Prostatakrebs-Kompass. Dr. med. Ludwig Manfred Jacob

Prostatakrebs-Kompass - Dr. med. Ludwig Manfred Jacob


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Der im 7. Kapitel (Seite 201) beschriebene Dr. Jacobs Ernährungsplan kann insbesondere auch dabei helfen, diese zu erreichen.

      Übergewicht kann nicht nur das Rezidivrisiko für eine bereits bestehende Krebserkrankung erhöhen (Bastarrachea et al., 1994), sondern auch die Entstehung einer malignen Erkrankung fördern: Insbesondere die Hyperinsulinämie, die mit einem metabolischen Syndrom und Übergewicht einhergeht, diese kausal fördert und letztlich häufig zu Diabetes mellitus Typ 2 führt, ist ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung von Krebs (Belfiore und Malaguarnera, 2011).

      Das viszerale Fettgewebe ist sehr stoffwechselaktiv und zeichnet sich durch die Produktion von Steroidhormonen und proinflammatorischen Signalmolekülen aus. So zeigen Adipöse ein aktives, subklinisch erhöhtes Entzündungsgeschehen. Insbesondere der Transkriptionsfaktor NF-kappaB ist aktiviert. NF-kappaB steht ganz oben in der Kaskade inflammatorischer, prokanzerogener Prozesse und regt die Ausschüttung von TNF-alpha sowie von Interleukin-1 an (Braun et al., 2011). TNF-alpha interferiert mit der intrazellulären Signalkaskade des Insulins und fördert damit ebenso wie Interleukin-1 eine Insulinresistenz. Diese Insulinresistenz bezieht sich nur auf die metabolischen Wirkungen des Insulins; die mitogenen Stoffwechselwege, Zellproliferation und -migration sowie deren gesamten Auswirkungen auf die Tumorgenese bleiben unbeeinflusst und werden durch das Überangebot an Insulin sogar noch verstärkt (Belfiore und Malaguarnera, 2011). Die Insulinresistenz führt u. a. zur Hyperinsulinämie. Diese fördert wiederum die Produktion von IGF-1. Die dadurch geförderte Proliferation und verhinderte Apoptose ist bei Krebszellen und Krebsvorstufen eine fatale Kombination.

      Krebszellen überexprimieren sowohl den Insulin- als auch den IGF-1-Rezeptor, was sie besonders empfänglich für diese anabolen Stimuli macht. Die Signalkaskaden beider Rezeptoren sind hochaktiv und mit ihnen auch die mitogenen Wirkungen.

      Tumorstammzellen haben die unlimitierte Möglichkeit zur Selbsterneuerung und sind im Wesentlichen für das Überleben des Tumors und das hohe Rezidivrisiko nach Primärtherapien verantwortlich. Den IGFs und Insulin kommt auch im Stammzellstoffwechsel eine zentrale Rolle zu. Beispielsweise beruht die Pluripotenz und Regenerationsfähigkeit menschlicher embryonaler Stammzellen auf der Wirkung von IGF-2 (Bendall et al., 2007; Belfiore und Malaguarnera, 2011). Speziell Stammzellen haben einen hohen Anteil an Insulinrezeptoren vom Typ IR-A, der eine besonders hohe Affinität zu IGFs besitzt. Die Überexpression des IR-A bei Tumorstammzellen führt zur Entdifferenzierung und zu stammzellähnlichem Verhalten. IR-A induziert größtenteils mitogene Signalwege sowie antiapoptotische Signale (Belfiore und Malaguarnera, 2011).

      Die physiologische Kontrolle des Glukose-Stoffwechsels beruht auf einer phasischen Insulinsekretion in Reaktion auf die Nährstoffzufuhr und einer selektiven Expression von Insulinrezeptoren in den Zielorganen. Wann immer eine oder mehrere dieser Regulationsebenen gestört sind, wird die mitogene und antiapoptotische Wirkung des Insulinrezeptors verstärkt und kann die Entstehung von Krebs fördern. Anhaltende Hyperinsulinämie auf der einen Seite und aberrante IR-Überexpression auf der anderen Seite sind daher verbunden mit Krebsinitiierung und -förderung (Belfiore und Malaguarnera, 2011).

      Die akute Entzündung ist eine lebenswichtige Immunantwort. Sie dient dazu, Krankheitserreger zu zerstören und Wunden zu heilen. Wenn der komplexe entzündliche Prozess jedoch chronifiziert und entgleist, kann dieser auch zu Herzinfarkt, Krebs, Diabetes, Alzheimer-Demenz und zahlreichen Autoimmunerkrankungen führen. Sehr lange nicht beachtet, sind verschiedene Krankheitserreger (z. B. Helicobacter pylori), die chronische Entzündungen verursachen, inzwischen als wichtige prokanzerogene Faktoren anerkannt. Weltweit werden Infektionen für 15 % aller Karzinome verantwortlich gemacht (Kuper et al., 2000). Die Rolle von Entzündungsprozessen bei der Immortalisierung von Krebsstammzellen wurde ausführlich dargestellt.

