Die große Geldentwertung. Adam Baratta
Sie nicht glauben, dass das Spiel zugunsten der Reichen abgekartet ist, dann hören Sie sich die folgende Geschichte des 42-jährigen Daniel Sundheim an. Herr Sundheim ist ein Hedgefondsmanager und Kunstsammler, der laut Bloomberg kürzlich einen 28 Millionen Dollar teuren Warhol, einen 35 Millionen Dollar teuren Basquiat und einen 70 Millionen Dollar teuren Twombly erstanden hat. Das Erste, was Ihnen vielleicht durch den Kopf geht, ist: »Wow, der Typ hat echt eine Menge Geld; Finanzmanagement ist wirklich ein lukratives Geschäft!« Aber darum geht es nicht. Es geht darum hervorzuheben, was mit diesen Kunstobjekten gemacht wird. Sie werden gehebelt, also fremdfinanziert. Sundheim ist nicht der Einzige. Das wird auf dem gesamten Kunstmarkt so gemacht. Die Reichen beleihen ihre Kunstsammlungen mit bis zu 50 Prozent. Steve Wynn, der Casino-Magnat, hat dieses Hebelspiel auch gespielt. Sie fragen sich vielleicht, welchen Zinssatz er zahlt. Laut Bloomberg hat er bereits im Jahr 2015 1,25 Prozent an Zinsen gezahlt. Und was machen diese reichen Investoren mit all dem geliehenen Geld? Sie benutzen es, um in Aktien und andere Wertpapiere zu investieren. Diese Hebelwirkung wird hochgehen, wenn die Blase platzt und die Kunstpreise zusammenbrechen und die Kredite fällig werden. Solange das Casino geöffnet ist, ist es natürlich eine Lizenz zum Stehlen.
Im Kassenbereich des Kasinos liegt das Bargeld. Dutzende von Filmen, unter anderem Oceans 11, handeln vom großen Traum, die Sicherheitssysteme zu überwinden, um mit dem Bargeld abzuhauen. In diesem Film sind elf Leute, von denen jeder immense Risiken und Gefahren auf sich nimmt, um nicht erwischt zu werden, erforderlich, um sich mit den vielen Millionen aus dem großen Kasinoraub aus dem Staub zu machen. Aber dank der Fed muss man kein Krimineller mehr sein, um Millionen von Dollar zu stehlen.
Im vergangenen Jahr haben fünf verschiedene Hedgefondsmanager persönlich mehr als eine Milliarde Dollar verdient. Laut Bloomberg summiert sich dieser Betrag auf mehr als die gesamten Spielverluste in Las Vegas im Jahr 2019. Welche großen Risiken haben diese fünf Männer auf sich genommen, um eine so enorme Heldentat zu vollbringen? Überhaupt keine. Sie haben ihr Leben nicht aufs Spiel gesetzt und nicht irgendeinen unmöglichen Code geknackt, um mit der Beute zu fliehen. Nicht im Geringsten. Und niemand droht, diese Männer einzusperren, weil sie das System abgezockt haben, denn sie haben nichts Illegales getan. Die Notenbank hat ihnen die Schlüssel zum Tresor ausgehändigt.
Dass es legal ist, macht es nicht weniger ungeheuerlich. Die Reichen konnten fast umsonst Arbitrage betreiben und Geld leihen und in die manipulierten Wertpapiermärkte investieren, während Studenten, die kein Geld haben, sich ihre Miete nicht leisten können. Laut Business Insider haben 45 Prozent aller Millennials Studiendarlehen auf dem Buckel. Das hält sie davon ab, ein Eigenheim zu erwerben und Dinge zu kaufen, deren Anschaffung die Wirtschaft ankurbelt. Erschwerend kommt hinzu, dass Millennials eine acht Mal höhere Miete zahlen, als ihre Großeltern als junge Erwachsene vor 60 Jahren gezahlt haben. Im Jahr 1960 betrug die durchschnittliche Warmmiete 71 Dollar. Heute sind es 1700 Dollar. Selbst inflationsbereinigt zahlen Millennials eine vier Mal höhere Miete als ihre Großeltern.
Schon diese Diskrepanz verdeutlicht die politische Situation, mit der unser Land konfrontiert ist, und erklärt, warum der Sozialismus bei der jungen Generation so großen Anklang findet. Für die Millennials ist Sozialismus nicht mit demselben Stigma behaftet wie für ihre Großeltern. Der Kalte Krieg, an den sich die Babyboomer erinnern und der dem Sozialismus den Stempel einer Krankheit aufdrückte, hat heute keinen Nachklang mehr. Der Sozialismus sieht für diejenigen, die heute ihre beruflichen Laufbahnen beginnen, allmählich nach einer wesentlich besseren Option aus, vor allem, wenn man feststellt, dass die Nullzinspolitik der Notenbank tatsächlich »Sozialismus für die Reichen« ist. Wenn die Zentralbank die Zinssätze senkt, verteilt sie Geld an die Reichen.
