Den Schatten umarmen. Teal Swan

Den Schatten umarmen - Teal Swan


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ist und was Sie tun können, wenn bestimmte Emotionen oder Reaktionen hochkommen. So können Sie den Completion Process entweder alleine, mit dem Beistand eines liebevollen Freundes bzw. einer Freundin oder auch mit einem ausgebildeten Completion Process Certified Practitioner (CPCP) durchlaufen.

      Der Completion Process ist fließend aufgebaut; vom Anfang bis zum Ende führt ein Schritt ganz natürlich zum nächsten, von Schritt 1 bis Schritt 18. Für ein besseres Verständnis habe ich meine Erklärungen aber in drei Kapitel unterteilt.

      Kapitel 6 behandelt die Schritte 1 bis 6 und hat mit dem Teil des Prozesses zu tun, in dem wir eine Erinnerung, die in unserem derzeitigen Leben schmerzhaft ist, noch einmal erleben.

      Kapitel 7 geht auf die Schritte 7 bis 13 ein; in diesem Teil geht es darum, die eigentliche Erinnerung abzuändern, um Heilung zu bewirken.

      Kapitel 8 erläutert die Schritte 14 bis 18; hier gilt es, sich von der Erinnerung zu befreien und uns auf unsere Gegenwart auszurichten.

      In Teil III – Versöhnung – habe ich die Ehre, eine Reihe dramatischer Erfahrungsberichte über den Completion Process vorstellen zu dürfen, mit den Worten von Menschen aus aller Welt, die diesen Prozess durchlaufen oder ihn unterstützend begleitet haben. Hinzu kommen Anmerkungen von meiner Seite über die vielen Vorteile und Wohltaten, die der Completion Process denjenigen schenkt, die ihn angewandt haben und die ihn weiterhin in ihrem Alltag einsetzen.

      Was soll »ganz« werden?

      Das Leben ist unvorhersehbar und unberechenbar. In manchen Phasen haben wir vielleicht das Gefühl, wir hätten endlich alles in Ordnung gebracht, und dann wird wieder alles auf den Kopf gestellt. Manchmal kommen wir uns vor wie ein entgleister Zug oder als versuchten wir, ohne Paddel flussaufwärts zu fahren. Haben Sie auch den Eindruck, auf eine Karambolage zuzusteuern oder völlig chaotisch durchs Leben zu treiben? Dann könnte Reintegration für Sie hilfreich sein. Solche Erfahrungen sind wertvoll und notwendig. Sie sind Teil unserer Entwicklung, weshalb es faszinierend, nützlich und heilsam sein kann, etwas darüber zu lernen.

      Wenn Sie lernen, auf die Trigger bzw. Auslöser von Erinnerungen zu achten, und sich Zeit für die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen zentralen Thema nehmen, können Sie endlich Heilung finden.

      Der Auslöser ist ein wichtiges Konzept, deshalb möchte ich es an dieser Stelle kurz erklären. Ein Auslöser ist alles, wodurch eine traumatische Erinnerung aus der Vergangenheit ins Gedächtnis bzw. an die Oberfläche steigt. Das kann ein Wort, der Tonfall einer Stimme, ein Geruch, eine Empfindung, ein Gesicht, ein Ort oder jede andere beliebige Situation oder Sache sein, die in Ihnen ein Gefühl der Beunruhigung oder Angst hervorruft. Womöglich ist Ihnen nicht einmal bewusst, wodurch plötzlich ein Gefühl des Unwohlseins, der Verletzung, der Angst oder der Unruhe hervorgerufen wird, aber Ihr Unterbewusstsein weiß es sehr wohl.

      Ein Auslöser ruft also die Erinnerung an eine frühere Verletzung hervor und signalisiert Ihnen, dieses Thema bzw. Problem anzugehen. Auslöser sind in diesem Kontext nichts Negatives oder Unerwünschtes, sondern vielmehr eine Einladung, abgespaltene Aspekte Ihres Selbst wieder zu integrieren. Der Completion Process ist im Wesentlichen eine praktische und sehr wirksame Möglichkeit, anhand von Auslösern unsere abgespaltenen Aspekte zu reintegrieren und wieder ganz zu werden.

      Lesen Sie einfach weiter, dann wird dieser Ansatz immer mehr Sinn für Sie ergeben. Jetzt am Anfang können Sie sich einfach vorstellen, Sie seien ein Fluss, und die Teile Ihrer Kindheit, welche aufgrund traumatischer Ereignisse abgespalten wurden, seien wie Wasserläufe, die vom Fluss abzweigen.

      In der Natur ist es ja so: Je mehr Bäche sich wieder in den Fluss integrieren, also sich wieder damit verbinden, desto mehr Wasser hat der Fluss. Unser Bewusstsein ist ein riesengroßer Fluss von Energie, und jedes Mal, wenn wir einen verlorenen Teil unserer selbst reintegrieren, steht uns mehr Energie zur Verfügung und unser Bewusstsein gelangt auf eine höhere Ebene. Wenn Sie die Tatsache annehmen können, dass Sie ein Meisterwerk sind, an dem immer weiter gearbeitet wird, lernen Sie, im Laufe dieser beständigen Weiterentwicklung Frieden und Freude zu finden. Sie können sicher sein: Je besser es wird, desto besser wird es.

