Stress-Familie Robinson. Adrian Plass

Stress-Familie Robinson - Adrian Plass


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Gesicht hatte schon fast wieder seine normale Farbe angenommen. „Also, wenn du dir sicher bist, Dip …“

      „Ganz sicher.“

      „Sie ist sich sicher“, sagte Kathy und stand entschlossen auf. „Fangen wir an zu packen.“

      Auch Mike kam auf die Beine, doch als sie sich am Tisch gegenüberstanden, spürte ich, dass eine neue Spannung aufgetaucht war. Konnte es sein, dass der eigentliche Packstreit, von dem Kathy gesprochen hatte, nun bevorstand?

      Genauso war es. Mike führte den Eröffnungsschlag.

      „Liebling, lass uns diesmal wirklich systematisch vorgehen. Wir haben insgesamt fünf große Koffer, das ist doch richtig, nicht wahr?“

      Kathys Unterkiefer bewegte sich einen Moment lang lautlos. Ihre Finger trommelten leise auf der Tischkante herum. „Was stimmte denn nicht damit, wie wir es das letzte Mal gemacht haben?“

      Mike zog sich in Richtung Fenster zurück, eine Hand erhoben, als wollte er schon die volle Aufmerksamkeit auf sich ziehen, während er sich noch seine Argumente zurechtlegte. Ich weiß nicht, ob Ihnen schon einmal Leute wie Mike begegnet sind. Wenn ja, dann wissen Sie, dass sie zwar im Allgemeinen sanftmütig und nicht auf Konfrontationen aus sind, aber bei ganz banalen Dingen plötzlich wie besessen reagieren können. Schon jetzt, ganz zu Anfang der ausbrechenden Debatte, zitterte Mike vor mühsam beherrschter Leidenschaft.

      Seltsam, aber wahr.

      „Nun komm schon“, sagte Kathy gereizt, „sag mir, was falsch daran war, wie wir gepackt haben, als wir nach Frankreich gefahren sind.“

      Mike drehte sich zu seiner Frau um und klammerte sich mit beiden Händen hinter dem Rücken an die Kante des Spülbeckens, als hätte er Angst, wenn er losließe, könnte er, von seiner Leidenschaft aufgeblasen, langsam zur Decke aufsteigen und dort hängen bleiben wie ein Heliumballon.

      „Nicht viel - nur, dass ich nicht mitmachen kann, wenn du es organisierst. Am Ende sitzen wir in einem Meer von Kleidern und Schuhen und Büchern und diesem und jenem, das die Koffer irgendwo unter sich begräbt, und ich wate mit einer kleinen Tischdecke in der Hand hindurch und frage mich, wie sie wohl in deinen Generalstabsplan passt.“

      Mike geriet jetzt richtig in Bewegung, wippte in rasantem Rhythmus auf den Füßen auf und ab und klang wie jemand, der vor einer gefürchteten, unausweichlichen emotionalen Krise steht.

      „Ich weiß nicht, wo irgendetwas ist!“, fuhr er wild fort. „Ich weiß nicht, wo irgendetwas hinkommt - ich weiß nicht, was vor sich geht, und ich …“

      Kathy beendete den Satz ihres Mannes mit beißendem Spott. „Und du fängst an, den Kopf zu schütteln und durch die Zähne zu zischen und davon zu reden, dass es dir wegen deiner übermäßig geordneten Kindheit sehr schwer fällt, mit Chaos fertig zu werden.“

      Während der kurzen Stille, die darauf folgte, sackte Kathy zurück auf ihren Stuhl, stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte das Kinn erschöpft auf die Hände.

      „Das tue ich nicht“, sagte Mike mit empört aufgerissenen Augen.

      Kathy sah ihn nicht einmal an. „Du tust es ja beinahe jetzt schon, dabei haben wir noch nicht einmal angefangen.“

      Mike drehte sich mit vermeintlich heldenhafter Selbstbeherrschung steif um und starrte zum Fenster hinaus. „Sieh mal, ich sage ja nur, dass wir es mal auf meine Art versuchen und sehen könnten, wie wir damit klarkommen - wir könnten es doch nur einmal versuchen, meine Güte. Mehr sage ich ja gar nicht.“

      „Und worin genau besteht deine Art?“

      Erfreut über die Gelegenheit, es ihr zu erklären, fuhr Mike herum und begann, in der Küche auf und ab zu marschieren und zu Kathy zu sprechen, als wäre sie eine Schulklasse voller ABC-Schützen.

      „Also, wir bringen alle fünf Koffer hinaus in den Garten, ja? Und …“

      „Und … legen sie hübsch ordentlich in einer Reihe hin …“ Kath schien schon zu wissen, was jetzt kommen würde.

