Arbeiten wie noch nie!?. Группа авторов
bettet seine Überlegungen zur Lohnarbeit in den für den Kapitalismus typischen Akkumulationsprozess ein, die zwingend notwendige Anhäufung und Re-Investition von Kapital in profitträchtige Wirtschaftssektoren. Die Triebfeder dafür ist die Konkurrenz auf den Märkten; sie führt zu Spekulation und unersättlichem Profitstreben. Daher ist die kapitalistische Produktionsweise auf Profit und Gewinnmaximierung ausgerichtet. Um die Produktivität zu steigern sehen sich die Kapitalisten gezwungen, die Produktionskosten zu senken (z. B. durch Ersetzung lebendiger Arbeit durch Maschinen, die langfristig preisgünstiger sein sollen). Durch die Automatisierung produziert der Kapitalismus jedoch für ihn »überflüssige« Esser, die erhalten werden müssen; noch dazu fallen sie als Konsumenten aus. Das Dilemma stellt sich so dar, dass diejenigen, die als Konsumenten für die Profite sorgen sollten, nun aus- und zur Last fallen (vgl. Das Kommunistische Manifest, MEW 4). D. h. die sich immer wieder auffüllende Reservearmee hat kurzfristig Vorteile für das Kapital, weil sie hilft, die Lohnkosten niedrig zu halten. Kippt der Wachstumsprozess jedoch aufgrund von Unterkonsumtion, weil den Arbeitslosen das Geld für den Konsum fehlt, werden die Nachteile als allgemeine Wirtschaftskrise sichtbar. Im Widerspruch der Entwicklung der Produktivkräfte und der Konsumkraft der Massen liegen eine zentrale Erklärung der periodischen Wiederkehr von Krisen und ein selbstzerstörerisches Moment des auf Wachstum angewiesenen Kapitalismus. Darüber hinaus greifen andere Faktoren (wie sinkende Profitraten und Geldentwertung) in Krisenzeiten rasch ineinander. Von Marx können wir lernen, dass Wachstum nie linear und störungsfrei verläuft. Da einzelbetriebliche Planung und maximiertes Profitstreben letztlich immer zu Über- und Fehlproduktion führt, können Krisen auch als Selbstreinigungsprozess des Kapitalismus interpretiert werden. Nach der Vernichtung von Kapital in Form von mit Firmenschließungen verbunden Entlassungen kann die Profitrate wieder steigen, und die Wachstumsspirale beginnt von vorne. Von Selbstregulationsfähigkeit der Märkte im Sinne einer gerechten Verteilung kann aber nicht gesprochen werden; sie wurde bis heute nicht eingelöst. Am meisten spüren zyklisch vorprogrammierte Konjunkturschwankungen und Krisen jedoch die Arbeiter, an die sie als Lohnkürzungen oder Entlassungen weitergegeben werden.
Verwunderlich ist jedoch, dass wir spätestens seit Marx von der Instabilität und Krisenanfälligkeit der kapitalistischen Wirtschaftsweise wissen müssten. Dennoch scheint jede Krise wie ein unerwartetes Ereignis über uns hereinzubrechen bzw. wurden bis heute nur unzureichende Lösungen entwickelt. Da sich die kapitalistische Logik inzwischen auf alle Teilbereiche unserer Gesellschaften ausgeweitet hat, wo Waren oder Dienstleistungen hergestellt werden – also auch die Bereiche Bildung, Gesundheit, Infrastruktur, staatliche Verwaltung usw. (die Privatisierung und »Vermarktlichung« wird auch Kommodifizierung genannt) – und sich der Kapitalismus nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Blocks auf fast alle Länder ausgeweitet hat, hat sich auch der Krisenzyklus zu multidimensionalen Krisen ausgewachsen: als Folge und Prinzip des Wachstumszwangs. Was als Krise der Arbeitsgesellschaft bezeichnet wird, ist nur eine Sichtweise auf die Gesamtproblematik kapitalistischen Wirtschaftens. Die heutige Erwerbsgeneration müsste sich zumindest an die Vorboten der aktuellen Weltwirtschaftskrise erinnern können, die in Gestalt der Ölkrise Anfang der 1970er Jahre die sozialen und ökologischen Wachstumsgrenzen deutlich vorführten. Auch Spekulationen sind an sich nichts Neues, allerdings ist das Ausmaß der Blasen durch die Risikoanlagen (z. B. Hedgefonds, Leerverkäufe) seit den 1980er Jahren vermutlich größer als das in der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre der Fall war5.
Bisherige Krisenbewältigungsversuche
Die bisherigen Krisenbewältigungsversuche ergeben sich aus den oben vorgestellten normativen und kritischen Denkschulen. Marx und Engels erarbeiten eine Kritik der Politischen Ökonomie. Eine Chance, die Entfremdung aufgrund profitorientierter anonymer Austauschprozesse aufzuheben, sehen sie in der kommunistischen Perspektive (vgl. dazu u. a. Das Kommunistische Manifest, MEW 4). Für Marx und Engels und spätere Marxisten ist die Abschaffung des privaten Eigentums an Produktionsmitteln (z. B. Grund und Boden, Gebäude, Maschinen und Werkzeuge) eine Schlüsselfrage. Als Alternative schlagen sie eine gesellschaftliche Planung der Produktion und die Verwaltung der Produktionsmittel als gesellschaftliches Eigentum vor. Statt der Anhäufung des Mehrwerts durch wenige Eigentümer sollen kooperativ gestaltete Entscheidungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten die Aneignung der Produkte entsprechend den Bedürfnissen der Menschen ermöglichen. Weil jeder weiß, für wen er produziert, kann er im Sinne einer bedarfsorientierten Verteilung der Einkommen mitentscheiden.
