Denkwerkzeuge der Höchstleister. Gerhard Wohland

Denkwerkzeuge der Höchstleister - Gerhard Wohland


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selbst überrascht, wenn er schon vorher wüsste, was er am Ende für gut halten wird.

      Wer sich an statistischen Phantomen orientiert, läuft Gefahr, Maßnahmen zu ergreifen, die zwar die Messwerte verbessern, nicht aber die Situation oder die

Meinung darüber. Die Wertekultur eines sozialen Systems setzt sich nicht aus den Meinungen ihrer Mitglieder zusammen, sondern wird immer wieder neu durch Kommunikation erzeugt.

      Die Verhaltenskultur der Vorderbühne kann leicht beobachtet und verändert werden. Aber gerade deshalb gibt die Vorderbühne nur wenig Auskunft über die Wertekultur der Hinterbühne. Aus Verhalten kann nur dann auf Werte geschlossen werden, wenn es freiwillig geschieht und ohne Risiko unterbleiben könnte. Oder anders: Kultur lässt sich nur dort beobachten, wo keine

Macht benutzt wird.

      Wenn ein bestimmtes Tun oder Unterlassen mit Belohnung oder Strafe korreliert, wird nicht die Wirkung von Kultur, sondern von Macht beobachtet. Auch finanzielle Anreize oder Aktivitäten zur Kulturentwicklung behindern die

Beobachtung von Kultur. Denn beides legt nahe, Werte auch dann zu zeigen, wenn sie nicht vorhanden sind. Um dazu nicht „heucheln“ sagen zu müssen, sagt man „vorleben“.

      Beispiel: Die Kantine eines Software-Unternehmens hat eine Kasse, aber keinen Kassierer. Die Mitarbeiter legen das Geld für ihr Mittagessen in die Kasse und entnehmen das Wechselgeld. Wenn jemand, ohne zu bezahlen, an der Kasse vorbei geht, werden gute Gründe unterstellt. Vielleicht hat er sein Geld vergessen und zahlt morgen. Oder er zahlt nur einmal die Woche. Wichtig ist: Wenn die Kantine Gewinn macht, zeigt die Kultur auf keinen Mangel. Macht sie aber Verlust, muss der Grund gesucht und beseitigt werden.

      Hier eine Liste mit weiteren Möglichkeiten zur Kulturbeobachtung:

       Beiträge in Kundenzeitschriften: langweilige Pflichtübung oder lesenswert?

       Betriebsrat: ein Sensor für Angst

       Zustand der Toiletten und der Kaffeeküche: Welche Zettel hängen an den Wänden?

       Krankenstand

       Fehlerraten, Kundenreklamationen

       Gerüchte (Intensität, Inhalt, Qualität …)

       Lebensdauer von Verschleißgegenständen (Notebooks, Büromöbel, Dienstwagen …)

       Alltagskleidung der Mitarbeiter: lebensfroh oder schlampig?

       Humor und seine Rolle im Alltag

       Gestaltung der Arbeitsplätze

       Betriebszeitung: freiwillige Beiträge, Leserbriefe …?

       Schwarze Bretter: Aktualität, Gestaltung …

       Zahl der Mails mit Absicherungskopien

       Gesprächsthemen in der Kantine: nur Urlaub und Fußball oder auch die Arbeit?

       Gestaltung von Betriebsfeiern: eigene Beiträge oder gekauftes Entertainment?

       Meldefloskel am Telefon: individuell oder gelernter Text?

       Umgang mit Anreizsystemen: Welche Rolle spielen sie bei der Verteilung und Organisation von Arbeit?

      Kultur ist nicht Ursache, sondern Wirkung herrschender Verhältnisse. Deshalb kann und braucht sie nicht entwickelt zu werden. Wenn es gelingt, die Verhältnisse zu ändern, verändert sie sich von allein. Im Kontext hoher Dynamik ist die Entwicklung von Kultur kein eigenständiges Problem mehr. Das Problem ist die Anpassung der inneren Verhältnisse eines

Unternehmens an seine Umgebung. Kultur ist nur insofern wichtig, als sie die Qualität dieser Bemühungen sichtbar macht. Sie ist ein unbestechlicher Sensor für die Organisationsentwicklung.

      Höchstleister betreiben keine Kulturentwicklung, aber sie haben meist eine empfindliche Kulturbeobachtung.

      Noch ein Hinweis: Ein bewährtes Werkzeug zur Kulturbeobachtung von außen sind die sogenannten

verketteten Gespräche.

      Eine Mail geht ein, ein Buch erscheint, die Tagesschau wird gesendet. Diese Ereignisse werden

Information genannt. Wenn mehr solcher Ereignisse stattfinden, als der Empfänger verarbeiten kann, nennt man das Informationsflut. Sie wird allgemein als lästig und unangenehm beklagt (E-Mail-Pest).

      Wenn jemand etwas erfährt, was er schon lange wissen wollte, heißt dieses Ereignis auch Information. Kann es von solchen nützlichen Ereignissen auch ein Übermaß geben, das als lästig beklagt wird? Wohl nicht.

      Mit dem

Begriff
Information werden also zwei sehr verschiedene Ereignistypen bezeichnet. Wir brauchen für jeden Typ einen eigenen Begriff, also eine
Unterscheidung. Wir schlagen vor, nur die nützliche Neuheit als Information zu bezeichnen. Den Rest als Mitteilung oder als
Daten.

      Mit dieser Unterscheidung behaupten wir, dass die aktuelle Datenflut einen Informationsmangel erzeugt.

      Daten sind formale Strukturen. Sie haben keinen festen Ort oder Zeitpunkt, lassen sich also transportieren, übertragen, verarbeiten, speichern, aufschreiben, verkaufen oder stehlen. Daten findet man in den Speichermedien eines Computers, in Büchern, Landkarten und Konstruktionszeichnungen. Daten existieren auch dann, wenn sie niemand beachtet. All das ist bei Informationen anders.

      Information ist ein Ereignis in einem

Bewusstsein. Als Ereignis hat Information einen festen Ort, wie ein Autounfall. Sie lässt sich weder transportieren noch übertragen oder identisch wiederholen. Sie ist die Veränderung, die sich einstellt, wenn eine Mitteilung einen Unterschied hinterlässt. Zur Illustration: Jemand fragt: „Welcher Tag ist heute?“ Die Antwort „Freitag“ löst im Bewusstsein des Fragenden ein Ereignis aus: „Aha, heute ist Freitag.“ Dieses Ereignis ist Information. Der Unterschied zwischen Daten und Information wird deutlich, wenn dieser Vorgang wiederholt wird. Die Frage lautet erneut „Welcher Tag ist heute?“, und „Freitag“ ist die Antwort. Die Mitteilungen (Daten) und ihre Wahrnehmung haben sich wiederholt. Das Ereignis, die Information „Aha, heute ist Freitag!“, kann sich nicht wiederholen, da der Fragende schon Bescheid weiß.

      Computer verarbeiten nur Daten, keine Informationen. Der Begriff „IT“ (information technology) ist irreführend. Der Begriff „EDV“ (Elektronische Daten-Verarbeitung) ist präziser, deshalb vermeiden wir den Begriff „IT“. Dass „EDV“ altmodisch und „IT“ modern klingt, zeigt ein Problem: Wenn Daten und Informationen nicht unterschieden werden, wird EDV eingesetzt, wenn Information fehlt - eine

Havarie. Wer weiß, wie teuer
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