Sphärenwechsel – Tagebuch eines inkarnierten Engels. Sybilla Seraphina Mewes

Sphärenwechsel – Tagebuch eines inkarnierten Engels - Sybilla Seraphina Mewes


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etwas wie „Hexe“. Doch ich machte dann als Ablenkung einen Scherz daraus, weil es ja die Nacht der Hexen war.

      Dann geschah noch eine merkwürdige Begebenheit in der Apotheke, in der ich arbeitete. Es passierte an einem Mittwochnachmittag, dass meine beiden Chefinnen ein ziemlich wichtiges Rezept eines Patienten, das die Apotheke mit teuren Arzneimitteln beliefert hatte, nicht mehr finden konnten. Ich wusste davon nichts, da ich an besagten Mittwoch schon um 13 Uhr Feierabend hatte. Am nächsten Tag bekam ich dann mit, dass meine beiden Cheffinnen fürchterlich aufgebracht waren, weil sie das Rezept nicht mehr fanden. Alle Kolleginnen hatten am Mittwoch schon alles abgesucht doch nichts gefunden. Die beiden Cheffinnen fragten sich immer wieder, wo es sein könnte und versuchten sich zu erinnern und diskutierten daher laut miteinander.

      Als ich nun vorn an der Kasse stand und einen Kunden bediente, durchzuckte es mich plötzlich ganz stark, ich fühlte einen freudigen Schreck und hatte gleichzeitig eine Vision. Ich sah und wusste plötzlich, wo das Rezept war. Der Kunde fragte mich gerade in diesem Moment, warum ich eine Minute lang nicht ansprechbar gewesen wäre. Für mich selbst waren es nur wenige Sekunden gewesen, aber es geschieht häufig ein unterschiedlicher Zeitablauf bei solchen Geschehnissen. Hastig entschuldigte ich mich, bediente ihn zu Ende und schaute dann gleich an der Stelle nach, die ich in meiner Vision gesehen hatte. Und tatsächlich, da lag das Rezept. Sofort lief ich zu den Chefinnen in ihr Büro.

      „Ich habe das Rezept gefunden.“

      „Was, wo?“, riefen beide wie aus einem Mund und sprangen von ihren Plätzen auf. „Wo haben Sie denn gesucht?“

      Ich antwortete: „Entschuldigen Sie, aber ich habe gar nicht danach gesucht, ich habe plötzlich gesehen, wo es ist, als ich vorn jemanden bedient habe.“

      Die beiden schauten erst sich verdattert an und dann mich. Die ältere von beiden sagte auch so etwas wie, dass ich eine Hexe wäre. Damals wusste eben keiner, dass es noch etwas anderes als Hexen geben konnte und so kurz nach der Wende sowieso nicht. Meine Chefin meinte es eher im Scherz und sie waren ja beide froh, dass das Rezept wieder aufgetaucht war.

      Während meiner Beziehung zu Thoralf wünschte ich mir sehr, dass wir zusammen ziehen würden. Doch über so etwas sprach Thoralf nie und ich selbst traute es mir nicht, ihn daraufhin anzusprechen. Wir wohnten beide jeder noch in der elterlichen Wohnung – ich immer noch in der Wohnung meiner Mutter. Und immer noch war die Wohnsituation in W. so, dass ich keine eigene Wohnung bekam.

      Es ging oft sehr beengt zu, wenn ich bei Thoralf am Wochenende übernachtete.

      Die Woche über wollte er seine Zeit für sich haben und am Sonntagmittag brachte er mich immer nach Hause und so war ich dann allein, bis zum Freitagabend. So ging das Woche für Woche, Monat für Monat. Auch in den Urlaub fuhr er lieber ohne mich. Er hatte wohl Angst, dass ich ihn in seinem Freiheitsdrang einschränken könnte. Die ersten 2 Jahre nahm ich das so hin, mir war die gemeinsame Harmonie wichtiger; außerdem wollte ich nicht als ‚Klammer‘ dastehen. Nach einiger Zeit, wenn er nach unseren Treffen wieder weg war, begann ich bereits auf das nächste Treffen zu warten. Bei mir stellte sich zunehmend Unzufriedenheit und auch Leere ein.

      Ich kann mich noch sehr gut an diese Zeit erinnern. Ich wusste bereits, dass irgendetwas da draußen war, irgendetwas größeres, mächtigeres, etwas, was mir und den Menschen helfen konnte, aber ich wusste nicht was das war. Ich fühlte aber, dass es immer näher und näher zu mir kam, Stück für Stück.

      Oft schaute ich stundenlang aus dem Fenster, der Musikkanal lief fast ununterbrochen, und ich wartete; ich wartete auf das Wochenende, ich wartete auf den Feierabend, ich wartete auf meinen Urlaub, ich wartete darauf, dass die Zeit verging. An neue Informationen, die mich wirklich interessierten, kam ich nicht, es gab noch kein Internet und auch nur sehr wenig neu hinzukommende Literatur. Außerdem wusste ich nicht genau, wonach ich konkret suchen sollte. Oft schaute ich einfach nur aus dem Fenster, stundenlang. Wechselte das Zimmer, schaute wieder aus dem Fenster und fühlte mich wie ein Tiger im Käfig, der hin und her rannte. Thoralf bekam mein Interesse für mystische Dinge mit, lehnte sie jedoch ab, weil er es für Humbug hielt. Insgeheim lächelte er über mich, wenn ich Tarotkarten legte oder in meine Kristallkugel blickte.

