so dass der Habit um ihre Beine flog. Ja, natürlich, Gordons Bruder, der ist Spezialist für Wirbelsäulenverletzungen und besitzt in Clearwater eine eigene Klinik, die er leitet, erinnerte sie sich.

      Dr. Porter nahm gerade den Telefonhörer in die Hand.

      „Ich lasse den Patienten einstweilen auf die Chirurgie verlegen“, ließ er sie wissen.

      „Halt, nein, das tun Sie bitte nicht!“ Christin drückte seine Hand mit dem Hörer wieder auf die Gabel. „Bitte, helfen Sie ihm“, flehte sie erneut.

      „Und wie, liebe Schwester?“, bemerkte er genervt, drehte sich mit dem Drehstuhl zu ihr um und blickte sie über den Brillenrand an.

      „Indem Sie ihn mit dem Hubschrauber nach Clearwater fliegen lassen und in das St. Elisabeth Hospital bringen. Dort weiß ich einen Spezialisten, Dr. Kevin Spencer. Er fiel mir gerade ein“, teilte sie ihm mit.

      Da der Arzt immer noch zögerte, äußerte sie sich entsetzt: „Jetzt sagen Sie bloß, es gibt hier auch keinen Rettungshubschrauber, oder?“

      „Oh, ja, ja, aber natürlich“, beeilte er sich zu antworten. Ihm verschlug es regelrecht die Sprache. Diese kleine Nonne wusste doch ganz genau, was sie wollte.

      „Ja, reden Sie nicht lange herum. Tun Sie’s einfach und zwar schnell. Wir haben nur dieses kleine Zeitfenster zur Verfügung!“, brachte sie den Arzt auf Trapp.

      Er überlegte kurz, dann richtete er sich auf. „Gut, Schwester, ich werde Dr. Spencer sofort informieren und alles weitere veranlassen. Ist Ihnen das recht so?“, dabei richtete er seinen Blick auf sie.

      „Ja, danke, vielen Dank“, hauchte Christin und ging hinaus zu Brandon.

      Der hatte natürlich alles mitbekommen. Er streckte ihr seine Hände entgegen.

      „Christin, du bist wirklich ein Engel. Danke, tausendfachen Dank für deinen Einsatz. Ich bin so froh, dass du bei mir bist“, gestand er ihr.

      „Eigentlich müsste ich das jetzt der Mutter Oberin beichten“, überlegte sie leise.

      „Warum? Du hast dich für mich, für mein Leben und meine Gesundheit eingesetzt“, widersprach Brandon.

      „Ja, das schon, aber eine Ordensschwester darf nicht so überlegen einem Arzt gegenüber auftreten. Sie hat sich ruhig im Hintergrund zu halten. Ich hätte jetzt bestimmt fünfzig Vaterunser zu beten bekommen“, erklärte sie.

      „Die erlasse ich dir. Bete lieber dafür, dass ich noch etwas für meine Schmerzen bekomme, bevor wir starten“, raunte er ihr zu. „Der Arzt ist ein Nachtwächter. Er hätte längst nachsehen können, wo sich eine geeignete Spezialklinik für solche Sachen befindet, wenn er es schon nicht von sich aus weiß“, schimpfte er. „Der würde mich hier glatt verschimmeln lassen.“

      Endlich bekam Brandon eine neue Infusion mit Schmerzmedikament. Christin erhielt alle Aufnahmen vom CT und Dr. Porters Diagnose mit Befund. Zwei Pfleger kamen und brachten sie mit dem Aufzug hinauf auf das Dach des Krankenhauses. Dort wartete bereits der Hubschrauber. Die Ordensschwester war noch nie zuvor mit einem solchen Gerät geflogen. Ihr gruselte ein wenig. Tapfer schüttelte sie jedoch ihr Unbehagen ab und stieg mit ein. Der Lärm der Motoren steigerte sich, als der Hubschrauber abhob. Brandon bemerkte Christins Ängste an ihrer steifen Körperhaltung und den starren Gesichtszügen. Er tastete nach ihrer Hand, die sich kalt und feucht anfühlte.

      „Engelchen, hab keine Angst. Hubschrauber sind sehr sicher. Ohne ihn würde ich viel zu spät nach Clearwater kommen“, versuchte er sie zu beruhigen.

      Beklommen nickte sie.

      Sie flogen eine knappe Stunde, dann erreichten sie ihren Zielort. Hier wurden sie gleich von vier Pflegekräften empfangen. Sie brachten Brandon sofort in den Vorbereitungsraum. Dr. Kevin Spencer, ein großgewachsener


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