Der mondhelle Pfad. Petra Wagner

Der mondhelle Pfad - Petra Wagner


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willst du das ganze Viehzeug alleine unterhalten, Großmutter Mara?! Das schaffst du doch nie!“

      Mara gluckste vergnügt und tätschelte ihm die Wange.

      „Ihr nehmt natürlich etliches Vieh mit. Davon wird ein Teil abgegeben, je nachdem wie groß der Clan ist. Diese Tiere kommen sogar auf gesonderte Weiden, damit nichts verwechselt wird. Euer Nutzvieh kommt ebenso extra, ihr braucht schließlich frische Milch und Eier.“

      „Gut, das habe ich verstanden, aber was ist mit dem Stier? Dem möchte ich nicht allein gegenüberstehen!“

      „Der wird auf dem Viehmarkt mit einem anderen Zuchtstier getauscht. Arminius wird sich um ihn kümmern. Bei dem ist er folgsam wie ein Lämmchen, besonders wenn er die schmackhafte Kräutermischung von Flora intus hat“, kicherte Mara verschlagen, doch Loranthus grübelte immer noch, also ergänzte sie: „Das Viehzeug was hier im Dorf bleibt, kommt auf solche Weiden, dass ich nur noch das Gatter aufmachen muss und sie können die nächste abgrasen. Die Gänse versorgen sich selbst, die Hühner kommen abends von alleine … Du siehst, Loranthus, wir machen das nicht zum ersten Mal.“

      Sie tätschelte ihn wieder.

      „Und wenn es doch mal Probleme geben sollte, ist das nächste Dorf nicht weit, ich habe ein Signalhorn.“ Was sie allerdings nicht brauchen würde, weil sich die alten Leute der umliegenden Höfe immer in einem Dorf trafen. Sie kümmerten sich gemeinsam um das Vieh, aßen zusammen, erzählten, tanzten und was man sonst noch zusammen machen konnte, auch wenn man alt war. Aber das verriet sie ihm nicht. Er hatte ja selbst einen Kopf zum Denken.

      Loranthus kam zwar nicht auf derlei Gedanken, aber er machte sich nun keine Sorgen mehr um Großmutter Mara. Daher konnte er sich endlich dem auffordernden Blick von Silvanus zuwenden, sogleich besann er sich auf seine eigenen Probleme.

      „Viviane, wie viel kosten die beiden sandfarbenen Hengste, die du von zwei Chatten … äh übernommen hast? Ich würde sie dir gerne abkaufen.“

      Viviane ruckte verdutzt hoch und sah plötzlich zwei Männer vor sich, die überheblich grinsten. Hinter ihren streitlustigen Visagen sah sie ihren Vater, der anscheinend versuchte, ein stummes Zwiegespräch mit ihr zu führen. Sie schüttelte den Kopf und riss sich zusammen.

      „Die kosten nichts, Loranthus. Das ist unser Gastgeschenk an dich.“

      „Beim Hermes! Ihr könnt mir doch nicht solch ein wertvolles Gastgeschenk machen!“, entfuhr es Loranthus. Im gleichen Moment wurde er sich seiner Lautstärke bewusst und er hob begütigend die Hände, erst vor Viviane, dann vor Arminius.

      „Arminius! Ich weiß doch, wie viel euch Pferde hier bedeuten! Das kann ich nicht annehmen!“

      Arminius legte seine Hände geschlossen auf den Tisch und öffnete sie, als wolle er ihm etwas reichen.

      „Loranthus. Gerade deshalb machen wir sie dir zum Geschenk. Nimmst du es nicht an, beleidigst du nicht nur Viviane und mich, sondern unsere gesamte Familie.“

      Loranthus zuckte zurück und wedelte entsetzt mit den Händen.

      „Natürlich würde ich gerne euer Geschenk annehmen und immer in Ehren halten … aber …!“

      „Aber was?!“

      Loranthus sackte in sich zusammen. Abrupt richtete er sich kerzengerade auf und hielt sich an seinem Tonbecher fest.

      „Ich bleibe hier.“

      Alle starrten ihn an, als ob der Minotaurus von Kreta höchstpersönlich seinen Becher heben täte. Oh, er hatte Hände der Minotaurus, und er konnte sogar trinken, ohne zu sabbern, obwohl er zitterte. Er verhedderte sich auch nicht mit seinen Hörnern, als er sich durch die Mähne strich und stellte den Becher sehr gesittet auf den Tisch zurück. Manieren hatten sie, diese kretischen Stiere, eindeutig.

      Loranthus lugte vorsichtig von einem zum anderen, schielte auf seine Hände und entdeckte einen Fingernagel, den es abzuknabbern galt.

