Just One thing. Rick Hanson
manchmal aufzudrehen, sei es, dass du auf eine Notsituation reagieren musst oder dass du dich wie verrückt freust, weil deine Tochter im Basketball einen Korb geworfen hat (das Beispiel kommt von mir). Aber chronische Eile hat viele negative Auswirkungen:
• Eile löst die gleiche Stressreaktion aus, die das Gehirn entwickelt hat, um uns vor angreifenden Löwen zu schützen. Diese Reaktion setzt Hormone wie Adrenalin und Cortisol frei, die das Immunsystem schwächen und die Stimmung verschlechtern.
• Eile versetzt das Warnsystem des Gehirns, das permanent nach Bedrohungen sucht, in Alarmbereitschaft. Allerdings reagiert dieses Warnsystem oft übertrieben. Ist dir schon einmal aufgefallen, dass du in Eile mehr Dinge findest, die dir Sorgen machen oder dich aufregen?
• Eile lässt dir weniger Zeit, klar zu denken und gute Entscheidungen zu treffen.
Obwohl sich „das Gebot der Eile“ zu einer Lebensform entwickelt hat, ist es immer möglich, diese zu verändern. Wir können mit kleinen Dingen beginnen und sie dann immer größer werden lassen. So ist Entschleunigung eine dieser scheinbar kleinen Handlungen, die unser Leben von Grund auf verändern können.
So geht’s
Im Folgenden beschreibe ich einige Möglichkeiten, um langsamer zu werden. Ich empfehle, nur einige davon anzuwenden: Beeile dich nicht, langsamer zu werden!
• Tue einige Dinge langsamer als sonst. Führe die Tasse langsam an die Lippen, hetze nicht während des Essens, lass andere ausreden, bevor du antwortest, oder spaziere zu einer Verabredung, anstatt zu rennen. Beende eine Aufgabe, bevor du zur nächsten übergehst. Und atme ein paarmal am Tag lang und langsam durch.
• Nimm den Fuß vom Gaspedal. Einmal, als ich die Autobahn entlangraste, murmelte meine Frau neben mir: „Warum hast du es so eilig?“ In dem Moment wurde mir klar, dass wir nur ein paar Minuten später, aber sehr viel entspannter ankommen würden, würde ich etwas langsamer fahren.
• Wenn das Telefon klingelt, stell dir vor, es sei eine Kirchen- oder Tempelglocke, die dich daran erinnert, tief zu atmen und innezuhalten. (Diese Empfehlung stammt von dem vietnamesischen Mönch Thich Nhat Hanh.)
• Widerstehe dem Druck von anderen, die von dir verlangen, etwas schneller fertig zu machen, als es wirklich nötig ist. Wie heißt es so schön? Ihre schlechte Planung macht es nicht zu deinem Notfall.
• Siehe, was gut ist an diesem Moment, so wie er ist. Dann wirst du nicht so schnell zum nächsten Moment kommen wollen. Wenn du zum Beispiel am Telefon in der Warteschleife bist, sieh dich um und finde etwas Schönes oder Interessantes oder genieße einfach den Frieden des Atmens.
Befreie dich im Laufe der Zeit von überflüssigen Verpflichtungen und überlege reiflich, bevor du neue eingehst. Bemerke und hinterfrage jeden inneren Druck, der dir sagt, dass du immer aktiv sein sollst und mehr besitzen musst. Was hat das für Auswirkungen auf deine Lebensqualität? Macht dich Eile glücklicher? Oder gestresster und erschöpfter?
Sauge stattdessen die Leichtigkeit und das Wohlbefinden in dich auf, die entstehen, wenn wir langsamer werden – und sei nicht überrascht, wenn Menschen sagen, dass du selbstbewusster, ausgeruhter, würdevoller und glücklicher aussiehst.
Es ist dein Leben, einzig und allein. Werde langsamer und genieße es!
7
Vergib dir
Jeder macht Fehler. Ich, du, die Nachbarn, alle. Es ist wichtig, sich Fehler einzugestehen und aus ihnen zu lernen, damit sie nicht wieder geschehen. Und es ist auch richtig, sie angemessen zu bereuen. Die meisten Menschen aber hacken in einer Weise auf sich selbst herum, die jedes nützliche Maß übersteigt: Sie sind übertrieben selbstkritisch.
In unserem Geist gibt es viele Subpersönlichkeiten. Ein Teil von mir stellt beispielsweise den Wecker auf sechs Uhr, damit ich in der Früh noch Sport machen kann, aber wenn der Wecker dann klingelt, grummelt ein anderer Teil von mir: Wer hat diesen verdammten Wecker gestellt?! Etwas allgemeiner könnte man von einem inneren Kritiker und einem inneren Beschützer in jedem von uns sprechen. Bei den meisten Menschen nörgelt der innere Kritiker ständig herum und sucht nach etwas – egal was –, in dem er einen Fehler finden kann. Er bläst Nichtigkeiten zu großen Problemen auf, macht dir Vorwürfe wegen längst vergangener Geschichten, ignoriert den größeren Zusammenhang und lässt auch deine Anstrengungen, Dinge wieder gutzumachen, nicht gelten.
