Zehn Dinge, die du besser nicht glauben solltest. David Brunner
lässt: die Mittagspause im Grünen bei der Arbeit, der Sport, Zeiten des Gebets und Lobpreis zu Hause. Was auch immer für dich passt: Such dir diese Möglichkeiten, einfach vor Gott zu sein und von ihm erfrischt zu werden.
2. ES GIBT EINE BESSERE GEMEINDE ALS DEINE
Das ist fast so bescheuert wie: „Ich gehe jetzt fremd, denn diese Frau ist viel besser und schöner als die, die ich geheiratet habe.“ Solltest du ein Mann sein, wirst du wissen, was ich meine, wie sehr bescheuert das ist. Das Gleiche gilt übrigens auch für dich, liebe Leserin.
Manchmal setzt unsere Ratio ja aus und wir tun ziemlich irrationale Dinge. Bis zu einem gewissen Grad ist das auch in Ordnung. Das nenne ich dann eine lebensfröhliche Verrücktheit. Aber Fremdgehen in Sachen Ehepartner und Gemeinde ist keine lebensfröhliche Verrücktheit – das ist ausgesprochene Dummheit.
Ich habe durch meinen Dienst in der Kirche in meinen noch wenigen Dienstjahren nun schon sechs Gemeinden „von innen“ heraus kennengelernt, weil ich in ihnen meinen Dienst tat. Während meines Studiums war ich in einer kleinen charismatischen Gemeinde, die mich bis heute unglaublich positiv geprägt hat und deren Pastor ich bis heute für so vieles dankbar bin, das er in mich investiert hat.
Aber alle Gemeinden, die ich kennengelernt habe, hatten eines gemeinsam: Sie alle haben Ecken und Kanten.
Und weißt du, warum? Weil sie aus Menschen wie dir und mir bestehen. Eine Gemeinde ist doch kein künstliches Produkt, sondern die Summe derer, die an Jesus glauben und zu dieser Gemeinde gehören.
Manchmal frage ich mich wirklich, welche utopischen Ansprüche Christen an ihre Gemeinde stellen. Wie die Ravensburger Spiele soll sie für alle zwischen 0-99 da sein – die wenigen über 99 bekommt sie aber auch noch unter. Also soll es in der Gemeinde Krabbelgruppen geben – am besten mehrere, damit das Kindergeschrei für den sich parallel treffenden Bastelkreis erträglich ist.
Es sollen im Kindergottesdienst die Kinder schon ab drei Jahren kommen dürfen – aber natürlich soll dieser Kindergottesdienst parallel zum Erwachsenengottesdienst stattfinden, damit auch ja kein Kind die wunderschöne Orgelmusik stört. Es sei denn, die Kinder nehmen noch zu Beginn des Erwachsenengottesdienstes an ihm teil, aber natürlich ohne einen Mucks zu machen. Ist ja auch überhaupt nicht schwierig, wenn man zehn Kinder in eine Reihe wunderschön erhaltener Kirchenbänke pfercht, die das Nostalgikerherz höher schlagen lassen.
Überhaupt müssen altehrwürdige Kirchengebäude und Gemeindehäuser erhalten, saniert und gepflegt werden. Klar. Gemeinde Jesu besteht ja aus Steinen und nicht aus Beinen – oder habe ich da etwas falsch verstanden?
Natürlich dürfen auch Jugendliche diese Räume nutzen, aber sie müssen sich klerikal-kirchlich benehmen. Wehe, die Räume werden verschmutzt, es wird laut oder es läuft so was wie Techno oder Rockmusik. Ganz zu schweigen von den Todsünden Alkohol und Nikotin.
Wir können als Gemeinde doch nicht das aufgeben, was schon immer so war. Was schon immer so war, muss schließlich gut sein, sonst wäre es ja nicht schon immer so gewesen. Wäre jemandem aufgefallen, dass es nicht so gut ist, hätte er das doch sicher geändert.
Aber weil Frau Müller ihren Sitzplatz im Gottesdienst seit 47 Jahren an genau dieser Stelle hat, ist es unmöglich, die Bänke durch Stühle zu ersetzen.
Schon immer war es so, dass es eine Orgel in der Kirche gibt. Man stelle sich nur mal vor, eine Kirche ohne Orgel. Das wäre ja wie Männer ohne Bauch, Frauen ohne Angst vor Zellulitis, Kinder ohne Motzen oder Sommer ohne Regen. Geht gar nicht. Das war schon immer so. Das muss auch bis in alle Ewigkeit so bleiben – und um auf Nummer sicher zu gehen, auch noch länger als die Ewigkeit.
Manchmal habe ich den Eindruck, was Chuck Norris für seine Widersacher ist, ist die Aussage „Das war schon immer so“ für eine lebendige Gemeinde: Ein unüberwindbares Hindernis! Wobei es keine Rolle spielt, dass der Einzige, auf den die Beschreibung „immer“ zutrifft, Gott selbst ist.