Das »Kommunistische Manifest« fiel im leidgeplagten Russland auf politisch fruchtbaren Boden. Nach der Oktoberrevolution 1917 begannen die Bolschewiki mit dem Aufbau des Sozialismus in einem noch zaristisch-feudal geprägten Land. Aus heutiger Erfahrung wissen wir, dass die Kernideen zwar realisiert, kein Eigentum an Produktionsmitteln herrschte, die gemeinschaftliche Verwaltung in der Praxis aber nicht verwirklicht wurde. So scheiterte der Sozialismus u. a. am Mangel an Demokratie. Mit den diktatorischen und blutigen Auswüchsen des Stalinismus wurden auch die Hoffnungen, die vom Ideal der klassenlosen Gesellschaft ausgingen, weitgehend zerschlagen.
1989 zerfiel der Ostblock, und mit der Wende »öffneten« sich die Länder für das anscheinend bessere System, den Kapitalismus in Kombination mit parlamentarischer Demokratie6. Diesen Weg waren inzwischen die meisten westlichen Länder gegangen (allerdings ebenfalls unterbrochen von einer Diktatur, der des Nationalsozialismus). Bestätigt fühlte man sich von der rascheren Modernisierung und dem materiellen Wohlstand, weswegen es diesen Ländern nicht um die Überwindung des Kapitalismus ging, sondern um seine Verbesserung. Ob dies durch mehr Regulierung oder De-Regulierung zu erzielen sei, darüber gab es nicht nur theoretische Kontroversen. Je nach Machtverhältnissen und historischen Vorraussetzungen setzten sich vom Prinzip her einmal mehr der Staat oder einmal mehr der Markt durch. Im Folgenden gehe ich zuerst auf die Phase der verstärkten staatlichen Regulierungen in der Nachkriegszeit ein (Keynesianismus). Anschließend beleuchte ich die aktuelle Situation mit erneuten De-Regulierungen (Neoliberalismus) und weise in Rückblicken auf das Ende des 19. Jahrhunderts und die Jahrhundertwende auf Parallelen und Unterschiede zur Neoklassik hin.
Symptomdämpfende und krisenverstärkende Mechanismen
Nach dem Zweiten Weltkrieg gelang es vielen westlichen Ländern Sozial- und Umweltprobleme zu bremsen oder auszulagern. Eine einflussreiche Theorie liefert dafür John Maynard Keynes (1883 –1946). Er erkennt, dass sich die Mikro-Logik von Haushalten und Unternehmen nicht einfach auf die Makrologik einer Volkswirtschaft, eines Staates oder einer Staatengruppe übertragen lässt. Die neoklassischen Wirtschaftstheorien haben nämlich nie eine eigenständige und schlüssige Makrotheorie entwickelt. Dementsprechend verstärkten sie die Probleme in der Realwirtschaft mit falschen, nur auf die einzelbetriebliche Profitlogik zielenden Rezepten. In Anbetracht der Massenarbeitslosigkeit der 1930er Jahre setzt Keynes beim Verhältnis von Arbeitslosigkeit und Konsum an. Dabei argumentiert er nicht aus sozialer Motivation, sondern als Ökonom – er unterstreicht die Bedeutung zahlungskräftiger Lohnarbeiter als Konsumenten für die Konjunktur am Gütermarkt. Er räumt ein, dass Unterbeschäftigung eher die Regel als die Ausnahme ist und veröffentlicht in seiner Schrift »Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes« (1936) seine Ideen, wie Volkswirtschaften wieder zu Vollbeschäftigung gelangen können. In seinem nachfrageorientierten, am Konsum ansetzenden Konzept schlägt er vor, mit gezielten Interventionen am Produktmarkt in der Flaute die Konjunkturschwankungen ausgleichen. Damit würden auch Arbeitsplätze erhalten. Die Steuerung funktioniere über eine effektive Nachfrage; die Mittel für die staatlichen Investitionen sollen aus Steuereinnahmen kommen (antizyklische Fiskalpolitik). Als weiteres Problem erachtet er die Zeitverzögerung bei privaten Investitionen, weil die Menschen Spareinlagen zurückhalten. Die Investitionslücke könne ebenfalls durch Sachinvestitionen seitens des Staates geschlossen werden. Als Steuerungsinstrumente kommen eine aktive Zins- und Geldpolitik hinzu, wobei er die Abhängigkeit der Investitionen von den individuellen Renditeerwartungen herausarbeitet. Im Gegensatz zu den Neoklassikern misst er vielfältigen persönlichen Abwägungen und dem psychologischen Moment von Kauf- und Sparentscheidungen eine wichtige Bedeutung bei. Je nach Marktsituation und individuellen Konstellationen werden die Erwartungen eher optimistisch oder pessimistisch eingeschätzt. In den unsicheren Erwartungen sieht er eine weitere Quelle der Instabilität. Ihr soll mit einer ausdifferenzierten Geldpolitik begegnet