      „Wir legen sie mit offenen Deckeln in einer Reihe hin, nummerieren sie von eins bis fünf und einigen uns darauf, welche Art von Gepäck in jeden davon kommt; dann holen wir die Sachen Stück für Stück aus dem Haus und füllen damit die Koffer, bis nichts mehr im Haus ist, das in die Koffer gehört.

      Abgesehen von allem anderen würde es so viel mehr Spaß machen. Du sagst zu mir:, Hier ist ein Hemd, Mike, das kommt in Nummer drei‘, und ich gehe hinaus und lege es in Nummer drei. Dann sagst du vielleicht:, Hier ist ein Paar Schuhe, Mike, die kommen in Nummer fünf‘, also lege ich sie in Nummer fünf und komme zurück, um das Nächste zu holen, und so weiter. Dann könnten wir uns abwechseln, und ich würde sagen:, Hier ist eine Bluse, Kath, die kommt in Nummer vier‘, und du gehst hinaus und legst sie in Nummer vier; dann kommst du zurück und holst die nächste Sache und so weiter.“

      Kathy stöhnte, als hätte sie Schmerzen.

      „Dann, wenn alles drinnen ist, machen wir die Koffer zu, und das war's. Die Packerei ist erledigt, alles ist fertig, und wir müssten uns nicht durch Wälder von Mänteln und Unterwäsche kämpfen, um auch nur den Fußboden zu finden.“

      Ermutigt durch die, wie er offensichtlich meinte, überwältigende Durchschlagskraft seiner eigenen logischen Beweisführung, stellte Mike sein Auf- und Abmarschieren ein, setzte sich wieder Kathy gegenüber und appellierte an sie, sich nicht der Vernunft zu verschließen.

      „Findest du das nicht auch vernünftig, Kath? Wie könnte es nicht vernünftig sein? Wie in aller Welt? Komm schon - sag mir, was daran unvernünftig sein könnte. Es liegt doch so nahe. Das siehst du doch bestimmt ein, nicht wahr?“

      Kathy verschränkte ihre Arme, lehnte sich auf dem Stuhl zurück, sah in die beschwörenden Augen ihres Mannes und sprach mit unerbittlicher Gelassenheit.

      „Michael, ich möchte dazu folgende Bemerkungen machen. Zuerst lass uns den Unterschied zwischen deiner und meiner Methode betrachten. Dein System ist vielleicht ordentlich und logisch, aber es würde ungefähr ein Jahr dauern, um auf diese Weise alles gepackt zu kriegen. Es wäre eher so etwas wie ein ständiges Hobby als eine Aufgabe, die wir hinter uns bringen müssen. Meine Methode dagegen mag dir chaotisch und undurchschaubar erscheinen und unsägliche Qualen bereiten, aber sie würde dazu führen, dass wir mit dem Packen fertig werden, bevor wir nach Amerika aufbrechen - was ein durchaus wünschenswerter Detailaspekt an meinem Ansatz ist, meinst du nicht? Zudem finde ich zwar die Vorstellung ausgesprochen rührend, dass du und ich bis ans Ende der Zeit fröhlich mit Hemden und Blusen und Schuhpaaren hin und her traben, aber ich habe nicht die Absicht, draußen im Garten, Hänsel und Gretel fahren in die Ferien‘ zu spielen, nur um deine Perfektionsneurose zu befriedigen. Du durchschaust zwar vielleicht nicht, was vor sich geht, wenn ich packe, aber ich habe den Überblick. Und da es am Ende sowieso an mir hängen bleibt, kommt es eigentlich nur darauf an, oder? Warum hilfst du nicht Dip hier in der Küche und überlässt das Packen mir, dann musst du dir überhaupt keine Gedanken darüber machen, nicht wahr? Wie findest du das?“

      „Dann soll ich dir also nicht helfen?“

      Etwas verriet mir, dass wir nun endlich zum eigentlichen Gegenstand der Diskussion gekommen waren.

      „Natürlich möchte ich, dass du mir hilfst - wenn du es wirklich ernst meinst. Was ich nicht ausstehen kann, ist, wenn du schnaufend und schnaubend herumläufst und dich aufregst, dass du nichts tun kannst, während ich damit beschäftigt bin, es zu tun.“

      „Soso …“, sagte Mike und versuchte verletzt zu klingen, jedoch ohne rechte Überzeugung. „Dann kann ich ja hier bleiben und Dip helfen, wenn du es so siehst. Übrigens, Dip, was hältst du denn von meiner Packmethode?“

      Ich wollte den Robinsons eine echte Freundin sein.

      „Lächerlich“, sagte ich lächelnd, „rührend, aber lächerlich. Überlass es Kathy.“

      Ich fand es herrlich, wie die beiden lachten.

      Später, als Mike und ich Seite an


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