      Im dritten Jahr meiner Beziehung mit Thoralf, als wir wieder am 30.04. auf der Burg waren, sprangen er und ich das erste Mal (und auch das Letzte) über das Feuer. Wir nahmen Anlauf, fassten uns an den Händen und sprangen los. Doch auf der anderen Seite am Rand des Feuers lagen leere Bierflaschen. Ich kam mit meinem linken Fuß auf einer Flasche auf, knickte mit dem Fußgelenk um und fiel hin. Vor Schmerzen wurde mir speiübel, ich konnte nicht mehr alleine aufstehen und laufen ging erst recht nicht. Thoralf lief sofort nach unten, um sein Auto zu holen und zwei seiner Studienfreunde trugen mich aus dem Trubel auf die Seite an einen ruhigeren Ort. Am nächsten Morgen war mein Fußknöchel rotblau angeschwollen und fühlte sich zehn Kilo schwerer an. Thoralf brachte mich im Laufe des Tages in ein Krankenhaus zum Notdienst. Es stellte sich heraus, dass ich mir einen dreifachen Bänderriss zugezogen hatte. In mir fühlte ich, dass mein missglückter Sprung ein Vorzeichen war, irgendetwas war zwischen mir und Thoralf zerrissen. Ich spürte, dass das Ende unserer Beziehung nahte. Doch zunächst behielt ich meine Vorahnung für mich.

      In diesem Jahr fuhr ich das erste Mal alleine in den Urlaub, ohne Thoralf etwas davon zu erzählen. Als er aus seinem Urlaub zurückkehrte, war ich nicht mehr anzutreffen. Ich schrieb ihm dann eine Urlaubskarte aus Spanien. Thoralf staunte nicht schlecht. Die erste Frage seinerseits an mich lautete, wie viele Liebhaber ich in Spanien gehabt hätte. Das war das Einzige, was ihn interessierte. Das ernüchterte mich sehr, die rosarote Brille fiel und ich begann mich von ihm zu distanzieren.

      Zudem wurde ich immer öfter krank, ich bekam Blasenentzündungen und zwar jedes Mal, nach dem ich mit Thoralf zusammen gewesen war. Ich nahm viele Antibiotika ein, bis diese nicht mehr wirkten. Nach der 12. Blasenentzündung wusste der Urologe nicht mehr weiter. Er meinte zu mir: “Sie müssen irgendetwas in Ihrem Leben ändern, wenn Sie die ständigen Blasenentzündungen loswerden wollen.“ Zudem entwickelte ich Essstörungen, mal aß ich zuviel und nahm zu, mal aß ich zuwenig, nahm wieder ab und fühlte mich dann zu schwach. Doch immer mehr lebte ich mein Leben, machte meinen Führerschein, kaufte mir ein Auto und fuhr nach der Arbeit viel umher. Sehr oft traf Thoralf mich nun nicht mehr zu Hause an. Jetzt hatte ich den Spieß umgedreht. So ging das eine ganze Zeit weiter, doch ich wusste, dass ich mich nur im Kreis drehte und dass es nicht mehr lange so weiter gehen konnte mit uns.

      Das war der Punkt, an dem ich von diesem Auftrag entbunden wurde.

      Viele Jahre später erzählte mir eine Studienkollegin von Thoralf, dass er mal gesagt hätte: „Ich habe nie wieder eine Frau so geliebt wie ‚meine Zarte‘.

      Als wir uns vor einigen Jahren ein letztes Mal trafen, sagte er zu mir: „Du lebst in der geistigen und ich in der materiellen Welt, das passt einfach nicht zusammen.“ Sprachlos schaute ich ihn an. Demnach musste es für ihn eine geistige Welt geben, was er vorher vehement bestritten hatte. Ein Teil des Auftrages war also erfüllt worden.

      Die Suche beginnt

      Immer wenn sich in meinem Leben eine Situation so sehr zugespitzt hatte, bis ich nicht mehr weiter wusste, passierte entweder etwas Gravierendes (so wie ich es mit Matthias erlebt hatte) oder es tauchte plötzlich jemand auf, der neue Impulse brachte und somit die Situation veränderte.

      Und das war Richard.

      Richard brachte mich durch einen Besuch in München auf die Idee, in diese Stadt zu ziehen. Das wuchs in mir so stark an, dass ich fieberhaft in den nächsten Wochen nach PTA-Stellen in M. schaute und Bewerbungen abschickte. Im November fuhr ich wieder nach M. zu Bewerbungsgesprächen. Ich hatte ziemlich schnell Erfolg und unterschrieb gleich einen Arbeitsvertrag. Richard kümmerte sich mit um eine Wohnung für mich.

      Sein Chef bei der Versicherung war ein guter Freund von meinem zukünftigen Chef und er arrangierte es, dass ich schon einige Tage vor Mietbeginn einziehen konnte. Ich war wahnsinnig aufgeregt auf das, was mich erwartete, auf das Neue, auf dieses Ungewisse und mich konnte niemand mehr davon abbringen. Nächtelang schlief ich nicht und mich durchströmte so ein kraftvolles Gefühl, es brauste ein Sturm durch meinen Körper,


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