Schwarze Krähen - Boten des Todes. Carolina Dorn

Schwarze Krähen - Boten des Todes - Carolina Dorn


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Hornissen gerettet. Ich kann mich noch genau erinnern, dass du tropfnass aus dem Wasser kamst und ich dich abtrocknen und in ein Nachthemd hüllen musste. Also, mach kein solches Drama daraus. Komm heraus. Ich mache auch die Augen zu. Versprochen“, forderte er sie auf.

      Nur widerstrebend verließ sie das Wasser. Gordon hüllte sie in ihr Badetuch. Er wollte sie festhalten, aber sie riss sich mit einem energischen Ruck von ihm los.

      „Lass mich! Ich muss mich anziehen“, rief sie etwas unwirsch.

      Sie trat hinter den dichten, grünen Blätterbusch und zog eilig ihre Tracht an. Als sie wieder hervortrat, fand sie Gordon im Sand sitzen, den Blick hinaus auf den See gerichtet. Mit einem kleinen Abstand zu ihm setzte sie sich neben ihn in den Sand. Der Arzt registrierte den Platz, den sie absichtlich zwischen ihnen freiließ und versuchte ihre gegenwärtige Gereiztheit zu deuten. Er streckte seine Hand nach ihrem Gesicht aus, doch sie wich mit ihrem Kopf zur Seite aus.

      „Hey, ich will dir doch nichts tun. Dein Schleier sitzt nur etwas schief. Darf ich ihn richten? Sonst vermutet jemand sonst noch etwas“, lachte er leise.

      So ließ sie ihn mit geschlossenen Augen gewähren.

      „Sag, was ist geschehen? Du gehst mir heute schon den ganzen Tag aus dem Weg und verschanzt dich in deinem Stationszimmer. Stehe ich etwa nicht mehr auf deiner Bestsellerliste? Habe ich dich vielleicht beleidigt oder verärgert? Bitte Melissa, sag’ mir den Grund. Ich kann sonst nicht schlafen heute Nacht“, bat er die Nonne, während seine dunklen Augen sie anbettelten.

      Es dauerte eine Weile, bis sie langsam und stockend erzählte, was vorgefallen war. Abschließend bestätigte sie: „Die Mutter muss etwas bemerkt haben.“

      Gordon grinste. „Nun, dann müssen wir auf Station eben so tun, als wäre an der Sache nichts dran. Wir können uns ja hier am See abends treffen und schwimmen gehen“, überlegte er.

      „Du weißt schon, dass ich nicht schwimmen kann?“, erinnerte sie ihn und blickte nach unten in den feinen Sand.

      „Dann bringe ich es dir bei“, erbot er sich.

      Unmerklich rutschte er ein wenig näher zu ihr. Er konnte die Lücke zwischen ihnen einfach nicht akzeptieren.

      „Du würdest mir Schwimmen beibringen?“ Sie bedachte ihn mit einem etwas ungläubigen Blick.

      „Ja, warum denn nicht?“ Gordon sah ihr direkt in die Augen.

      „Nein, das geht nicht. Ich habe keinen Badeanzug“, gestand sie ihm leise und sah voller Scham nach unten auf ihre Hände.

      Daraufhin bekam er einen Lachanfall. „Wenn es nur an dem liegt! Ich kann dir einen besorgen“, versprach er.

      Sie blieben auf der kleinen Sandbank, bis es dunkel wurde. Dann ging jeder einen anderen Weg zu seinem Zimmer im Kloster zurück.

      Einige Tage später trafen sie sich wieder an ihrem geheimen Ort. Gordon brachte eine Badehose und ein Badetuch für sich und einen zauberhaften Badeanzug in pink-weiß für Melissa mit.

      „Du hast das wirklich ernst gemeint?“, stellte sie leicht unsicher fest.

      „Aber natürlich“, bestätigte er. „Ein Mann, ein Wort, eine Tat. Sonst muss ich ja bei jeder Pfütze Angst haben, du gehst unter.“

      Hinter den dichten Büschen zogen sie sich um. Kichernd, wie zwei kleine Kinder, die etwas Verbotenes taten, rannten sie ins Wasser hinein, dass es nur so spritzte. An der tiefsten Stelle hob er sie hoch und legte sie flach auf das Wasser.

      „Ich habe Angst, Gordon! Ich gehe unter!“ In wilder Panik wollte sie um sich schlagen, aber er ergriff ihre Hände und zog sie langsam durch die warmen Fluten.