Und natürlich wollen wir es allen recht machen. Wir haben Gottesdienste mit Orgelmusik und Bach-Kantaten aber auch Lobpreisgottesdienste mit Hillsong-Musik. Wir haben flexible Gottesdienstzeiten und lassen die Gemeindeglieder immer in der Woche vor dem Gottesdienst abstimmen, zu welcher Uhrzeit er stattfinden soll. So können wir wenigstens eine Mehrheit glücklich machen.
So, lieber Leser, nun kannst du dich ein wenig entspannen und ich schalte den Ironiemodus aus.
Aber ist es nicht so? Die Erwartungshaltung an Gemeinde ist so künstlich und unrealistisch, dass du nur zu dem Schluss kommen kannst: Meine Gemeinde ist schlecht.
Nichts anderes ist es, wenn du an deinen Partner, deine Partnerin oder auch deine Kinder unrealistische Erwartungen hast. Sie können diesen niemals gerecht werden – und im schlimmsten Fall gehen sie daran zugrunde. Wie viele Ehen und Familien sind schon an Erwartungen gescheitert und zerrüttet, die kein Mensch halten kann.
Aber weißt du was? Solltest du zumindest ab und an den Eindruck haben, dass deine Gemeinde schlecht ist, dann sei dir sicher: Sie befindet sich in einer munteren Ansammlung weiterer Gemeinden – nämlich aller Gemeinden.
Meine Vermutung ist ja die, dass Menschen ihre nicht erfüllten geistlichen Wünsche und Sehnsüchte nun an die Gemeinde herantragen. „Wenn ich alleine es schon nicht schaffe, dann muss es doch meine Gemeinde schaffen.“
Weißt du, wer für dein geistliches Wachstum verantwortlich ist? Du allein! Nicht deine Gemeinde, nicht der Pastor, nicht dein Mitchrist und best buddy. Du alleine bist dafür verantwortlich, dass du geistlich wächst.
Niemand anderes als du selbst kann deine Gebete beten.
Niemand anderes als du selbst kann Gottes Zusagen aus seinem Wort für dich in Anspruch nehmen.
Niemand anderes als du selbst kann den Heiligen Geist flüstern hören, was er dir sagen möchte.
Niemand anderes als du selbst kann die Kraft der Gemeinschaft von Christen erleben, die so lebensverändernd sein kann.
Natürlich braucht es dafür Zeiten der Ruhe, des Gebets, der Stille, des Fokussierens auf Gott.
Und natürlich können andere Christen für dich beten. Und tun das auch. Sei dir dessen sicher. Das ist etwas sehr Befreiendes und Entlastendes.
Aber weil Jesus eine ganz enge Beziehung mit dir möchte, ist es eben möglich, dass dein Vertrauen und Glauben in ihn wachsen. Immer mehr.
Das alles soll Gemeinde leisten?
Ich muss dich enttäuschen: Sie schafft es nicht in dem Maß, wie du es dir vielleicht wünschst, weil sie einfach aus Menschen besteht, die ebenso wie du unerfüllte geistliche Wünsche und Sehnsüchte haben. Gemeinde ist kein Wunschkonzert. Aber sie klingt dann ganz wundervoll, wenn du dich einbringst mit deinen Gaben.
Ich habe ein Ehepaar vor Augen, das jahrelang ihrer Gemeinde die Treue gehalten hat, obwohl diese alles andere als so war, wie sie sich das gewünscht hätten. Aber sie haben treu und aufopferungsvoll ihren Dienst in der Gemeinde getan. Weil sie wussten, dass es eben nicht um sie ging, sondern um andere.
Damit verbunden ist natürlich ein Aushalten und Durchhalten, für das dir nur Gottes Geist die Kraft und Vision schenken kann, die du brauchst.
Aber mach es doch genau wie dieses Ehepaar: Denk nicht so sehr an dich. Denk an die anderen in der Gemeinde und an die, die noch nicht zur Gemeinde kommen oder gehören, und frage dich: Wie kann ich ihnen am besten dienen?
In Kapitel 4 werde ich noch genauer auf die Gaben des Heiligen Geistes eingehen.
Ich glaube, dass es keine bessere Möglichkeit gibt, im Glauben zu wachsen, als dich ganz konkret in die Mitarbeit deiner Gemeinde einzubringen. Im besten Fall auch noch in einem Bereich, in dem besonders Menschen gedient werden soll, die Nöten ausgesetzt sind. Entweder der geistlichen Not, dass sie Jesus noch nicht kennen, oder ganz alltäglichen Nöten. Das bringt dich nämlich dazu, deinen Glauben immer wieder zu reflektieren.
Als Pfarrer unterrichte ich auch Religion. Ich erinnere mich noch gut an eine Stunde