Razzia. Horst Bosetzky

Razzia - Horst Bosetzky


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des Telegraf aufgeschlagen und wollte seinen Kollegen Gerhard Piossek, der als großer Freund des Autorennsports galt, mit dieser Nachricht erfreuen.

      Doch der winkte nur ab. «Heute ist ganz was anderes wichtig.»

      Kappe blätterte demonstrativ in der Zeitung. «Was denn? Etwa, dass Willy Brandt vom SPD-Vorstand in Hannover zu dessen neuem Berliner Vertreter bestimmt wurde?»

      Ihr Gespräch wurde unterbrochen, als der Polizeireporter des RIAS in der Tür stand und fragte, ob es im Mordfall Peter Rembowski etwas Neues gäbe.

      Kappe stöhnte auf. Seine Cousine musste also etwas ausgeplaudert haben. «Nein, nicht dass ich wüsste.»

      Der Reporter ließ nicht locker. «Er soll viele Freundinnen gehabt haben, auch welche aus den Westsektoren.»

      «Keine Ahnung. Ich führe die Ermittlungen nicht.» Kappe gab sich so abweisend wie möglich.

      «Aber Ihr Sohn …»

      Der Journalist bekam aber keine weitere Antwort und zog wieder ab.

      Kappe hatte keine Lust mehr, sich in die Akten mit den ungelösten Fällen zu vertiefen, und beschloss, Feierabend zu machen. Er verabschiedete sich von Piossek, hüllte sich in Schal und Mantel und lief zur Ecke Grunewaldstraße und Martin-Luther-Straße, von wo aus er mit der Straßenbahn zum Rathaus Neukölln fahren konnte.

      Kappe und Theodor Trampe begrüßten sich mit alter Herzlichkeit und feierten den Umstand, dass Krieg und Naziherrschaft vorüber waren, mit ein paar Gläsern Kindl-Bier aus Neukölln.

      «Kommst du noch mit ins Kino?», fragte Theodor Trampe, als der Siphon geleert war. «Ich habe durch meine Beziehungen zwei Karten für heute Abend bekommen.»

      «Was gibt’s denn?», wollte Kappe wissen.

      « Film ohne Titel. »

      «Wie?» Kappe fühlte sich veräppelt.

      Theodor Trampe erklärte ihm die Sache. «Es geht um eine Liebesgeschichte, um Christine und Martin. Vor dem Krieg ist er ganz oben, nach dem Krieg sie. Der Regisseur, der Drehbuchautor und die Schauspieler können sich nicht einigen, was für eine Art Film es werden soll, und einen Titel können sie auch nicht finden. Den sollen wir Zuschauer uns nun ausdenken. Nach der Vorstellung bekommen wir alle einen Zettel in die Hand gedrückt und sollen einen Titelvorschlag aufschreiben. Der Gewinner bekommt dreitausend Mark.»

      «Nicht schlecht», sagte Kappe, ohne so recht begeistert zu sein. Erst als er hörte, dass Hildegard Knef eine der beiden Hauptrollen spielte, war er Feuer und Flamme.

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