Den Schatten umarmen. Teal Swan

Den Schatten umarmen - Teal Swan


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verdammt, weil wir nicht wissen, wie wir emotional miteinander in Verbindung treten können. Wir schaffen es nicht, echte Nähe zu entwickeln, und neigen dazu, die Emotionen des anderen abzulehnen und nicht ernst zu nehmen, denn so wurde es uns vorgelebt. Wir lehnen die Gefühle der anderen Person ab und sagen ihr, was sie fühlen sollte und was nicht. Wir haben keine Geduld mit den emotionalen Bedürfnissen anderer Menschen, weil wir Emotionen und Gefühle als Schwächen betrachten. Leute, die ihre Emotionen zeigen, halten wir für »überempfindlich«. Und so führen wir als Erwachsene emotional ungesunde Beziehungen.

      Unsere Beziehungen als Erwachsene können auf viele Weise von der emotionalen Vernachlässigung in der Kindheit geprägt werden und emotional gestört sein.

      Man stelle sich beispielsweise eine Frau vor, die mit ihrer Freundin zu Mittag isst. Sie ist enttäuscht, weil sie nicht die erwartete Beförderung bekommen hat, aber ihre Freundin sagt zu ihr, sie sei einfach negativ und müsse auch einmal das Positive sehen, weil sie mit ihrer Negativität nur noch mehr Enttäuschungen schaffen würde.

      Oder der Mann, der zu spät von der Arbeit nach Hause kommt und sobald er durch die Haustür tritt, seine weinende Frau sieht. Er sieht sie weinen und sagt sofort: »Immer musst du gleich überreagieren. Ich bin nur eine halbe Stunde später dran. Vielleicht leidest du einfach unter den Wechseljahren. Du musst zum Arzt oder zur Therapeutin.« Und dann verzieht er sich vor den Fernseher.

      Oder ein Mann, der sich in Scheidung befindet. Er erzählt seinen Freunden, was los ist, und sie überreden ihn, mit ihnen auszugehen. Doch wenn sie sich dann treffen, erkennt keiner an, dass er gerade eine schwierige Zeit mit seiner Beziehung durchmacht. Sie sagen ihm, er solle einfach nicht mehr daran denken, noch ein Glas trinken, mit ihnen Sport gucken und doch mal einen Blick auf die hübschen Mädels an der Bar werfen.

      Emotionen und Intimität

      Egal, ob es um eine Freundschaft oder um eine Liebesbeziehung geht: Emotionen und Gefühle sind das Herzstück einer jeden gesunden und sinnvollen Beziehung. Ohne ein gesundes Gefühlsleben ist eine Beziehung keine Beziehung, sondern ein soziales Übereinkommen ohne Nähe bzw. Verbindung.

      Bei Nähe bzw. Intimität geht es nicht um Sex. Das ist wichtig. Sex mag ein Nebenprodukt von Intimität sein, aber er hat an und für sich nichts mit Intimität zu tun. Intimität bedeutet, die Beteiligten wissen, wer sie selbst in allen Lebensbereichen wirklich sind, und auch andere Menschen kennen ihr wahres Selbst. Durch diese intime Nähe zeigen sich zwei Personen die Wahrheit über sich selbst und nehmen sich gegenseitig an. Intimität bringt Menschen im Herzzentrum zusammen, wo Empathie und Verständnis erfahren werden können.

      Intimität heißt, in den anderen hineinschauen, um sich auf tiefer Ebene miteinander zu verbinden. Wenn der Kern unseres Wesens unsere Gefühle sind und die Sprache der Seele die Gefühle sind, dann ist der wichtigste Teil der Intimität die emotionale Verbindung zueinander und das gegenseitige Verständnis unserer Gefühle.

      Letztendlich bedeutet das: Emotionen sind wichtig. Wir müssen die Bedeutung und den Wert unserer Gefühle erkennen, unsere Emotionen gegenseitig respektieren. Wir müssen auf die Gefühle lauschen, die hinter den Worten stecken. Wir müssen uns öffnen, um verstanden zu werden, und uns öffnen, um andere zu verstehen. Diese Ebene von Verstehen sollte jedem guten Rat vorausgehen. Indem Sie jemandem erzählen, wie er oder sie sich fühlen sollte oder nicht, bringen Sie dieser Person bei, sich selbst zu misstrauen und zu denken, dass etwas an ihr verkehrt sei.

      Die Beziehung zu sich selbst verbessern

      Jetzt kommen wir zu einem der wichtigsten Punkte im Hinblick auf die emotionale Gesundheit. Sie haben mit sich selbst eine Beziehung, und das heißt, Ihre eigenen Emotionen sollten Ihnen wichtig sein. Es ist sehr wichtig, sie anzuerkennen und sie nicht etwa abzulehnen oder zu missbilligen, so wie man Ihnen das vielleicht als Kind beigebracht oder gezeigt hat.

      Dazu empfehle ich Ihnen, die nachfolgend ausgeführten sechs Schritte auf Ihre Beziehung zu sich selbst anzuwenden. Das wird Ihnen helfen, mit jeglichen eventuell auftretenden negativen Emotionen oder inneren Konflikten umzugehen.

