Ohne mich ist das Leben ganz einfach. Ayya Khema
herrlich.“ In dem Moment, wo wir das sagen, ist die Meditation ja schon wieder zu Ende. Es muss also jeder Gedanke daran, was ich kann, möchte oder werden will, ganz ausgeschaltet werden. Das innere Erleben ist dann das Einzige, was bleibt. Dabei gibt es zwar einen Beobachter und ein Beobachtetes, aber niemanden, der die Ich-Illusion unterstützt, und daher ist es schwer, über diese Schwelle zu treten.
Wenn wir einmal über diese Schwelle getreten sind, sollten wir in der Lage sein, es immer wieder zu tun. Ich vergleiche dies häufig mit dem Eintreten in ein Haus, wobei die Meditationsmethode, die wir anwenden, der Schlüssel ist. Wenn wir den Schlüssel lange und fest genug in der Hand halten, können wir ihn endlich in das Schlüsselloch stecken. Solange wir den Schlüssel jedoch nicht ruhig halten, ist es unmöglich, das Schlüsselloch zu treffen. Aber wenn wir den Schlüssel (das Meditationsobjekt) lange und intensiv genug festhalten, können wir die Tür aufschließen. Selbstverständlich müssen wir die Tür, wenn wir sie einmal aufgeschlossen haben, durch ständige Praxis offen halten. Dann brauchen wir den Schlüssel nicht mehr, das heißt die Methode ist nicht mehr nötig.
Dahin muss uns die Sammlung des Geistes führen, denn nur dort lernen wir kennen, was wir uns alle wünschen, was aber nur wenigen Menschen auf der Welt beschieden ist, weil sie sich einfach nicht in der richtigen Weise bemühen. Es ist der Herzensfrieden und die innere Freude, die uns ganz allein dadurch zuteil werden, dass wir uns konzentrieren und unsere Ich-Bezogenheit zeitweise fallen lassen. Wir brauchen nichts zu erleben, das uns friedlich stimmt, wir brauchen nichts zu erlangen, das uns Freude macht; nichts gibt es zu sehen, zu hören, zu schmecken, zu riechen, zu berühren oder zu denken, wodurch Freude und Frieden einziehen können. Der Herzensfrieden und die innere Freude existieren vielmehr bereits in uns, und wir brauchen uns ihnen nur zu nähern.
Es ist interessant und von großer Bedeutung für uns, zu erleben, wie der Frieden durch nichts anderes gestört wird als durch unser Denken. Wie einfach, wenn man nur aufhören könnte! Es ist möglich, dies zu tun, aber es gehören Willenskraft, ständige Praxis und Hingabe dazu. Darum gibt es auch die Anweisung, jede Meditationssitzung mit „liebender Güte“ für sich selbst zu beginnen. Das bringt nicht nur ein Gefühl der Liebe und Ruhe, sondern eine gewisse Weichheit in den Geist, als Hilfsmittel gegen die Starrheit des „Ich weiß, ich kann und ich will“. Diese Geisteshaltung macht jedem, der sie hat, das Meditieren unmöglich. Die Weichheit des Geistes, die sich dem Geschehen hingeben kann, macht es uns leicht, in die meditative Vertiefung zu kommen. Der Geist fließt mit dem, was ist, und versucht nicht, Einfluss auszuüben.
Dass der Frieden in uns existiert und nur vom Denken überschattet ist, dass das innere Glück in uns wohnt und nur von unseren Emotionen unterdrückt wird, bedeutet, dass unser Geist von Natur aus rein und lauter ist und wir lediglich die Schlacke entfernen müssen. Es ist, als ob wir in ein Bergwerk gingen und uns daranmachten, endlich einmal die Juwelen, die dort versteckt liegen, von all der Schlacke zu befreien, die sie umgibt. Bei manchen Menschen liegen die Juwelen ziemlich nah an der Oberfläche, und sie brauchen nicht so viel an sich zu arbeiten. Der Buddha hat das eine schnelle Entwicklung mit schnellen Resultaten genannt, die wenig Leid in sich birgt. Andere Menschen müssen mehr und länger an sich arbeiten, bevor sie an ihren inneren Reichtum herankönnen.
Wohl jeder Mensch hat unterschwellig das Gefühl, dass es etwas geben müsse, das wirklich Glück und Frieden bringt, und bezeichnet das dann mit Namen, die er irgendwo gehört oder gelesen hat. Vielleicht hat uns auch jemand erzählt, dass er auf eine bestimmte Art Frieden gefunden habe, und wir versuchen, das nachzuahmen. Es gibt die seltsamsten Vorstellungen davon, wo und wie man Glück finden könne. Diese Ideengebäude lassen uns deutlich erkennen, dass der Geist eigentlich weiß, dass es etwas anderes gibt als die Marktplatzmentalität, mit der wir uns immer wieder auf die Dualität des Denkens einlassen, auf gut und schlecht, mein und dein, haben und loswerden, kaufen und verkaufen, womit die meisten Menschen ihr Leben ausfüllen. Wir wissen, es gibt etwas viel Erhabeneres, auch wenn wir es noch nicht erlebt haben. Jeder von uns trägt Glück und Frieden in sich, und darum ist uns auch klar, dass sie zu finden sind. Wie schwer es ist, an sie heranzukommen, hängt davon ab, wie viel Schlacke noch vorhanden ist und wie viel wir schon entfernt haben.
