Ohne mich ist das Leben ganz einfach. Ayya Khema

Ohne mich ist das Leben ganz einfach - Ayya Khema


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gleichgültig, wenn du dir diese Gedanken und Sorgen nicht machst.“ Ich kann schlecht unterscheiden, wann es gleichgültig und wann heilsam ist, weil dann Angst und Misstrauen auch eine Rolle spielen.

      A: Die heilsamen Gedanken sind auf liebender Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut aufgebaut. In diesem Fall, wenn ein Mensch krank ist, können wir Mitgefühl praktizieren. Wenn wir uns erkundigen wollen, ob es einem Menschen gut oder schlecht geht, können wir dies aus Mitgefühl tun. Sich Sorgen zu machen, hat keinen Sinn, es ändert nichts an der Situation. Mitgefühl hingegen verändert etwas im eigenen Herzen, es zeigt sich in der Sprache und kann dem anderen eine Hilfe sein. Wir können uns selbst prüfen, ob wir eigennützig denken und empfinden oder ob wir dem anderen helfen wollen. Mitgefühl ist immer auf den anderen gerichtet. Sich Sorgen zu machen, ist im Allgemeinen eigennützig. Daher sind diese Gedanken fallen zu lassen und zu ersetzen.

      F: Wie kann ich das denn in diesem Fall ersetzen?

      A: Genau wie wir unsere Gedanken während der Meditation durch die Betrachtung des Atems ersetzen, so tun wir das auch im täglichen Leben. Je besser das in der Meditation geht, desto leichter geht es im Leben. Genau wie wir in der Meditation immer wieder die Gedanken fallen lassen und stattdessen den Atem betrachten, so ersetzen wir auch im Alltag das Unheilsame durch das Heilsame.

      F: In der Meditation ist es wohl egal, ob ein Gedanke heilsam oder unheilsam ist. Man etikettiert ihn und tut etwas anderes. Da kümmern wir uns nicht darum, ob er heilsam ist. Stimmt das?

      A: Das stimmt, es ist aber dieselbe Handlung des Ersetzens.

      F: Aber wir brauchen ihn nicht erst in etwas Heilsames umzuwandeln?

      A: Nein, man wandelt den Gedanken in die Atembetrachtung um.

      F: Im Alltag würde man den Gedanken in einen heilsamen umwandeln?

      A: Richtig. Es bleibt dieselbe Handlung des Ersetzens. Durch das Etikettieren lernen wir auch, dass die meisten Gedanken unheilsam sind, weil sie uns ablenken.

      F: In der Meditation ist ein schöner Gedanke also gar nicht heilsam? Das Heilsame nützt uns dabei nichts?

      A: In der Meditation nicht. Wenn am Anfang heilsame Gedanken hochkommen, kann uns das helfen, den Geist zu beruhigen, aber während des Meditierens sind alle Gedanken zu ersetzen, und im Leben handelt es sich um alle unheilsamen.

      F: Ich habe den Unterschied zwischen Kontemplation und Meditation noch nicht verstanden.

      A: In der Meditation versuchen wir, den Geist vom Denken abzubringen und stattdessen zu erleben. Am Anfang benutzen wir den Atem als Methode dazu. Wenn die Meditation konzentriert genug geworden ist, brauchen wir keine Methode mehr. Um den Geist vom Denken abzubringen, müssen wir den Atem erleben. Wir hören also auf, all dem Aufmerksamkeit zu schenken, was wir im Allgemeinen denken.

      Bei der Kontemplation hingegen wählen wir ein Thema, wie zum Beispiel den eigenen Tod, und bleiben bei diesem Thema. Es geht nicht darum, heilsam oder unheilsam zu reagieren, sondern darum, die eigenen Reaktionen kennen zu lernen. Wir können dadurch erfahren, was uns bewegt und motiviert, wie wir im Leben stehen und wie wir uns eventuell hilfreich ändern können. Gewählt wird immer ein Thema von universeller Wahrheit, das wir auf uns persönlich beziehen. Das bedeutet, den Mikrokosmos im Makrokosmos zu sehen und sich selbst als Teil des Ganzen wahrzunehmen.

      Kapitel 3

      Das Heil der Vertiefung

      Wir kommen jetzt zu der siebenten Qualität, die der Buddha in einem Mönch gesucht hat, nämlich zum „Heil der Vertiefung“. Es ist die Geistessammlung, zu der die anderen sechs Qualitäten hinführen sollen. Ohne diese anderen Fähigkeiten kann die Konzentration nicht vervollständigt werden.

      Konzentration heißt auf Pāli samādhi oder samatha. Das Wort samādhi ist uns nicht ganz fremd; es bedeutet nichts anderes als die Sammlung des Geistes, wodurch er einspitzig wird. Er bleibt dann auf einem Platz, gehorcht und tut, was wir von ihm wollen, schweift nicht in die Ferne und kümmert sich um nichts anderes als um das, worum er sich kümmern soll. Die Sammlung des Geistes kann momentan, angrenzend oder vollkommen sein.