      „Keine Angst, Melissa. Ich halte dich fest“, beruhigte er sie. „Ich lasse dich nicht untergehen. Du atmest jetzt schön gleichmäßig und lässt dich einfach von mir führen.“

      Mit der Zeit bekam sie ein Gefühl für das Element Wasser. Sie bemerkte außerdem, wenn sie Luft holte und sie anhielt, dass sie an der Wasseroberfläche blieb. Er zeigte und übte mit ihr die Schwimmbewegungen, die Atemtechnik und tatsächlich schaffte sie es nach einer Woche täglichen Trainings allein zu schwimmen.

      „Ha, das macht Spaß!“, rief sie. „Schade, dass Christin nicht hier ist!“

      „Wie ich vermute, kann sie auch nicht schwimmen“, stellte er fest.

      Er begab sich an Land und griff nach seinem Badetuch.

      „Natürlich nicht“, antwortete sie.

      „Ich könnte es ihr doch auch beibringen?“, schlug er etwas belustigt vor.

      „Ja, natürlich, du machst hier eine Schwimmschule für Nonnen auf. Sei vorsichtig, sie werden bestimmt alle Schlange stehen.“ Melissa bekam sich kaum mehr ein vor Lachen, als sie es sich bildlich vorstellte.

      Inzwischen hatte sie auch das Wasser verlassen. Gordon hüllte sie in das Badetuch und drehte sie zu sich herum.

      „Du hast hart gearbeitet in dieser Woche und dir eine Belohnung verdient“, machte er sie neugierig.

      Sie sah ihn fragend mit großen, dunklen Augen an. Im nächsten Augenblick senkte er seinen Kopf zu ihr und küsste sie zärtlich auf die Lippen.

      „Ich liebe dich“, murmelte er anschließend in ihr Haar hinein.

      „Vorsicht, ich bin das Kind, das keiner in meiner Familie haben wollte“, warnte sie ihn leise.

      „Wahrscheinlich nur wegen deiner Hautfarbe. Aber ich will dich und zwar für immer, weil ich dich so sehr liebe, gerade mit dieser anderen Hautfarbe“, bestätigte er.

      Doch statt dass sie vor ihm zurückwich, schlang sie ihre Arme um ihn und hielt ihn fest. Nach dieser Aufforderung blieb es nicht bei diesem einen Kuss. Zusammen mit ihren Badetüchern sanken sie in den Sand. Gordon schob die Träger ihres Badeanzugs herunter und streichelte ihre vollen Brüste. Sie brauchten keine Worte weiter. Es gab kein Halten mehr zwischen ihnen. Nur der Mond und die Sterne sahen zu, als sie sich auf der kleinen Sandbank liebten. Die Luft war lau und ihre Körper heiß vor Verlangen. Lange danach lagen sie noch eng umschlungen auf dem warmen Sand.

      „Tut es dir jetzt leid?“, flüsterte er.

      „Nein, ich wollte es ja auch“, antwortete Melissa ebenso leise.

      „Aber du bist jetzt keine Nonne mehr. Du hast dein Gelübde gebrochen“, gab er zu bedenken.

      „Das macht nichts. Ich kann damit leben, weil ich dich auch liebe. Meinen Herrn habe ich davon schon letzte Woche unterrichtet. Wenn er mir so etwas wie dich vor die Nase setzt, muss er damit rechnen, dass ich ihm untreu werde“, erklärte sie ihm.

      „Also, du bist mir ja eine! Ich hoffe, du wirst mir nicht auch eines Tages untreu?“, ließ er sie seinerseits verunsichert wissen.

      „Nein“, antwortete sie ernst. „Dafür ist meine Liebe zu dir viel zu stark und außerdem kann ich dich sehen, riechen und vor allem fühlen, Gott jedoch nicht. Dich werde ich mein ganzes Leben lieben“, versprach sie ihm. „Beten werde ich weiterhin zu ihm. Ich möchte nicht völlig mit ihm brechen.“

      Gordon bedachte ihren gesamten Körper mit Küssen und Melissa erschauerte immer wieder vor diesem intensiven Gefühl auf ihrer Haut. Seine Lippen und seine Hände erweckten erst so richtig ihre Sinne. Weit nach Mitternacht, es wurde sogar schon bald Morgen, da stahlen sich die beiden zurück ins Kloster.

      Von Mitte Mai bis in den August hinein ging es in der Kinderklinik wirklich sehr hektisch zu. Sie betreuten ständig eine Menge Kinder mit schweren Durchfallerkrankungen und mehrere Fälle mit Hirnhautentzündung auf der Station. Melissa musste viele Schwestern als Sitzwachen bei den schwerkranken Kindern einsetzen. Sogar sie selbst übernahm Wachen in der Nacht. Tage und Nächte kämpften sie um deren Überleben. Die Stationsschwester kam kaum zum Essen, aber sie hatte überhaupt kein Verlangen danach. Ein seltsames Mißempfinden befiel ihren gesamten Körper. Sie fühlte sich nicht wohl und dauernd kam eine Welle


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