Speck Schnaps Mord. Ernest Zederbauer
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ERNEST ZEDERBAUER
SPECK
SCHNAPS
MORD
EIN WALDVIERTEL-KRIMI
Inhalt
1
Karl Adamek, Fleischhauer aus Hochstätt, hatte wieder einmal zu viel getrunken. Seine Vorliebe für Alkohol in jeglicher Form war amtsbekannt, zweimal war ihm bereits der Führerschein abgenommen worden. Sämtliche Polizisten des Bezirks hatten ein Auge auf ihn geworfen, sodass man ihn immer wieder aufhielt und blasen ließ. Das führte wiederum dazu, dass er nicht nur alle Polizisten im Umkreis von fünfundzwanzig Kilometern kannte, sondern auch alle Alkomaten. Es schien beinahe so, als ob Adamek im Laufe der Jahre zu einer fixen Idee in den Köpfen der Beamten geworden wäre und dadurch ihre Jagdleidenschaft entfacht hätte. Der Vorsatz, „den Adamek wieder einmal blasen lassen“, hatte sich in ihren Denkschablonen eingraviert, quasi frei nach der uralten Waldviertler Weisheit „Amol a Bsuff, imma a Bsuff!“.
So wie die Polizei nicht umhin kam, den Fleischhauer immer und immer wieder zu kontrollieren, so konnte sich dieser sein tägliches Quantum Alkohol nicht abgewöhnen. Tagtäglich, mit Ausnahme des Sonntags, stand er in aller Herrgottsfrühe auf, trank hastig einen Kaffee, aß eine Wurstsemmel dazu und ging in die Fleischbank. Sein einziger Geselle, ebenfalls dem Alkohol zugeneigt, kam um fünf. Im Medikamentenkasten, der vorschriftsmäßig an der Wand hing und in regelmäßigen Abständen vom Arbeitsinspektor auf seine Vollständigkeit hin überprüft wurde, stand eine Flasche mit der Aufschrift „Alkohol 100 %“. Nach Karls Aussage diente dieser zum Desinfizieren von Schnitt- und Stichwunden, die bei der gefahrvollen Tätigkeit des Schlachtens und Zerstückelns passieren konnten. In Wahrheit handelte es sich aber um einen Korn, welcher, in großen Schlucken genossen, laut Karl eine sichere Hand bei der Arbeit gewährleistete. Die ofenwarme Stockwurst, die sich die beiden zur Jause gönnten, spülte man am späten Vormittag mit reichlich Bier hinunter, sodass bereits am frühen Nachmittag der lebensnotwendige Alkoholspiegel der beiden Fleischhauer erreicht war.
Dieser besondere Umstand, durch übermäßigen Fleischkonsum zur Potenz verstärkt, führte dazu, dass beide an schmerzhaften Gichtanfällen litten, welche sie in regelmäßigen Schüben immer wieder überfielen. Die Gewöhnung an diese heimtückischen Attacken der Harnsäure war jedoch kein Grund für sie, ihre Lebensumstände zu ändern. Für den Gemeindearzt, der auch eine kleine Hausapotheke führte, war dies ein einträgliches Geschäft. Da er aber wusste, dass jeglicher Hinweis auf eine vernünftige Lebensweise sinnlos wäre und außerdem seinem Geschäft schaden würde, verzichtete er auf jegliche Belehrung.
Von Montag bis Donnerstag schuftete Karl wie ein Berserker. Dann hatte er sein Wochenpensum beendet, waren alle Würste gewurstet, alles Fleisch schön ausgelöst und portioniert, alles, was zu selchen war, geselcht. Ehefrau Eva und Tochter Monika schupften derweil den Laden. Freitags gab es Fisch, denn diesen Tag hielt man auch in der Fleischerfamilie fleischlos. Nachmittag ging er dann auf große Fahrt, wie er es nannte. Da besuchte er seine Fleischlieferanten auf den Höfen. Er kam gerne zu den Bauern, denn er wusste, dass sie ausgezeichnete Ware lieferten, da ihre Schweine und Kälber nur biologisches Futter bekamen. Natürlich wurde gehandelt, das gehörte dazu. Doch Karl Adamek bot stets einen fairen Preis, da er der löblichen Ansicht war, dass für gute Ware ein guter Preis gerechtfertigt sei. Die Bauern schätzten ihn deswegen und nach altem Brauch wurde jeder Verkaufsabschluss per Handschlag besiegelt. Man vertraute einander und weil auch das dazugehörte, stand auch bald ein Doppelliter des Grünen Veltliners, von Feinspitzen zu Unrecht als Landessäure verteufelt, auf dem Tisch. Da Adamek aber an solchen Freitagnachmittagen, die meist bis spät in die Nacht dauerten, mehrere seiner Lieferanten besuchte, kam eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Achterln zusammen, welche wiederum die höchstzulässige Promillegrenze auf gefahrvolle Art und Weise bei Weitem überschritten.
Die Hochstätter Polizei, personalmäßig mit sechs Mann eher dürftig ausgestattet, kannte Karl Adamek und all seine Schleichwege, im Volksmund Alkoholstraßerl genannt, in- und auswendig. Die beiden älteren Herren, die sich dann und wann gewohnheitsmäßig eine Stange Braunschweiger, ein geselchtes Bauchfleisch oder einen Kranz Dürre als Tribut abholten, waren nicht zu fürchten. Die vier Jungspunde jedoch, die noch immer nicht kapiert hatten, dass man die Alteingesessenen zu respektieren hatte, die scheute Adamek wie der Teufel das Weihwasser. Wenn diese am Freitag ihren Dienst versahen, dann griff er zum Mineralwasser.
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