Dialektik des geisteswissenschaftlichen Universums. Horst-Joachim Rahn
die Psychologie intensiv auseinandergesetzt. Der Mensch wird auch in der Philosophie unterschiedlich betrachtet:
► Anerkennend sagt W. Shakespeare: „Welch ein Meisterwerk ist der Mensch! Wie edel durch Vernunft! Wie unbegrenzt an Fähigkeiten …“ Proragoras würdigt das Individuum ebenfalls: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge.“ J.W. von Goethe stellt fest: „Die Menschen sind, trotz allen ihren Mängeln, das Liebenswürdigste, was es gibt.“ Dazu treffend: „Es gibt Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen“ (G. de Montpassant). Und ergänzend: „Wie liebenswert ist der Mensch, wenn er wirklich ein Mensch ist“ (Menander). Noch stärker ausgedrückt: „Der Mensch ist ein Volltreffer der Evolution“ (H.S. Markl). Deshalb gilt ihm unsere Sorge: „Die Sorge um den Menschen selbst und sein Schicksal muss stets das Hauptanliegen der fachwissenschaftlichen Bestrebungen sein“ (A. Einstein). „Jeder große Mensch entnimmt allen Dingen und allen Menschen Gutes“ (J. Ruskin). Von besonderer Bedeutung sind dabei die Gene und die Augen: „Die Gene sind Ketten, die uns mit Ahnen und Verwandten verbinden“ (H.J. Quadbeck-Seeger). „Die Augen sind Fenster ins Innere“ (H. Lahm). Ganz anders urteilt C. Powell: „Die Menschen in meinem Leben haben mich zu dem gemacht, der ich bin.“ F. von Schiller sucht den Bezug zur Natur: „Der gebildete Mensch macht die Natur zu seinem Freund.“ Am Ende noch eine positive These: Das Leben ist für den Menschen schön, wenn er es nimmt wie es ist.24
► Nicht alle Menschen haben mit Menschen gute Erfahrungen gemacht: „Mensch: Grausame Zumutung der Schöpfung“ (P. Rudi). Mancher Experte äußert sich weniger anerkennend: „Was ist der Mensch? Jedenfalls nicht das, was er sich einbildet zu sein, nämlich die Krone der Schöpfung“ (W. Raabe). Auch Molière äußert sich negativ: „Der Mensch ist, ich gesteh’ es Euch, ein böses Lebewesen.“ K. Kraus kommt zu folgendem Ergebnis: „Menschsein ist irrig.“ Auch lässt sich feststellen: „Über jeden Menschen gibt es etwas Negatives zu berichten, man muss nur intensiv danach suchen.“* Ein weiteres Urteil: „Der Mensch kommt unter den Tieren der Welt dem Affen am nächsten“ (G.C. Lichtenberg). Realistische Aussage: „Es hat keinen Sinn, dem Spiegel die Schuld zu geben, wenn das Gesicht entstellt ist“ (N.W. Gogol). Oder global gesehen: „Der Mensch verkommt in der heutigen Zeit zur bloßen Nummer“ (M. Wichor). Bedauerndes Urteil: „Mensch, du armer, Lebensgehetzter, ewig hoffender, ewig getäuschter Tantalus“ (Otto Ludwig). „Galaktisch gesehen sind wir völlig unbedeutend“ (A. Maggauer-Kirsche). Mitunter sind wir an manchen negativen Entwicklungen selbst nicht ganz schuldlos, denn: „Wer sich selbst zu wichtig nimmt, menschlich immer tiefer sinkt.“* Und zum Schluss: „Menschen, auf die kein Verlass ist, sollte man verlassen“ (G. Uhlenbruck).
► Zusammenfassung: Wir haben erkannt, dass die Menschen von unterschiedlichen Bedürfnisse ausgehen: „In jedem Menschen sind zu jeder Stunde gleichzeitig Begehren mächtig, das eine nach Gott und das andere nach Satan“ (C. Baudelaire). Die obigen Expertenurteile über Menschen bewegen sich zwischen den extremen Möglichkeiten des Menschen als Volltreffer der Evolution bzw. einer grausamer Zumutung durch die Schöpfung. Die Wahrheit liegt wohl dazwischen: „Nehmen Sie die Menschen wie sie sind, andere gibt’s nicht“ (K. Adenauer). Oder mathematisch ausgedrückt: „M4 = Man Muss Menschen Mögen“ (C.K. Rath). Pfiffig: „Dass der Mensch das edelste Geschöpf sei, lässt sich auch schon daraus annehmen, dass ihm noch kein anderes Geschöpf widersprochen hat“ (G.C. Lichtenberg). Die Schauspielerin Tsa Tsa Gabor kommt zu folgendem Ergebnis: „Menschen, an denen nichts auszusetzen ist, haben nur einen, allerdings entscheidenden Fehler: sie sind uninteressant.“
Zu den wesentlichen Merkmalen des Menschen gehören das Angewiesensein auf mitmenschliche Zuwendung in der Kindheit, das Sprechen lernen, geistige Anlagen bzw. kulturelle und soziale Bindungen. Menschen stellen sich Fragen nach ihrer persönlichen Freiheit, nach ihrer Stellung in der Natur und nach der Lebensaufgabe: „Die Hauptaufgabe des Menschen sollte es sein, andere Menschen glücklich zu machen“ (B. Stramke). Dabei ist folgender Rat zu beherzigen: „Wo immer du lebst, achte den Menschen!“* „Dem Menschen selbst ist gar nicht so recht bewusst, wie klein er letztlich in dieser großen Welt ist.“* Nicht erst beim Besuch der Großen Mauer im Nordwesten von Peking in 2006 wurde mir klar, dass wir alle nur ein winziges Rädchen in dem großen geisteswissenschaftlichen Universum sind. Ich habe noch nie in meinem Leben eine so große Menschenmenge auf einem Bauwerk gesehen.