Selbst wenn jüngere Leute die notwendigen Mittel für Investitionen hätten, warum sollten sie in die Dinge investieren, die die Wall Street empfiehlt? Das Kurs-Gewinn-Verhältnis im Aktienmarkt lag in den frühen 1980er-Jahren, als die 35-jährigen Babyboomer ihre besten Einkommensjahre erreichten, bei sechs. Heute beginnen die 35-jährigen Millennials ihre besten Einkommensjahre mit einem KGV im Aktienmarkt von 32. Das heißt, während die Unternehmen an der Börse in den frühen 1980er-Jahren mit dem Sechsfachen ihres Gewinns bewertet waren, ist es heute das 32fache. Schlimmer noch, der durchschnittliche Zinssatz beträgt nicht neun Prozent, so wie damals. Die langfristigen Zinssätze liegen heute eher bei 1,5 Prozent. Das heißt, dass die Babyboomer, wenn es um Geldanlage geht, fünf Mal bessere Chancen hatten als die Millennials von heute. Wie können wir von der jüngeren Generation erwarten, weiter dasselbe Kapitalistenspiel zu spielen und Aktien und Anleihen auf diesem schwindelerregenden und riskanten Niveau zu kaufen?
Wenn man das Shiller-KGV (siehe Kapitel 4) über die letzten 140 Jahre betrachtet, verlieren langfristige Anleger, die bei KGVs von über 24 investieren, im Lauf der Zeit durchschnittlich zehn Prozent pro Jahr – und das KGV heute liegt bei 32. Das bedeutet, dass ein junger Anleger, der seine Schlüsse daraus zieht, praktisch sicher sein kann, Geld zu verlieren. Warum sollte ein junger Investor das tun? Warum tut das überhaupt irgendein Investor?
Es gibt nur einen Grund. Die Wall Street versucht immer noch, jeden mit ihren Klischees von wegen »Man kann den Markt nicht timen« und »Sie müssen langfristig investieren« und »Im Lauf der Zeit steigen die Märkte immer« zu überzeugen, und sie hofft dabei, dass ältere Anleger investiert bleiben und dass bei jüngeren Anlegern das Interesse geweckt wird, ins Spiel einzusteigen. Der Glaube an diese Lügen ist der einzige Grund, warum ein vernünftiger langfristiger Anleger in die heutigen Märkte investieren sollte. Und was macht die Wall Street mit dem Geld? Sie hebelt es und nutzt das System aus.
Millennials mit Finanzmitteln investieren nicht so, wie ihre Großeltern es getan haben. Millennials investieren heute in Kryptowährungen und andere Produkte, die die Chance bieten, »schnell reich zu werden«. In den Aktienmarkt investieren sie definitiv nicht. Laut einer Umfrage des Finanzdienstleistungsunternehmens Bankrate sagen nur 23 Prozent der Leute zwischen 18 und 37 Jahren, dass Aktien die beste Anlage für Geld sind, das sie in den nächsten zehn Jahren nicht benötigen. Im Gegensatz dazu haben 52 Prozent der Babyboomer mehr als 70 Prozent ihres Geldes in Aktien angelegt! Das ist ein empfindliches Ungleichgewicht und sieht für die Babyboomer nicht gut aus.
Diese Gegebenheiten hätten zu keinem schlechteren Zeitpunkt kommen können. Während der durchschnittliche Millennial vor einem Berg von Schulden steht und mit höheren Lebenshaltungskosten konfrontiert ist, stecken auch seine Großeltern aus der Babyboomer-Generation in Schwierigkeiten. Nur einer von vier Babyboomern hat mehr als genug Geld, um damit bis zu seinem Lebensende auszukommen. Das bedeutet, dass sie weitere Leistungen benötigen werden von einem Sozialsystem, das innerhalb des nächsten Jahrzehnts zahlungsunfähig sein wird, und von einem Land, das schneller Schulden anhäuft als je zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg. Wenn dieses Szenario schon düster klingt, darf man nicht vergessen, dass die Babyboomer, die Geld haben, dieses Geld auch noch aus den Aktien- und Anleihenmärkten abziehen werden, um davon zu leben, weil sie nach dem Eintritt in den Ruhestand kein Einkommen mehr generieren. Jeden Tag kommen 10 000 Babyboomer ins Rentenalter und das wird bis zum Jahr 2031 so weitergehen. Das bedeutet, dass altes Geld rausgeht, während kein neues Geld reinkommt. Das ist der Killer Nummer eins für alle Schneeballsysteme und Schuldenblasen.
Das System ist kaputt und damit ein sicherer Garant für unseren rapiden Niedergang. Diese Rechnung wird auch der jüngeren Generation bewusst und sie ist der Grund dafür, dass extreme sozialistische Ideen in der Politik immer mehr Zulauf erhalten, vor allem von jüngeren Wählern. Die Verantwortung dafür, dass das Vertrauen in das System schwindet, kann unmittelbar den Zentralbanken zugeschrieben werden. Die Reichen sind gierig, das war schon immer so. Ihr Vorgehen, den Preis des Geldes zu ihrem eigenen Vorteil zu verzerren und zu manipulieren, ist jedoch an seine Grenzen gekommen und wird jetzt von den Massen hinterfragt. Als ihre Gier im Jahr 2008 den finanziellen Kollaps verursachte, kam die wahre Schutzherrschaft der Federal Reserve ans Tageslicht. Trotz der kriminellen Aktivitäten der Banker, die toxische Anlagen verkauften, von denen sie wussten, dass sie wertlos waren, kam es zu keiner größeren Strafverfolgung. Statt diese Banker bankrottgehen zu lassen, haute der Kongress sie raus. Dazu war eine massive Gelddruckaktion durch die Fed erforderlich – und da hätten wir es