Spitzenleistungen in der Steuerberatung. Stefan Lami
fast ausschließlich um Zahlen kreist: Der aktuelle Jahresabschluss, die monatliche betriebswirtschaftliche Analyse, betriebliche Kennzahlen – in Beratungsgesprächen stehen Zahlen im Mittelpunkt. In Vergleichen, Prozent- und Steigerungssätzen bzw. Verhältniswerten werden hier Zahlen analysiert – unpersönlich, abstrakt, detailverliebt, teilweise auch realitätsfern. Dabei wird allzu leicht vergessen, dass jede Zahl das Ergebnis einer menschlichen Aktivität ist: Ein Kunde, der für das Produkt oder die Leistung bezahlt, ein Mitarbeiter, der das Produkt erstellt oder für den Kunden eine Dienstleistung erbringt, ein Lieferant, der das Unternehmen mit Waren versorgt. Machen wir uns also klar: Jahresabschlüsse bilden Handlungen von Menschen ab. „Sich auf die Zahlen zu konzentrieren”, wie es in der Steuerberatungsbranche gefordert wird, ist also ein dramatische Verkürzung der Wirklichkeit und offenbart ein Wahrnehmungsdefizit.
Gewiss, es ist nicht leicht, die Herausforderung anzunehmen, die sich aus der Erkenntnis ergibt, dass der Mensch im Mittelpunkt steht. Die sich hieraus ergebenden Probleme sind komplexer und deshalb schwieriger zu lösen als fachliche Fragen zu beantworten, Entscheidungen über EDV-Systeme zu treffen, Marketingbudgets festzulegen oder etwa die Prozesse zur Qualitätssicherung zu definieren. Letztlich muss man sich dieser Herausforderung aber stellen, denn letztendlich erhalten wir „alles” im Leben von anderen Menschen.
1. Konsequenzen aus der These „Quelle Mensch”
5Selbst wenn Sie nicht überzeugt sein sollten, so bitte ich Sie doch, sich auf die These von der „Quelle Mensch” als Erfolgsfaktor für erfolgreiches Wirtschaften weiter einzulassen. Es geht im Folgenden nämlich um die erstaunlichen Konsequenzen für Ihr berufliches Handeln:
6Erste Konsequenz: Wenn ich im Leben „mehr” (von was auch immer) erhalten möchte, muss ich anderen Menschen mehr von dem geben, was sie wollen, damit sie mir – freiwillig – mehr von dem geben, was ich will.
Genauso wie wir im Leben alles von anderen Menschen erhalten, sind wir selbst „Quelle Mensch” für andere Menschen – mit ihnen verbunden wie in einem Modell kommunizierender Gefäße. Aus privaten Partnerschaften ist uns dieses Bild vertraut: Das, was man erhält, ist ziemlich genau das Resultat dessen, was man selbstlos in die Beziehung hineingibt. Warum sollte das im Berufsleben anders sein?
7Zweite Konsequenz: Daher sollte ich erstens wissen, was ich will, zweitens wissen, was andere Menschen wollen und drittens beides kommunizieren.
Viele scheitern schon am „wissen, was ich will”. Wie aber, so muss man dann fragen, können mir andere Menschen bei der Erreichung meiner Ziele helfen, wenn ich selbst nicht einmal weiß, welches Ziel ich verfolge?4) Die Antwort lautet schlicht: gar nicht! Ohne Ziel ist jeder Weg der richtige und man kommt nie an. „Wenn man nichts mehr erreichen möchte, ist man so gut wie tot.” In der Unternehmenssphäre wird diese Mahnung als Aufforderung verstanden, sich ständig weiterzuentwickeln, im Privatleben verhallt dieser Appell oft ungehört.
Zu wissen, was andere Menschen erreichen möchten, ist ein Schlüssel zum Erfolg. Unternehmen, die die Wünsche und Erwartungen Ihrer Kunden und Mitarbeiter erfüllen, sind zwangsläufig erfolgreich. Es scheitern jene, die die Erwartungen der anderen nicht kennen und sie daher auch nicht erfüllen können; das gilt auch für den privaten Bereich. Je mehr man von „den anderen” weiß und ihnen hilft, ihre Ziele zu erreichen, desto wahrscheinlicher wird der eigene Erfolg. Ein Leitsatz im Kundenmarketing lautet: Es ist schwierig genug, bekannte Erwartungen zu erfüllen. Es ist nahezu unmöglich, unbekannte Erwartungen zu übertreffen. Wenn Sie also Ihre Mandanten begeistern wollen, müssen Sie deren Erwartungshaltung kennen.
