Dein Leben liegt in deiner Hand. Dzigar Kongtrul
Dilgo Khyentse Rinpoche, sondern auch einer meiner eigenen Lehrer. Dieses Geleitwort zu schreiben scheint mir deshalb so unnötig und unangebracht, als wollte ich am helllichten Tag mit einem Streichholz mehr Licht machen. Aber ich kann mich seiner freundlichen und geschätzten Bitte nicht widersetzen, und deshalb bringe ich gerne in einigen Worten zum Ausdruck, welche Wirkung seine Lehren auf so viele von uns haben.
Kongtrül Rinpoches Lehren sind außerordentlich lebendig und zugänglich für die Menschen im Westen. Gleichzeitig sind sie aber alles andere als ein abgeschwächter westlicher Aufguss von Buddhas Lehren. Vielmehr hat er eine authentische Ausdrucksform für diese Lehren gefunden, mit Worten und Wegen, die seine lange Erfahrung in der westlichen Welt widerspiegeln. Anpassungen sind oft Kompromisse, die damit beginnen, dass die stärksten, unverzichtbaren Elemente buddhistischer Praxis unter den Tisch fallen. Sie bringen uns dazu, einige wenige Punkte aus dem Dharma herauszupicken, von denen wir uns angesprochen fühlen und all das wegzulassen, was uns zu schaffen macht – gerade so als würden wir ein starkes, wirksames Medikament weglassen und nur eine beruhigende Salbe auftragen. Die Aspekte, die uns beunruhigen, sind oft genau die, mit denen wir uns auseinandersetzen sollten, weil sie die am tiefsten liegenden Ursachen für unsere Probleme ansprechen.
Um ein Beispiel zu geben: Wenn es das „Selbst“ tatsächlich gäbe, dann wäre der Versuch, es loszuwerden, so wenig wünschenswert und schmerzhaft, als würden wir uns das Herz aus der Brust reißen wollen. Aber wenn sich herausstellt, dass die
Anhaftung an das „Ich“ im Wesentlichen auf einer grundlegenden Fehleinschätzung beruht – der Wurzel all unserer Probleme – warum ist es dann so schwierig, uns davon zu befreien? In seinen Lehren zeigt Kongtrül Rinpoche unmissverständlich und klar, wie die Identifikation mit einem soliden „Ich“ und die Bedeutung, die man sich folglich selbst beimisst, eine leichte Zielscheibe für die schmerzhaften Pfeile von Wut, Zwangsvorstellungen, Stolz und Eifersucht abgeben.
Genauso kann uns die Vorstellung von Entsagung viel Unbehagen verursachen. Klar, wenn Entsagung bedeutete, uns das zu missgönnen, was wirklich gut tut, dann wäre es absurd, irgendeiner Sache zu entsagen. Aber wenn es einfach bedeutet, das aufzugeben, was uns eben Probleme bereitet, wer würde sich dann nicht dafür begeistern und es sich so schnell wie möglich aneignen? Wenn ein abgekämpfter Reisender entdeckt, dass sein Rucksack mit schweren Steinen gefüllt ist, dann wird er doch sehr froh sein, sie aus seinem Gepäck werfen zu können, oder?
Ein weiteres wichtiges Zeugnis für die Authentizität von Rinpoches Lehren ist seine eigene, nie schwankende Hingabe an seine Lehrer und die große Bedeutung, die er dem Nähren von Bodhichitta beimisst, dieser unabdingbaren altruistischen Geisteshaltung, mit der wir erkennen, dass „alles, was nicht dazu da ist, anderen zu helfen, schlichtweg nichts wert ist“, wie es ein großer Meister einmal ausdrückte.
Die Ratschläge in diesem Buch haben mich enorm inspiriert, und deshalb ermutige ich Sie, sie zu studieren und zu praktizieren. Lassen wir Kongtrül Rinpoches Lehren nun für sich sprechen.
* Der tibetische Begriff rtsa ba‘i bla mawìtà von vielen deutschen Übersetzern mit „Wurzel-Lehrer“ übersetzt. (Anm. d. Ü.)
Vorrede des Autors
Diese Belehrungen wurden inspiriert von den Bedürfnissen und Fragen meiner Schüler, die versuchen aufrichtige, echte Praxis in ihr Leben zu integrieren. Obwohl die Belehrungen in diesem Buch ihre Wurzeln in den traditionellen Lehren haben, die ich von meinen Lehrern erhalten habe, betrachte ich selbst sie nicht als traditionelle Belehrungen, sondern eher als meine eigenen Betrachtungen und Einsichten. Sie sollen Schüler ermutigen, sich voller Freude und ehrlich auf Selbst-Erkenntnis als einen Weg einzulassen, ihr Verständnis des spirituellen Pfades zu vertiefen. Zu guter Letzt haben alle Lehren, ob traditionell oder formlos, das eine Ziel: Selbstherrlichkeit abzubauen und Platz zu schaffen für die Wahrheit.