      Doch das ist ein kontinuierlicher Prozess, deshalb bitte »Ganzwerdung« nicht mit »Abschluss« verwechseln! Sobald Sie eine Ebene der Erleuchtung erreichen, winkt am Horizont eine weitere. Es gibt keinen erleuchteten »Ruhestand«. Wir sind nie »fertig«, und das ist die große Schönheit unseres Lebens.

      Unser wahres Selbst zutage zu fördern ist ein kontinuierlicher Prozess, der nie zu Ende ist. Lassen Sie sich davon nicht entmutigen. Sobald Sie sich selbst entdecken, erkennen Sie, dass Ihnen die Freiheit, die Integrität, die Freude und die Liebe angeboren sind. Sie wurden nur darauf konditioniert, all diese Geschenke zu vergessen.

      Diese Sprache sprechen lernen

      Der Completion Process bringt Ihre Verletzungen aus der Vergangenheit an einen Punkt, an dem sie heilen können. Auch hier verwende ich Wörter sehr behutsam. In diesem Zusammenhang sind »Verletzungen« keine klaffenden Wunden, aus denen Blut strömt, sondern stehen für jeglichen nicht geheilten emotionalen, psychischen oder physischen Kampf, den Sie vielleicht noch austragen.

      Sogar das Wort »Heilen« kann missverstanden werden. Meistens impliziert »Heilung« ja, dass etwas so, wie es ist, nicht in Ordnung ist. Doch genau dies ist sozusagen die »Urverletzung«, die wir alle mit uns herumtragen, nämlich, dass etwas aus unserer Vergangenheit nicht in Ordnung sei. Das Schöne am Completion Process ist: Das, was Heilung bringt, ist das präsente Bewusstsein in Form von Aufmerksamkeit, die Sie dieser Verletzung schenken. Sie sind bedingungslos präsent bei dieser Verletzung, wodurch Sie letztendlich Ihr Okay dazu geben und es in Ordnung finden, sich genau so zu fühlen, wie Sie sich fühlen. Im Laufe dieses Prozesses werden Sie mit diesem Konzept noch sehr vertraut werden.

      Bei der Arbeit mit dem Completion Process müssen wir unsere Emotionen nicht verändern bzw. um eine Veränderung bitten. Unsere Emotionen verändern sich eben genau deshalb, weil wir das nicht einfordern oder sie dazu zwingen. Wir sind einfach bedingungslos präsent und fokussiert, und damit schenken wir uns bedingungslose Liebe. Dadurch erleben wir eine Transformation in das, was und wer wir wirklich sind. So können wir ganz werden und unsere Integrität wiederherstellen.

      Wer sich auf den Completion Process einlässt, lässt sich auf einen Heilprozess ein, in dessen Verlauf die Schichten, welche unser wahres Selbst verbergen, sozusagen abgeschält werden, wodurch der Leidenskreislauf im Leben beendet wird. Das heißt keineswegs, dass wir keine negativen Emotionen mehr verspüren, doch wir leiden unter solchen negativen Emotionen nicht mehr so wie früher.

      Wie sich der Completion Process anfühlen kann

      Als Heilerin freue ich mich immer sehr über Rückmeldungen von früheren Klienten und Klientinnen. Ich will an dieser Stelle die Geschichte einer Klientin erzählen, damit Sie einen Eindruck davon bekommen, wie sich dieser Prozess anfühlt und was dabei herauskommen kann. Das Trauma dieser Klientin mag ein ganz anderes sein als das Ihre, aber der Prozess funktioniert immer gleich, egal welches Trauma Sie auflösen wollen.

      Ich habe diese Klientin (ich will sie Joanna nennen) im Laufe des Prozesses ziemlich gut kennengelernt. Ich kenne ihre Geschichte in- und auswendig, glaube aber, es bringt mehr, sie von Joanna in ihren eigenen Worten erzählen zu lassen. Joanna ist sich völlig da-rüber im Klaren, welche Rolle der Completion Process in ihrem Leben gespielt hat:

      »Mit diesem Werkzeug habe ich mein Leben gerettet. Bevor ich darauf stieß, war ich ein Zombie. Mein Leben war voller Schmerzen, ich wollte nicht mehr leben. Tagtäglich litt ich solche Schmerzen, dass ich gar nicht wusste, was Glück oder Freude oder Spaß überhaupt sind. Diese Konzepte waren von meiner Realität so weit weg, dass ich vergessen hatte, dass so etwas überhaupt möglich ist. Mein Leben erschien mir unerträglich. Egal, was ich machte, ich konnte aus meiner Hölle einfach nicht ausbrechen. Meine Vergangenheit war mir immer gegenwärtig und ich konnte dem jahrelangen sexuellen Missbrauch und den Depressionen einfach nicht entkommen.«

      Als


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