Deshalb brauchst du den inneren Beschützer, der für dich eintritt: Er stellt deine Schwächen und Verfehlungen in einen Kontext, betont deine vielen guten Eigenschaften, die neben deinen Fehltritten stehen und bestärkt dich darin, dich wieder auf den rechten Weg zu begeben, wenn du davon abgekommen bist. Außerdem sagt er dem inneren Kritiker unmissverständlich, dass er endlich den Mund halten soll.
So geht’s
Wähle eine kleine Sache, wegen der du aber für gewöhnlich hart mit dir selbst ins Gericht gehst, und versuche die folgenden Methoden. Arbeite dich dann langsam zu den wichtigeren Themen vor.
Also:
• Verbinde dich mit dem Gefühl, dass sich jemand in deinem Leben um dich sorgt oder gesorgt hat. Spüre, wie die Anteilnahme dieses Menschen und vielleicht auch noch andere Verhaltensweisen von ihm zu Teilen deines eigenen inneren Beschützers geworden sind. Versuche dies auch mit den Verhaltensweisen anderer Wesen, denen du wichtig bist, und öffne dich dem wachsenden Empfindungsvermögen deines inneren Beschützers.
• Verweile bei dem Gefühl, dass sich jemand um dich sorgt und denke an einige deiner vielen guten Eigenschaften. Du könntest den Beschützer fragen, was er über dich weiß. Das sind Tatsachen, keine Schmeicheleien, und du brauchst keinen Heiligenschein, um gute Eigenschaften wie Geduld, Entschlossenheit, Fairness oder Freundlichkeit zu haben.
• Dieser und der vorhergehende Schritt werden dir helfen, dich dem zu stellen, was noch Vergebung braucht und dich dann darin unterstützen, dir tatsächlich auch selbst zu vergeben.
• Wenn du ein Kind angeschrien, bei der Arbeit gelogen, zu viel gefeiert, einen Freund enttäuscht, deinen Partner betrogen oder dich heimlich über den Fehler von jemand anderem gefreut hast – was auch immer es war –, erkenne an, was geschehen ist, was du zu diesem Zeitpunkt gedacht hast, wie der relevante Kontext und die Geschichte lautete und welche Folgen es für dich und andere hat(te).
• Ruf dir auch die Tatsachen ins Gedächtnis, die schwer auszuhalten sind – wie der Gesichtsausdruck des Kindes, als du es angeschrien hast –, und sei besonders offen dafür. Das sind die Dinge, die dich festhalten lassen. Es ist immer die Wahrheit, die uns befreit.
• Ordne das, was geschehen ist, in drei Kategorien ein: moralische Fehler, Ungeschicklichkeit und alles andere. Moralische Fehler verdienen ein angemessenes Schuldgefühl, Reue oder Scham. Ungeschicklichkeit hingegen braucht nur eine Korrektur, nicht mehr. (Dieser Punkt ist sehr wichtig.)
Du könntest andere Menschen fragen – einschließlich derjenigen, denen du Unrecht getan hast –, was sie über diese Aufteilung (und über die noch folgenden Punkte) denken, aber du allein entscheidest, was zutrifft. Wenn du zum Beispiel über jemanden hinter seinem Rücken geredet und einen Fehler von ihm übertrieben hast, kannst du zu dem Schluss kommen, dass die Lüge in deiner Übertreibung ein moralischer Fehler ist, der Reue verlangt. Aber gewöhnliches Tratschen (was die meisten von uns manchmal tun) ist nur ungeschickt und sollte ohne Selbstgeißelung korrigiert werden (indem du es in Zukunft einfach vermeidest).
• Übernimm ehrlich Verantwortung für deine(n) moralischen Fehler und deine Ungeschicklichkeit. Sage in Gedanken oder laut (oder schreibe): Ich bin verantwortlich für___, ___ und___. Spüre es. Und dann füge hinzu: Aber ich bin NICHT verantwortlich für___, ___ und___.
• Du bist beispielsweise nicht für falsche Interpretationen und Überreaktionen anderer verantwortlich. Lass die Erleichterung über die Dinge, für die du NICHT verantwortlich bist, in dich einsinken.
• Erkenne an, was du schon getan hast, um aus dieser Erfahrung zu lernen und um die Dinge wieder richtigzustellen oder etwas wiedergutzumachen. Lass auch das in dich einsinken.