8Ohne Kommunikation ist „alles nichts”. Kommunikation ist das Verbindungsglied zwischen Menschen. Erst dann, wenn der Dialog mit den anderen eröffnet ist, kann aus dem Zusammenspiel des Wissens über meine Ziele mit den Erwartungen anderer Menschen wirtschaftlicher Erfolg wachsen. Ohne Kommunikation… passiert nichts.
Die hier genannten Konsequenzen der Ausgangsthese „Quelle Mensch” erscheinen banal und trivial – thematisieren Offensichtliches. Verblüffend ist aber, dass sie die Basis jeder erfolgreichen Unternehmensentwicklung sind: Sie
zeigen, dass Kanzleiziele unabweisbar wichtig sind. |
begründen die Notwendigkeit, kontinuierlich die Erwartungen von Mitarbeitern und Mandanten zu erforschen und das eigene Handeln daran auszurichten. |
demonstrieren die unumschränkte Macht der Kommunikation für den Erfolg. |
9Dritte Konsequenz: Energie gewinnt man vor allem aus der Begegnung mit den „richtigen” Menschen. Energie verliert man vor allem durch die Begegnung mit den „falschen” Menschen.
Menschliche Energie ist nicht messbar. Sie ist jedoch spürbar. Jede Besprechung, die Sie energiegeladen führen, wird signifikant bessere Ergebnisse bringen. Die Wirkung einer Energie versprühenden körperlichen und geistigen Verfassung ist nahezu unbegrenzt. Ein wirklich Entschiedener, der sein Ziel kennt, ist die Mehrheit. Er wird den Rest überzeugen. Fehlende Energie hingegen ist der Grund dafür, warum Veränderungsprojekte in der Umsetzungsphase häufig stecken bleiben – sie werden nur halbherzig, kraftlos und mutlos vorangetrieben. Wenn dann das Projekt auch noch unprofessionell gemanagt wird, muss es scheitern.
Analysieren Sie deshalb, an welchen Tagen Sie abends ausgelaugt und erschöpft sind. Sie werden feststellen, dass eine – vielleicht sogar die wichtigste – Ursache der Erschöpfung die Gespräche waren, die Sie während des Tages geführt haben: unangenehme Auseinandersetzungen mit nörgelnden Mandanten, frustrierende Personalgespräche mit unzufriedenen Mitarbeitern oder eine Besprechung im Führungskreis, die an ein Treffen profilneurotisch veranlagter Führungskräfte erinnerte. Ganz anders fühlen Sie sich hingegen nach einem Tag, an dem Sie mit positiv eingestellten Menschen gesprochen haben. Natürlich haben auch diese Begegnungen Kraft gekostet, gleichzeitig haben sie Ihnen aber auch zusätzliche Energie vermittelt. Sie fühlen sich gut. Sie sind beflügelt. Sie möchten weiter machen. Sie sehnen sich nach weiteren Begegnungen dieser positiven Art.
10”Undenkbar, unrealistisch und überzogen!” Sind das Ihre Gedanken bei dieser Vorstellung? Oder denken Sie, „wow, das würde ich mir wünschen. Wie geht das?” Wie dem auch sei, es ist wichtig, die Zusammenhänge zu erkennen: Energiespendende Erfahrungen lassen sich bewusst herbeiführen, und zwar als zwingende Folge des eigenen Verhaltens. Stecken Sie daher Ihre ganze Energie in diese Gespräche. Alles, was Sie leisten können. Wirklich alles. Menschliche Begegnungen sind – jedenfalls auf lange Sicht – wie kommunizierende Gefäße, die man selbst füllen muss. Darauf zu warten, dass „der andere” beginnt, ist zu wenig.5)
Es liegt in der Natur der Sache, dass es Menschen gibt, die trotz Ihres energievollen Engagements nur sehr wenig zurückgeben. Von diesen Menschen sollten Sie sich trennen. Es ist auf Dauer für beide der bessere Weg. Dem einen oder anderen der so genannten C-Mandanten zu kündigen, sorgt für einen Energieschub in der Kanzlei. Sich von einem Mitarbeiter zu trennen, mit dem kein gemeinsamer Weg auszumachen ist, sorgt für Motivation im Team. Aber Achtung: Machen Sie sich die Sache nicht zu einfach. Überprüfen Sie stets äußerst kritisch, ob Sie wirklich alles gegeben haben, bevor Sie sich trennen.
11Vierte Konsequenz: Kümmere dich um andere und es geht dir besser.
Anderen Menschen zu helfen, ist ein wirksames Anti-Depressivum. Forschungen zeigen, dass man dadurch sogar depressionsresistent wird. Nicht die klinische Perspektive ist interessant, sondern die Tatsache, dass das eigene Wohlbefinden, der eigene Erfolg darauf fußt, andere