Weltreiche. Ulrich Offenberg

Weltreiche - Ulrich Offenberg


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„Sin“ und „Marduk“ nach „Susa“. Erst dem Herrscher „Nebukadnezar I.“ von der neuen Dynastie der „Isin“, die inzwischen die Macht in Babylon übernommen hatte, gelang es rund 500 Jahre später, die Elamiter endgültig zu vertreiben und ein neues, mächtiges Staatsgebilde zu formen. „Nebukadnezar“ plünderte Susa und brachte die geraubten Götter im Triumphzug in die Heimat zurück.

      Die Erzählungen des „Buches Daniel“ zeichnen das Bild eines exzentrischen Herrschers. Wie schon seine Vorfahren war „Nebukadnezar“ stolzer auf seine Verdienste als Baumeister als auf seine militärischen Triumphe. Trotzdem vergrößerten die Babylonier unter seiner Herrschaft ihr Reich. Aber auch die Künste und Wissenschaften erlebten während seiner langen Regierungszeit – er herrschte 42 Jahre, von 604 v. bis 562 v. Chr. – eine bisher nicht gekannte Blüte. Die Errungenschaften Babylons in der Architektur, der Astronomie und der Mathematik wirkten weit über die Grenzen des Reiches hinaus. Solche Zeiten hatte das Reich nur selten erlebt. Zudem sorgten die militärischen Erfolge für außenpolitische Stabilität. Eine Mischung aus Strenge und Gerechtigkeit sicherte ihm lange Zeit die Akzeptanz bei dem Großteil seiner Vasallen. Jeder Ansatz von Unabhängigkeitsbestrebung wurde konsequent unterdrückt.

      Obwohl er als König viele Neuerungen einführte, war „Nebukadnezar“ auch Erbe einer großen Tradition. Sein Vater, der General „Nabopolassar“ hatte nicht nur das assyrische Joch abgeschüttelt, sondern der Kernregion des Reiches auch Frieden und Stabilität gebracht. So konnte sich „Nebukadnezar“ von Anfang an auf Eroberungen und den Anschluss neuer Regionen konzentrieren. Die Meder, die im Norden und Osten des Reiches siedelten, blieben zumindest bis zum Ende seiner Herrschaft mit ihm verbündet. Die nomadischen Araber in den Wüsten stellten keine Gefahr dar. Die Herausforderungen des Reiches lagen im Westen. „Nebukadnezar“ hatte Aram erobert – etwa das heutige Syrien und Jordanien – die Levante und die Mittelmeerregion. Dazu gehörten die Territorien der Phönizier, Moabiter, Ammoniter und Philister sowie Israel. Die Herrscher von Damaskus, Tyros und Sidon waren ihm tributpflichtig.

      Der König führte die Tradition einer alljährlichen Reise durch die neu erworbenen Regionen ein. Das diente dazu, Stärke zu demonstrieren und die Menschen daran zu erinnern, wer ihr Herrscher war. Gleichzeitig wurden bei dieser Gelegenheit Steuern und Abgaben kassiert. Außerdem konnten Unruhen im Keim erstickt werden.

      Der ägyptische Pharao „Necho“ wollte jeder Gefahr einer babylonischen Expansion begegnen. Es kam zu einem kurzen, blutigen Krieg zwischen den beiden Mächten. Die Auseinandersetzung scheint ergebnislos geendet zu haben, brachte für Babylon dennoch einen Imageschaden. Sofort fühlte sich das Reich Juda unter König „Jojakim“ dazu ermutigt, das fremde Joch abzuschütteln. „Nebukadnezar“ sandte ein Heer nach Jerusalem und belagerte 597 v. Chr. die Hauptstadt der Juden. Der Feldzug dauerte nur drei Monate, dann kapitulierte Israel.

      Jojakims Sohn und Erbe „Jojachin“ wurde zusammen mit seiner Armee, seiner Familie und den meisten wichtigen Beamten und militärischen Führern sowie nützlichen Handwerkern nach Babylon verschleppt und dort angesiedelt. Insgesamt etwa 10.000 Bewohner Israels mussten in die so genannte „Babylonische Gefangenschaft“. Deportationen in großem Stil waren damals ein gängiges Mittel, um den Feind zu schwächen. Außerdem brachten sie frisches Blut und junge Talente nach Babylon. Viele Städte in Juda blieben verlassen zurück. Nach babylonischer Tradition wurden zudem die Schätze des Tempels und des Palastes konfisziert. Nebukadnezars Statthalter in Israel, „Zedekia“, verbündete sich, seine Macht überschätzend, ein Jahrzehnt später mit den Ägyptern und zettelte eine Revolte gegen die babylonische Herrschaft an. Diesmal belagerte das Heer Nebukadnezars Jerusalem 18 Monate lang, bis die Bewohner schließlich, halb verhungert, aufgeben mussten.

