Läuferleben. Sandra Mastropietro

Läuferleben - Sandra Mastropietro


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und fragen: »WARUM? Warum muss jeder schneller werden wollen? Warum meinen alle, dass ihre Ernährung und Lebensweise die einzig richtige ist?«

      Abende auf der Couch sind inzwischen genauso verpönt wie Nachos mit Käse. Ist ja auch beides nicht gesund, oder?

      Wenn schon ein Abend daheim, dann bitte in aufrechter Haltung, sonst folgen Rückenprobleme. Am Schreibtisch – Zeit, um sich zu informieren! Zeit, um in unzähligen Fitnessblogs positive Laufberichte à la »Von null auf 42,195« oder von neuen Bestzeiten zu lesen, die in Nullkommanichts erreicht wurden.

      An dieser Stelle möchte ich die Frage aufwerfen, ob der Druck, den wir in uns und anderen aufbauen, noch gesund ist?! Jeder Körper is(s)t und reagiert anders. Natürlich gibt es Dinge, deren positive oder negative Wirkungen nachgewiesen sind, aber come on, Leute, leben und leben lassen! Nicht jeder muss bei offiziellen Rennen an den Start gehen, nicht jeder will auf den Schweinsbraten im Biergarten verzichten.

      Bewusst machen, motivieren und unterstützen ist gut, aufzwingen und unter Druck setzen gehen gar nicht! Einen großen Applaus jedem, der bewusst lebt und sich dabei 100 % wohlfühlt – ihr macht es richtig, so soll es sein! Der neu auferlegte Fitness- und Gesundheitswahn, der meiner Meinung nach in dieser extremen Art auf Dauer weder fit noch gesund macht, bringt nämlich eine ganz akute Mangelerscheinung mit sich: DAS WOHLFÜHLEN!

      Laufen und fit sein sollen Spaß machen! Bewusst leben ist sehr gut, aber bitte nicht nur, um zu gefallen und einem Trend nachzugehen. Tut es für euch, tut es zusammen mit anderen, habt Freude am gesunden Lebensstil – und vergesst das Genießen nicht!

      Auch ich habe Abende, an denen ich Chips mit Käsesoße auf der Couch futtere, ein Bier trinke. Davon geht die Welt nicht unter. Denn genau diese Abende sind es, die das Wohlfühllevel weit nach oben treiben und auf ihre Art und Weise fit für den nächsten Tag machen.

      Allen »Neuankömmlingen« in der Laufszene wünsche ich an dieser Stelle von Herzen viel Spaß – ich kann mir gut vorstellen, dass der jetzige »Einstieg«, wo doch alle schon so schnell und vor allem so diszipliniert sind, schwerfällt. Doch glaubt mir, von null auf 42,195 ist ein absoluter Ausnahmefall und viele Veganer vermissen sicherlich auch manchmal heimlich, still und leise die guten alten Haribos.

      Abschließen möchte ich diese Zeilen mit dem Aufruf, dass wir Läufer nicht so überheblich sein sollen! Unser Sport wird durch Kameradschaft, Zusammenhalt und Fairness geprägt. Helft »Neuankömmlingen« in der Szene und vergesst den Spaß nicht.

      Untermalen möchte ich all die vorangegangenen, vornehmlich emotionalen, positiven Aspekte des Laufens zum Abschluss des ersten Kapitels nun noch mit ein bisschen Theorie:

      Warum Laufen oft die beste Therapie ist

      »Du, kann ich dich gleich zurückrufen? Bin gerade ein bisschen im Stress.«

      Egal ob man diesen Satz selbst benutzt oder nur von anderen hört – die Welt ist im Stress, ständig, scheinbar immer und überall. Die Burn-out-Fälle häufen sich und das hart verdiente Geld wird zum Psychologen und in hypermoderne Wellness-Bunker geschleppt.

      »Einmal abschalten bitte« ist vom Urlaubsvorhaben zu einem neu definierten Grundbedürfnis geworden. Auch wenn die Arbeitstage anstrengend und die Mittagspausen kurz sind oder durchgemacht werden: Die Laufschuhe nach dem Job zu schnüren, ist die beste Therapie, um den oft so furchtbar frustrierenden Arbeitsstress loszuwerden.

      Ist der nach Bier, Chips und Couch lechzende Schweinehund nämlich erst einmal vor der Tür und in Bewegung, beginnt der Körper mit dem Abbau von Cortisol, dem Stresshormon Nummer eins. Cortisol wird von der Nebenniere als Reaktion auf vermeintliche Gefahr gebildet und bereitet den Körper auf Kampf oder Flucht vor. Deswegen reagieren die meisten Menschen übrigens auch aggressiv, wenn sie »unter Strom stehen«. Da man bei Gefahr schnell und instinktiv handeln muss, blockiert das Cortisol unser Gehirn. Außerdem schwächt es das Immunsystem. Und das ist keine gute Kombination, weswegen wir uns schnell wieder mit den schönen Dingen des Lebens beschäftigen – wie zum Beispiel dem Laufen.

      Denn Laufen hilft nicht nur beim schnellen Abbau des »Denkblockers und Immunschwächers«, sondern setzt zusätzlich Glückshormone frei.

      Auch wenn man, um ehrlich zu sein, nicht bei jedem Lauf von Glückshormonen überschüttet wird, wie etwa beim Runner’s High, ergab jedoch erst kürzlich eine Gemeinschaftsstudie der TU München und der Universität Bonn, dass bei Bewegung an frischer Luft die Produktion von Glückshormonen viel stärker angeregt wird, als wenn man auf der Couch relaxt.

      Und Relaxen kann man nach dem Laufen immer noch – und zwar viel besser als ohne! Denn absurderweise funktioniert die muskuläre Entspannung zunächst über Anspannung. Und nach dem Warmlaufen, wenn Körper und Seele im Einklang sind, unsere Schuhe den Takt des Seins vorgeben und die Gedanken an Gewicht verlieren, dann erleben wir wahre Entspannung!

      Entspannung, die man sich mit keinem Geld der Welt kaufen kann!

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