Die Bewältigung des Lebens durch den Menschen zeigt sich in der Art und Weise, wie er sein individuelles Dasein meistert. „Weise Lebensführung gelingt keinem Menschen durch Zufall“ (Seneca). Ein frommer Mann sagte einmal: „Herr, ich wollte, daß ich wäre ein Mensch nach Deinem Willen.“ (A. Magnus). Jeder Mensch, der den Erfolg sucht, muss mit Bedacht auswählen, in welchen Fällen er welche Maßnahmen ergreift, um jeweils das richtige tun zu können. Trotzdem gibt es für die Praxis keine Patentrezepte. Auch durch Alltagssorgen darf man sich nicht von einer grundsätzlich positiven Lebenseinstellung abbringen lassen. „Letztlich wird derjenige eher zufrieden und glücklich werden, der es versteht, negative Lebenserfahrungen positiv zu verarbeiten.“*25
2.1 Entwicklung des Menschen
Die Entwicklung des Menschen lässt sich von der Geburt aus, über das Kindheits-, Jugend-, Erwachsenenalter (Mann und Frau) bis zum Tode und danach darstellen. „Die Gegenwart reicht von der Geburt bis zum Tod“ (A. Eilers). Wobei festzustellen ist: „Bei der Geburt weinen wir, beim Tode sehen wir warum“ (aus Bulgarien). Sehr kompakt: „Zweimal sind wir unbeschwert von jedem Gepäck: bei der Geburt und beim Tod“ (F. Löchner). Dabei gilt: „Die Geburt bringt nur das Sein zur Welt; die Person wird im Leben erschaffen“ (Th. S. Jouffroy). Der Menschenkenner A. Schopenhauer sagt: „Nach dem Tode wirst du das sein, was du vor deiner Geburt warst.“ Die einzelnen Phasen der Entwicklung des Menschen werden nun in dialektischer Sicht interpretiert.
2.1.1 Geburt
Die Geburt des Menschen ist der Prozess am Ende einer Schwangerschaft und hat in jedem Leben eine Kulturgeschichte.26 Ich erblickte am 20. Februar 1944 in dem kleinen – aber sehr liebenswerten – Städtchen Olbernhau27 im mittleren Erzgebirge (440 m NN)28 in Sachsen29 das Licht der Welt. Auch die Geburt des Menschen lässt sich aus dialektischer Sicht beurteilen:
► „Die Geburt eines Kindes ist ein Glück über alles“ (A. Necker-Saussure). Wie ist das zu beurteilen? „Wenigstens mit seiner Geburt macht jeder Mensch einen Fortschritt“ (M.G. Reisenberg). Kontaktfreude wird meistens schon in die Wiege gelegt: „Freundlichen Menschen schenkt Gott schon bei der Geburt den Schlüssel zu anderen Herzen“ (E. Joung). Wir sind in der Regel nicht allein: „Gleich von Geburt an begleitet einen jeden ein Schutzgeist, der unbemerkt sein Leben leitet“ (Menander). Deshalb kommen wir aus positiver Sicht zum Ergebnis: „Das beste Rezept auf Erden ist das der Geburt“ (W. Fürst). Allerdings hat das alles auch eine Gegenseite:
► Etwas hart ausgedrückt: „Gleich nach der Geburt bekommt man lebenslang“ (unbekannt). Und: „Der Tod ist der Antipode der Geburt“ (W. Meurer). Manche Babys werden in eine schwierige Welt „hineingeworfen“: „Alkoholkinder sind schon vor der Geburt bestraft“ (M. Hinrich). Und eine für einen so erfolgreichen Menschen erstaunliche Feststellung: „Meine Geburt war das erste meiner Missgeschicke“ (J.J. Rousseau). Auch: „Manche verderben es schon von Geburt an mit sich selbst“ (M.G. Reisenberg). Der Amtsschimmel greift für alle schon früh zu: „Mit der Geburt beginnen leider auch die behördlichen Verfolgungen“ (M.G. Reisenberg).
► Fazit: Die Geburt eines Menschen ist für die Betroffenen ein kaum zu beschreibendes Erlebnis, weil es unter normalen Umständen mit einem „Glück über alles“ verbunden ist. Eine Schwangerschaft dauert durchschnittlich 266 Tage und endet, wenn der Fötus die Gebärmutter der Mutter verlässt. Die Dauer der Geburt ist unterschiedlich; statistisch gesehen wird mit 13 Stunden für Erstgebärende gerechnet und 8 Stunden für Mütter, die bereits ein Kind geboren haben. Eine