      „Also. Elektra will mich …“ Er holte tief Luft und widmete sich dem Problem. „ … nägseslunasaheiradn.“

      „Nächstes Lugnasad heiraten“, wiederholte Arminius, um sicher zu gehen, dass er richtig verstanden hatte, grinste von einem Ohr zum anderen und reichte ihm einen Nagelschneider.

      Loranthus nahm ihn dankend entgegen und lugte mit gesenktem Kopf in die Runde. So viele blitzende Zähne auf einmal hatte er noch nie gesehen. Es schien, als wollten sie ihm beweisen, wer die Mundwinkel bis zu den Ohren ziehen konnte, sogar Armanu machte mit und gewann eindeutig. Aber sie lachte wohl eher über Loranthus, weil sie öfters solche Grimassen zu sehen bekam, wie er gerade zum Besten gab.

      Loranthus wurde diese Tatsache nun auch bewusst, räusperte sich und strich sich über seine neue Frisur.

      „Eigentlich wollte ich sie fragen, ob sie mich heiraten will. Aber sie hat mich gar nicht zu Wort kommen lassen und hat stattdessen mich gefragt. Ich komme mir wirklich vor, wie ein Stier, der von einer Maid geritten wird. Das fühlt sich …“

      „ … guuut an“, beendete Silvanus und klatschte Loranthus seine Hand auf den Rücken. Er kippte aber nicht so weit vor wie erhofft.

      „Du weißt doch, Loranthus, bei uns entscheiden die Weiber, wen sie heiraten wollen und das ist auch gut so. Stell dir nur mal vor, du hättest ein Weib, was dich gar nicht will! Du könntest nachts kein Auge zu tun!“

      „Gefährliche Sache, so ein Weib“, pflichtete nun auch Conall bei und gab Noeira einen Kuss. „Aber du brauchst dich wirklich nicht gegängelt wie ein Ochse fühlen, Loranthus. Elektra ist nicht nur eine Maid, sondern auch die Tochter eines angesehenen Königs. Sie muss die Initiative ergreifen, sonst wäre sie ihrem Rang nicht würdig. Verstehst du?!“

      Loranthus sah ihn erstaunt an.

      „Daran habe ich gar nicht gedacht! Ja, jetzt verstehe ich.“

      „Nun wäre also alles geklärt.“

      „Nein, nicht ganz“, rief Viviane und stand auf. „Wenn du bei uns bleibst, kannst du natürlich auch kein Gastgeschenk bekommen.“

      „Du brauchst sie mir ja nicht schenken, Viviane! Ich kauf sie dir ab! Ich habe noch genug Gold!“ Er sprang auf. „Echte griechische Drachmen aus Gold! Damit kannst du den ganzen Markt leer kaufen, Viviane! Ich hole sie mal runter!“

      Loranthus wollte zur Treppe stürmen, doch Viviane vertrat ihm den Weg.

      „Dein Gold interessiert mich nicht, Loranthus. Du weißt doch, ich darf meinen Besitz nicht verkaufen.“

      „Aber, Viviane! Ich muss in diesem einen Jahr bis zur Hochzeit schnell nach Kreta, meinem Vater alles erklären und dann zu Beltaine … spätestens zu Lugnasad … muss ich wieder hier sein! Das schaffe ich nie und nimmer ohne Pferde!“

      „Such dir von meinen welche aus“, bot Silvanus an.

      Loranthus ließ die Schultern hängen und Silvanus verstand ihn sofort. Die Pferde aus seiner Kriegsbeute waren bei weitem nicht so kräftig wie die von Viviane. Sie stand da und wartete geduldig, bis er sich wieder ihr zuwandte, drückte ihn auf die Sitzbank zurück und setzte sich gegenüber.

      „Loranthus. Kommst du denn nicht von alleine drauf?“, fragte sie mit leicht enttäuschtem Unterton und rieb ihre Hände gegeneinander.

      War ihr kalt? Nachdenklich runzelte er die Stirn.

      „Nein. Auf was soll ich von alleine dr …“ Seine Hand klatschte schallend auf seine Stirn. „Doch! Jetzt weiß ich’s! Wir machen einen Tausch! Aber …“ Er sah an sich herab und zeigte seine leeren Hände. „ … was könnte ich dir zum Tausch gegen ein paar Pferde anbieten? Ich habe nichts weiter außer Gold!“

      Viviane lächelte erfreut.

      „Zwei Wünsche.“

      „Zwei Wünsche?“

      „Ganz genau! Ich gebe dir zwei Pferde und du gibst mir die Erfüllung


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