      In einem Review von Schottenfeld und Beebe-Dimmer (2006) werden 20 - 25 % der Krebsfälle in Entwicklungsländern und 7 - 10 % der Krebsfälle in den industrialisierten Ländern auf chronische Entzündungen zurückgeführt. Die Auswirkungen chronisch inflammatorischer Prozesse sind komplex und können hier nur kurz aufgegriffen werden.

      Jede Entzündung führt zu oxidativem und nitrosativem Stress, da sich die Immunabwehr freier zytotoxischer Sauerstoff- und Stickstoffradikale bedient. Auf Dauer führt dies zu einer Erschöpfung der körpereigenen antioxidativen Reserven. Diese sind aber insbesondere für den Schutz der Erbinformation des Zellkerns und der Mitochondrien sowie für die Energiegewinnung der Mitochondrien absolut essentiell. Der Dauerstress führt u. a. zu einer Fehlregulation von Transkriptionsfaktoren (NF-kappaB) und zu Veränderungen der Zellsignalwege, der Genregulation und -expression sowie des Immunsystems (z. B. TH1-TH2-Shift; King et al., 2006).

      Insbesondere durch die Regulation proinflammatorischer Cytokine und deren Signalwege nach oben wird die Kanzerogenese auf all ihren Stufen vorangetrieben. Entzündungszellen wie Makrophagen und Mastzellen scheiden angiogenetische Faktoren und Cytokine wie den Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-alpha), Interleukin-1 und VEGF aus, die zur vermehrten Zellproliferation führen. Durch die entzündungsbedingte NF-kappaB-Aktivierung wird zusätzlich die Apoptose gehemmt, was Tumorzellen quasi unsterblich macht.

      Chronische und rezidivierende Prostatitiden erhöhen den oxidativen Stress in der Zelle und begünstigen die Entstehung eines Prostatakarzinoms (Nelson et al., 2004). In der Transitionalzone der Prostata sind bei Patienten mit benigner Prostatahyperplasie (BPH) Entzündungen in unterschiedlicher Ausprägung ein sehr häufiger Befund.

      Auch epidemiologische Studien zeigen einen signifikanten Zusammenhang zwischen Entzündungen und der Entwicklung eines Prostatakarzinoms. Aus der Metaanalyse von Fall-Kontroll-Studien ergab sich ein 1,8-faches relatives Risiko (Dennis et al., 2002). In einer Fall-Kontroll-Studie, die an 409 Männern mit Prostatakarzinom durchgeführt wurde, betrug das relative Risiko 2,5 für Männer mit akuter bakterieller Prostatitis und 1,6 für eine chronische bakterielle Prostatitis (Roberts et al., 2004).

      Auch wenn bei Prostatitiden in nur 5 - 10 % der Fälle ein Krankheitserreger ausfindig gemacht werden kann (Weidner et al., 1991), können entzündliche Infektionskrankheiten in der Vorgeschichte nachweislich eine Rolle spielen: Eine Metaanalyse zeigte, dass Männer, welche zuvor mit Treponema pallidum (2,3-faches Risiko) oder Gonokokken (1,3-faches Risiko) infiziert waren, ein gesteigertes Prostatakarzinomrisiko hatten (Dennis et al., 2002). Ein vergleichbarer Befund ergab sich für Trichomonaden bei einer Untersuchung an 691 Männern (Sutcliffe et al., 2006).

      Eine PCR-Analyse zur Detektion von bakterieller 16S rRNA ergab eine sehr hohe Korrelation von Prostatitis und der Anwesenheit von Bakterien, was nahelegt, dass diese viel häufiger als diagnostiziert Prostatitis auslösen (Hochreiter et al., 2000). Wie PCR-Untersuchungen von Prostatakarzinomen auf virale und bakterielle DNA von 83 Erregern ergaben, verteilen sich die Mikroorganismen nicht homogen auf das Prostatagewebe sondern bilden abgegrenzte Herde, welche möglicherweise die Entstehung des späteren Karzinoms, das ja ursprünglich immer aus einem lokalen Zellklon entsteht, begünstigen (Sfanos et al., 2008). Dies dürfte auch deshalb interessant sein, weil in einer Prostata häufig multiple Karzinome feststellbar sind, die sich auch getrennt voneinander entwickelt haben können.

      Erreger


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