      Der babylonische König statuierte ein Exempel: Zunächst musste der Aufrührer mit ansehen, wie seine Söhne hingerichtet wurden. Dann blendete man ihn und brachte ihn in Ketten nach Babylon, wo er den Rest seines Lebens in einem Kerker verbrachte. Jerusalem wurde geplündert, die Stadtmauern geschleift, Tempel und Palast in Brand gesetzt. Alle Mitverschwörer Zedekias mussten sterben und ein großer Teil der Bevölkerung wurde nach Babylon verschleppt.

      Das babylonische Exil der hebräischen Elite endete mit der Machtübernahme der Perser in Mesopotamien. Als „Kyros der Große“ den Deportierten erlaube, in ihr Heimatland zurückzukehren, nahmen 40.000 von ihnen das Angebot an.

      Nebukadnezars Eroberungen im Westen waren zwar imposant, hatten aber im Alten Orient nur eine relative Bedeutung. Er hätte gut daran getan, mehr auf die Gewitterwolken zu achten, die sich an der östlichen Grenze seines Reiches zusammen brauten. Die Bibel berichtet davon, wie der babylonische König Nebukadnezar in einem Traum ein gewaltiges Standbild erblickte, dessen Haupt aus reinem Gold, Brust und Arme aus Silber, Körper und Hüften aus Bronze, Beine und Füße aus Eisen und zum Teil aus Ton gewesen seien. Dieses Standbild wurde, so sah es der König im Traum, von einem Stein zermalmt. Einem Stein, der zu einem großen Berg wurde und die ganze Erde erfüllte. Die Weisen des Reiches deuteten diesen Traum als das unausweichliche Auseinanderbrechen von mächtigen Reichen und das Entstehen neuer Herrschaften.

      Der König sah darin einen Fingerzeig seines Gottes und entließ das Volk der Juden aus der so genannten „Babylonischen Gefangenschaft“ in ihre Heimat nach Palästina. Doch damit konnte er sich nicht den ewigen Bestand seines Reiches erkaufen. Babylonien ging genauso unter wie andere Imperien vor und nach ihm.

      20 Jahre nach seinem Tod traten die Perser ihren Siegeszug an.

      Das Perserreich der Achämeniden

      Das Reich der Achämeniden, das bereits seit zwei Jahrhunderten die Nationen des Vorderen und des Mittleren Ostens zu einer großen Staats- und Schicksalsgemeinschaft zusammen geschlossen hatte, imponierte durch seine riesige Ausdehnung, sein unerschöpfliches Menschenpotential und seine märchenhaften materiellen Hilfsquellen. Es war aber ein Koloss auf tönernen Füßen. Der persischen Zentralmacht war es nicht gelungen, die vielen Völker und Stämme miteinander zu einem organischen Ganzen zu verschmelzen und die starken feudalistischen Kräfte zu bändigen. Allerdings sorgten die Hofschranzen in der Hauptstadt „Susa“ dafür, dass dem Herrscher der Welt unangenehme Nachrichten vorenthalten blieben. Immerhin verfügte der König über eine bestens geschulte griechische Söldnerarmee. Eine Truppe, die es mit jedem Gegner aufnehmen konnte.

      Im 3. Buch seiner „Gesetze“, seinem letzten und umfangreichsten Dialog, behandelt der griechische Philosoph „Platon“ in der Rückschau auf die geschichtliche Entwicklung der bestehenden Staatsformen auch das Perserreich.

      Es verkörpert für ihn die Staatsordnung, die nicht, wie etwa Sparta oder Kreta, für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Einsicht, Freiheit und Eintracht der Bürger sorgte, was ihren Bestand gesichert hätte, sondern die Herrschergewalt über Gebühr steigerte. So wurde aus einer von dem verständigen Regenten „Kyros“ begründeten Monarchie schon unter seinem Sohn „Kambyses“ eine drückende Despotie. Eine Herrschaftsform, die sich unter „Dareios“ und seinem Nachfolger „Xerxes“ wiederholte.

      Die Ursache dieser unheilvollen Entwicklung vermutete Platon in der Erziehung der Königssöhne durch die Frauen und Eunuchen des Königshauses. Eine Erziehung, die aus ihnen verweichlichte, zucht- und zügellose Menschen machte. Ähnlich wie Platon urteilte auch „Ktesias“, der griechische Leibarzt des persischen Großkönigs „Artaxerxes II.“.

      Wie sind solche griechischen Bilder „persischer Dekadenz“ zu erklären und welche Bestätigung finden sie in der iranischen Überlieferung?

      Durch alle Zeugnisse zieht sich das Urteil von der Verweichlichung der Perser infolge des um sich greifenden Luxus’. In der Tat ist die Zurschaustellung von Reichtum nicht zu leugnen. Üppige Geschenke an den König waren von besonderer Bedeutung im achämenidischen Herrschaftssystem. Sie machten zum einen Statusunterschiede deutlich, erfüllten ihren Zweck aber auch im Rahmen der Etablierung und Sicherung von Beziehungen zwischen König und Untertanen. Dabei spielten auch Gastmähler und Luxus-Bankette eine wichtige Rolle. Zu diesen Gelegenheiten, die die Macht des Königs sinnbildlich zum Ausdruck bringen sollten, gab wiederum der Herrscher in überreichem Maße Geschenke an die aus, die ihrerseits den


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