      1 Nehmen Sie Ihre Emotionen bewusst wahr. Achten Sie darauf, wie sie sich im Körper manifestieren und mit welchen Empfindungen sie einhergehen.

      2 Kümmern Sie sich um Ihre Emotionen; erkennen Sie sie als gültig und wichtig an. Wir haben die Tendenz, unsere Emotionen wie eine abstrakte Plage zu behandeln. Um mit Emotionen arbeiten zu können, müssen wir anerkennen, dass sie einen Daseinsgrund haben, dass sie uns helfen und nicht behindern wollen.

      3 Hören Sie empathisch auf Ihre Emotionen und versuchen Sie zu verstehen, warum Sie so fühlen, wie Sie fühlen. Lassen Sie ein Gefühl der Sicherheit und Verletzlichkeit zu, ohne Angst vor Selbsturteilen. Versuchen Sie, Ihre Emotionen und Gefühle wirklich zu verstehen.

      4 Erkennen Sie die Zulässigkeit Ihrer eigenen Gefühle an. Wenn das hilft, versuchen Sie, jede Emotion mit einer Bezeichnung zu versehen. Es ist zulässig, sich so zu fühlen. Vermeiden Sie selbstkritische Aussagen wie »Ich fühle mich so nutzlos«. Bestätigen Sie sich selbst und sagen Sie: »Ich kann genau erkennen, wie das, was passiert ist, mir das Gefühl geben konnte, nutzlos zu sein, und es ist in Ordnung, dass ich mich so fühle.«

      5 Lassen Sie die Gefühle zu, die Sie fühlen, und leben Sie Ihre Emotionen voll aus, bevor Sie sich daranmachen, sie zu verbessern. Gestehen Sie sich zu, zu sagen, wann Sie so weit sind. Setzen Sie sich dabei nicht unter Zeitdruck. Praktizieren Sie bedingungslose, fokussierte Präsenz und lieben Sie sich selbst bedingungslos, bis Sie bereit sind, in eine neue Emotion zu wechseln.

      6 Nachdem (und wirklich nachdem) Sie sich Ihre Emotionen voll und ganz zugestehen, sie anerkennen und fühlen können, sollten Sie sich strategische Möglichkeiten überlegen, wie Sie mit Ihren Reaktionen am besten umgehen können, wie Sie bestimmte Situationen anders betrachten können, um sich besser damit zu fühlen. Erteilen Sie sich selbst den freundlichsten und bestmöglichen Rat, und wenn der Zeitpunkt für eine Veränderung nicht der richtige ist, üben Sie bitte keinen Druck aus. Es wird passieren, wann es eben passiert.

      Umgang mit den Emotionen anderer Menschen

      Wie wir mit den negativen Emotionen anderer umgehen, bestimmt, wie gesund bzw. ungesund unsere Beziehungen sind. Bevor wir in den Completion Process einsteigen, müssen wir lernen, negative Emotionen in unseren Beziehungen richtig anzugehen. Für die Entwicklung von mehr emotionaler Verbindung und Intimität zu einem anderen Menschen können Sie mit den bereits beschriebenen sechs konkreten Schritten arbeiten. Das funktioniert bei Kindern ebenso wie bei Erwachsenen. Diese Schritte sind goldrichtig, wenn Sie in einer Beziehung mit negativem Feedback oder mit einem Konflikt zu kämpfen haben. Dabei gilt es, folgende Schritte zu berücksichtigen:

      1 Achten Sie auf die Emotionen der anderen Person und beobachten Sie, wie sich deren Körpersprache verändert. Wir neigen dazu, in unserer eigenen Seifenblase zu leben, und müssen uns mehr auf die Menschen um uns herum einstimmen, damit wir im Falle einer emotionalen Reaktion ihrerseits das auch wirklich empathisch fühlen können.

      2 Nehmen Sie die Emotionen der anderen Person ernst, erkennen Sie sie als wichtig und gültig an, so wie Sie das mit Ihren eigenen Emotionen tun würden.

      3 Hören Sie mit Empathie auf die Emotion des anderen, um zu verstehen, wie sich dieser Mensch fühlt. Wenn er sich sicher fühlt, kann er sich verletzlich zeigen, ohne Angst vor Verurteilung zu haben. Versuchen Sie zu verstehen, anstatt beizupflichten.

      4 Gestehen Sie dieser Person ihre Gefühle zu, erkennen Sie sie an, eventuell auch indem Sie ihr helfen, sie in Worte zu fassen und zu benennen. Dieses Zugestehen und Anerkennen heißt nicht, dass wir die Gedanken über ihre Emotionen für richtig halten; wir müssen diesen Menschen einfach wissen lassen, dass seine Gefühle in Ordnung sind. Sagt ein Freund beispielsweise zu Ihnen: »Ich fühle mich so nutzlos«, dann heißt anerkennen nicht, zu sagen: »Du hast recht; du bist nutzlos.« Vielmehr könnten Sie stattdessen sagen: »Mir ist völlig klar, warum du dich dadurch nutzlos fühlst, und ich würde mich an deiner Stelle genauso fühlen.«

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