Deswegen besteht die Lehre des Buddha immer aus drei Teilen, wovon der erste Teil, das Fundament, die Tugend ist. Das größte Heil ist die Tugend, die wir in uns entwickeln wollen, um einen spirituellen Pfad gehen zu können, der uns zu höheren Bewusstseinsebenen führt; nicht nur, damit uns andere anerkennen oder wir nicht bestraft werden. Dafür haben wir Beschützer, nämlich Gewissen und Scham. Auch diese beiden können uns helfen, unsere Tugend zu vervollständigen, aber die tiefste und eindringlichste Motivation ist die Überzeugung: „Ich muss mich reinigen und läutern, um Glück und Frieden in mir zu finden.“
Ohne die Sammlung des Geistes ist dies nicht möglich. Es gibt hin und wieder Menschen, die spontan und zufällig ein beeindruckendes Erlebnis von Glück und Frieden haben, wenn sie beispielsweise am Meer so von der Wellenbewegung fasziniert sind, dass alle Gedanken ausgeschaltet und sie ganz von der Wellenbewegung durchdrungen sind. Dadurch kann ein inneres Erlebnis ausgelöst werden, das tief beglückend ist. Vielleicht glauben diese Menschen dann, dass sie, um das noch einmal zu erleben, wieder ans Meer gehen müssen. Aber möglicherweise haben sie keine Gelegenheit, wieder dorthin zu gehen, oder sie gehen hin, und es passiert gar nichts. Das Erlebnis hat nichts mit dem Objekt unserer Faszination zu tun, sondern nur damit, dass sich der Geist gesammelt hatte. Das gleiche Erlebnis können wir zum Beispiel auch angesichts eines herrlichen Sonnenuntergangs haben, aber wieder sind wir von einem äußeren Ereignis abhängig. Wenn die geistige Sammlung und die Hingabe jedoch ohne jeglichen Rückhalt geschehen, dann steht uns dieses Erleben jederzeit offen.
Unser Denken ist unsere Abwehr, weil es verhindert, dass unsere Ich-Illusion auch nur für einen Moment in Frage gestellt wird. In unserem Kopf geht es oft zu wie auf einem Schlachtfeld, auf dem der Geist etwas will, aber etwas anderes tut und damit sozusagen gegen sich selbst ankämpft. Sich nicht zu wehren bedeutet nicht, sich einfach gehen zu lassen, sondern vollkommen wach und achtsam zu erleben, was wirklich im eigenen Innern vorgeht. Wenn wir dabeibleiben können, indem wir den Atem lange genug betrachten, sodass er schließlich ganz fein wird, ist der nächste Schritt das Erleben der inneren Empfindungen.
Die volle Konzentration ist erreicht, wenn der Atem so fein geworden ist, dass wir ihn entweder gar nicht oder nur schwer wahrnehmen können. Sehr häufig machen wir dann den Fehler, nochmals tief zu atmen, um uns des Atems zu vergewissern. Das ist dann so, als hätten wir den Schlüssel ins Schlüsselloch gesteckt, aber anstatt die Tür aufzuschließen, geben wir uns erneut mit dem Schlüssel ab. In dem Moment, wo der Atem so fein wird, dass wir ihn kaum noch wahrnehmen können, lassen wir von ihm ab und richten unsere Achtsamkeit auf die inneren Empfindungen, die zu dieser Zeit höchst angenehm sind. Wenn wir das tun, sind wir über die Schwelle getreten. Anfangs ist das vielleicht nicht mehr als ein momentanes Erlebnis, aber das macht nichts, wir müssen es einfach immer wieder üben. Dann kommt der Geist zur Sammlung und findet Glück, Frieden und Ruhe.
Wir können uns die allerschönsten Märchen ausdenken, solange der Geist denkt, arbeitet er, und das kann nie wirkliche Ruhe bringen. Der Geist, der denkt, bewegt sich, und alles, was sich ständig bewegt, muss irritierend wirken, da es Reibung erzeugt. Darum glauben wir ja auch, dass wir schlafen sollten, wenn wir ausruhen wollen. Wenn wir dann keine wilden Träume haben, glauben wir, der Geist sei zur Ruhe gekommen. Schlaf kann jedoch kaum der Weg sein, auf dem inneres Glück und innerer Friede zu erreichen sind. Das wäre ja eine absolute Verneinung unserer spirituellen Fähigkeiten.
Der erste Schritt jeglicher Meditation ist die Hinwendung zum Meditationsobjekt. Dieses anfängliche Hinwenden wirkt der Lässigkeit und Trägheit des Geistes entgegen. Lässigkeit und Trägheit ist eines der fünf Hindernisse (1. Sinnenlust, 2. Übelwollen, 3. Lässigkeit und Trägheit, 4. Unruhe und Sorgen, 5. Zweifelsucht) und äußert sich darin, dass wir es „morgen“ machen wollen, uns nicht aufraffen können, nur das tun, was unbedingt sein muss oder zum Überleben notwendig ist, uns überfordert fühlen und keine Zeit für andere haben, weil unser Geist nicht die Spannkraft hat, die auf einer starken Geistesenergie beruht. Die Lässigkeit des Geistes verursacht die Trägheit des Körpers. Wenn der Körper Schmerzen hat, jammert der Geist, und wenn der Geist faul ist, kann auch der Körper nichts erledigen. Das anfängliche Hinwenden