      Die momentane Sammlung haben wir sicherlich alle schon erlebt, wenn der Geist kurzfristig nur dem Atem Beachtung schenkt. Aus dieser momentanen Sammlung kann sich die angrenzende Sammlung entwickeln. Diese sieht in der Praxis so aus, dass es uns scheint, als wären wir die ganze Zeit auf den Atem konzentriert, aber es ziehen noch Gedanken wie Wolken am Hinterkopf vorbei. Sie sind nicht konkret genug, um benannt werden zu können, sondern so nebelhaft, dass sie keinen erkennbaren Inhalt haben. Dennoch hindern sie uns daran, die volle Vertiefung zu erreichen. Dies ist sehr häufig bei Menschen der Fall, die schon länger Meditation praktizieren. Die angrenzende Sammlung ist ein relativ ruhiger Zustand, auf jeden Fall bedeutend friedlicher als das sonstige Denken, aber sie kann uns noch keine Bewusstseinsveränderung bringen. Um diese zu erleben, müssen wir vollkommen aufhören zu denken. So schwierig oder unmöglich sich das im Moment vielleicht auch anhört, es ist doch möglich und nicht schwierig, wir müssen nur dabeibleiben und es immer wieder üben.

      Die Sammlung des Geistes bedeutet auch, dass er sich festigt. Wenn etwas gesammelt und an einem Platz gespeichert wird, ballt es sich zusammen. Ein gefestigter Geist ist nicht mehr so leicht aus der Ruhe zu bringen, und zwar nicht nur in der Meditation. Der Geist, der in der Lage ist, sich meditativ zu festigen, zur Ruhe zu kommen und seine Bewusstseinsebene zu erhöhen, nimmt natürlich etwas davon ins tägliche Leben mit, denn er ändert seine Beschaffenheit. Der Geist weiß, dass er zur Ruhe kommen kann, denn er hat es schon erlebt.

      Wenn die Tugenden vervollkommnet werden, haben wir den Vorteil der Reuelosigkeit. Wenn die Konzentration vervollkommnet wird, haben wir den Vorteil der inneren Sicherheit, die unantastbar ist. Das bedeutet nicht, dass wir glauben, mehr zu wissen; im Gegenteil, zuviel Wissen kann uns leicht im Wege stehen und tut es auch oft. Es bedeutet vielmehr, dass der Geist ein Heim gefunden hat. Was wir für den Körper als selbstverständlich ansehen, nämlich ein Dach über dem Kopf, das uns gegen die Unbilden des Wetters schützt, einen bequemen Stuhl, ein komfortables Bett, eine angenehme Umgebung – das findet der Geist erst, wenn er in die Vertiefung gehen kann und sich gesammelt hat. Der Körper kann noch so bequem im schönsten Lehnstuhl sitzen und sich gut fühlen, die Gedanken schweifen dennoch in die Ferne. Der Geist macht sich Sorgen über die Zukunft, bereut die Vergangenheit, plant voraus, hofft auf etwas Besseres und ärgert sich über das, was schon passiert ist. Nirgends kann er vollkommen zur Ruhe kommen. Erst wenn er gelernt hat, sich in der Meditation zu sammeln, sodass er jedes Mal, wenn er sich vornimmt zu meditieren, tiefe Ruhe erlebt und vor allen Unbilden der Emotionen geschützt ist, hat er sein Heim gefunden. Allein das zu wissen genügt, um uns innere Sicherheit zu verschaffen.

      In der Welt ist es unmöglich, sich ständig nur in geschützten Situationen zu bewegen. Was wir nämlich beschützt haben wollen, ist unser Ego. Da das aber jeder will, krachen die Egos aufeinander. Wenn wir nicht lernen, unseren eigenen Schutz – das Heim für den Geist – zu finden, werden wir uns immer wieder in Situationen des Tauziehens befinden; einmal ziehen wir stärker, einmal der andere. Wir können uns nie darauf verlassen, dass wir dabei nicht hinfallen und uns weh tun.

      Sobald wir in der Lage gewesen sind, uns zu sammeln, und am eigenen Leib erfahren haben, wie man zu dieser inneren Ruhe kommt, sodass wir es jederzeit wiederholen können, wissen wir, dass wir geschützt sind. Jeder andere Schutz, den wir glauben uns aneignen zu können, ist genauso vergänglich wie wir selbst. Dieser Schutz ist jedoch nur vergänglich, wenn unsere Konzentration nachlässt. Es liegt also nur an uns. Wir brauchen uns auf nichts Äußeres zu verlassen.

      Die angrenzende Sammlung, die denen möglich ist, die schon länger meditiert haben, muss durch Willenskraft in die volle Sammlung umgewandelt werden. Es ist ein Moment des Entschlusses, der den letzten Anstoß dazu gibt; kein verbissenes Wollen, sondern eine Kraft, die der Geist in sich aufbringt, sodass er diese Schwierigkeiten überwinden kann. Die Schwierigkeiten liegen wie immer beim Ego. Unsere Ich-Behauptung kann nur unterstützt werden, solange wir denken, und daher denken wir andauernd, bis wir lernen, einmal damit aufzuhören.

      Darum ist es auch so


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