Dieses Buch beruht auf einer Reihe von Gesprächen, die ich mit meinen Schülern jede Woche per Telefon austausche. Ich nenne diese Vorträge unsere „persönliche Verbindung“, weil sie uns die Möglichkeit geben, regelmäßig in Kontakt zu bleiben. Sie bilden auch eine direkte Verbindung zur Sicht und zur Praxis.
Mögen die Linienmeister, die Mutter-Dakinis und die Gelehrten mir vergeben, falls sich irgend ein Irrtum in diesem Buch befindet. Ich bitte Sie dringend, lieber Leser, daraus mitzunehmen, was immer Sie für nützlich halten.
Danksagung
Mein aufrichtiger Dank geht an alle, die geholfen haben, dieses Buch möglich zu machen. Danke an meine Frau Elizabeth, die mit Herz und Seele dafür gesorgt hat, dass der logische Fluss und Inhalt meiner Absicht entsprach. Besonderen Dank an Helen Berliner, die enorme Sorgfalt und wichtige Überlegungen in dieses Projekt mit eingebracht hat. Ich bin dankbar für ihre Geistesschärfe, Klarheit und ihr Sprachgefühl. Vielen Dank an Sasha Meyerowitz und Vern Mizner, die so viel Zeit, Wissen und Aufmerksamkeit in die Entstehung dieses Buches gelegt haben. Ich bin den vielen Transkribierern von Mangala Shri Bhuti dankbar für ihre harte Arbeit zu Beginn dieses Prozesses. Mein Dank geht auch an Emily Bower vom Shambhala Verlag für ihr sorgfältiges Lektorat des Manuskriptes in der Endphase. Und ich weiß sehr zu schätzen, wie präzise Tracy Davies den Text redigiert und wie wunderbar John Canti das Gebet an die Meister der Traditionslinie übersetzt hat.
Gebet an die Longchen Nyingtik Linie
Samantabhadra, Vajrasattva und Vajradharma –
Lehrer der Geistesübertragung, lasst alles Glück verheißend werden!
Garab Dorje, Mañjushrimitra,
Shri Singha, Jñanasutra, Vimalamitra,
Padmasambhava – Heerscharen von Lehrern der symbolischen Übertragungslinie,
Beschützt mich mit Euren Segen, eurem Mitgefühl und eurer Weisheit.
Dharmakönig Trisong Detsen und deine Söhne, großartiger Übersetzer Vairotsana,
Gebieterin über die Dakinis, Königin der Großen Glückseligkeit,
All ihr Lehrer der geflüsterten Übertragungslinie – Perlen in der Rosenkranz-Girlande,
Ergießt den Segen eures Weisheitsgeistes über uns.
Zweiter Buddha dieses heruntergekommenen Zeitalters – Longchenpa,
Jigme Lingpa, Khyentse Wangpo, Dharma-Meister Jamgön Kongtrül,
Asket Patrül, großer Schatz-Entdecker Chogyur Lingpa und ihr anderen –
Ursprungs- und Linienmeister, spendet eure Segen mitten in mein Herz hinein.
Edle Emanation von Khyentse, einziges Auge der Welt,
Mächtiger Herrscher Tenzin Gyatso, einzigartiger Beschützer der Welt,
Jamyang Dorje, Dharma-Meister der Welt,
Und all meine Lehrer, die ihr frei seid von den Makeln der Welt:
Mit der mitfühlenden Umarmung eurer Weisheit, schaut auf mich und denkt an mich mit Güte.
Wie kann ein stumpfer und verwirrter Taugenichts wie ich, der nur isst, schläft und scheißt,
Irgend jemanden an den heiligen Dharma heranführen?
Es muss an dem Verdienst liegen, den ich anscheinend doch in vergangenen Leben angesammelt habe –
Denn schließlich bin ich leibhaftig all euch Buddhas mit Euren Weisheitsaugen begegnet Und hatte das große Glück, die Bedeutung eurer Lehren zu studieren –
Deshalb, mit reinster Absicht und im Einklang mit den Anweisungen meiner Lehrer,
Von allem, was ich sagen möchte, um den muttergleichen fühlenden Wesen zu helfen,
Habe ich ein