Glücksschule. Daniel Hess

Glücksschule - Daniel Hess


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Vertrauen ins Leben.

      Selbstreflexion:

       Worauf richtet sich dein Vertrauen?

       Was würde passieren, wenn du dir jetzt einfach erlaubst, dem Leben vollkommen zu vertrauen und nichts mehr zu bewerten, was da ist?

      Dieser Aspekt der Einheitsrealität von Kindern stellt einerseits ebenfalls eine Voraussetzung für den Flow dar, andererseits ist er auch allgemein wesentlich im Hinblick auf das ursprüngliche Glücklichsein. Wir Menschen sind Forscher und Entdecker und wir wollen wie alle Lebewesen frei sein. Kinder sind, vor aller Erziehung und Bildung, sich selber und ihren Bedürfnissen jederzeit treu. Sie drücken diese ganz unmittelbar aus, solange sie sich in einem Umfeld der bedingungslosen Liebe befinden. Weil Kinder ursprünglich nur Dinge tun, für die es einen inneren Impuls (intrinsische Motivation) gibt, folgen sie voll und ganz ihrem offenen Herzen und ihrer angeborenen Neugierde. Ihr Streben geht dahin, die eigenen Talente zu entfalten, den eigenen Interessen und Begabungen zu folgen. Mit großer Begeisterung geben sie sich ihren Projekten hin und übernehmen ganz natürlicherweise die volle Verantwortung für ihr eigenes Leben. Kinder brauchen keine Erwachsenen, die ihnen sagen, was sie zu tun und zu lernen haben, sie brauchen nur Erwachsene, die sie auf ihrem eigenen Weg liebevoll begleiten und unterstützen.

      Nun ist es aber so, dass wir Erwachsenen gelernt haben, in Opfer- und Täterschemata zu denken. Aber die Verantwortung für das eigene Leben als Erwachsener liegt immer nur ganz bei mir selber. Niemand außer mir ist für mein Glück oder mein Unglück verantwortlich. Wenn andere Macht über mich haben, dann ist das nur möglich, weil ich mir selber nicht treu bleibe oder versuche, gewissen Emotionen auszuweichen. Das heißt, weil ich selber die Verantwortung nicht voll übernehme und an andere Menschen abgebe. Letztlich haben aber nie andere Menschen Macht über uns, sondern immer nur die Gefühle und Emotionen in uns, die wir fürchten. Ursprünglich gibt es keine Opfer und Täter. Diese Rollen tauchen erst auf, wenn ein Kind einen Teil seines Erlebens verraten muss, um weiterhin geliebt zu werden. Hier beginnt der Opfer-Täter-Kreislauf. Und hier endet er auch wieder, indem wir trotz all unserer Ängste, Schuld- und Schamgefühle stets konsequent unserem Herzen und der Liebe treu bleiben.

      „Tue nichts aus Angst, Schuld, Scham, Pflicht oder um mehr geliebt zu werden, und erwarte auch nicht von anderen, dass sie etwas aus Angst, Schuld, Scham oder Pflicht für dich tun. Unser Leben ist viel zu kurz und zu wertvoll für den Preis, den ihr dafür bezahlen werdet. Tue alles nur mit der Freude eines kleinen Kindes, das eine hungrige Ente füttert.“

      Marshall B. Rosenberg

      „In meiner Praxis und in meinem Leben stelle ich fest, dass Menschen, die sich selbst als Ganzheit erleben und das Gefühl besitzen, selbst etwas wert zu sein, fähig sind, mit allen Herausforderungen des Lebens in schöpferischer und angemessener Weise fertig zu werden.“

      Virginia Satir

      Innere Ganzheit bedeutet, dass jedes Gefühl, Bedürfnis und jeder Aspekt unseres Daseins da sein darf und nichts die Verbundenheit mit allem Sein abbrechen lässt. Bei einem Menschen mit innerer Ganzheit gibt es Raum für alle Gefühle, auch wenn gewisse schmerzhafter sind als andere. Innere Einheit und Ganzheit zeigen sich somit auch in bedingungsloser Selbstliebe, auch wenn schwierige und unangenehme Gefühle oder Emotionen erfahren werden.

      Der offene und spontane Umgang mit Gefühlen ist ein weiterer wichtiger Grund, wieso es Kindern so leicht und uns Erwachsenen so schwer fällt, wirklich glücklich zu sein.

      Aber auch geliebte Kinder erleben natürlich genauso wie Menschen, die in der Einheitsrealität leben, nicht immer nur angenehme Gefühle. Denn zu der körperlichen Erfahrung, die wir als Menschen machen, gehören immer auch schmerzhafte Gefühle. Aber Kinder, die in einer Umgebung aufwachsen, in der auch unangenehme und schmerzhafte Gefühle ausgedrückt werden dürfen, ruhen doch innerlich stets in der ursprünglichen Einheit und Verbundenheit, solange die Verbundenheit auch dann nicht in Gefahr gerät. Je mehr bedingungslose Liebe da ist, desto größer wird der Raum für den Schmerz und desto kleiner seine Bedeutung und kürzer seine Dauer.

      Dazu ein Beispiel: Wenn wir Erwachsenen etwas Unangenehmes oder Schmerzvolles erleben, dann erzählen wir oft noch Tage oder Wochen danach von diesem Leiden. Wir erzählen, wer unserer Meinung nach dafür die Schuld trägt, wieso es passiert ist, mit einer genauen Beschreibung, wie schlimm und leidvoll es war. Wir reagieren auf Unangenehmes im Leben mit Geschichten (Gedankenschlaufen, Sorgen, Grübeleien) und mit innerem Widerstand. Das alles ist gelernt und „wärmt“ das ursprüngliche Leiden immer wieder von Neuem auf.

      Kinder dagegen reagieren auf unangenehme oder schmerzhafte Lebenssituationen ganz anders. Sie drücken nämlich natürlicherweise in der schmerzhaften Situation ihre Gefühle unmittelbar selbst aus. Sie weinen, toben und trauern oder drücken ihre Wut, ihre Enttäuschung und ihren Schmerz in ihrer ganzen Intensität aus. Danach – und das wechselt oft in Sekundenbruchteilen – ist das Kind wieder froh und erleichtert und wendet seine Aufmerksamkeit etwas anderem zu. Kinder erzählen kaum je alte Leidensgeschichten, dazu leben sie viel zu sehr im jetzigen Moment. Je mehr gewisse Gefühle nicht da sein dürfen und unterdrückt oder projiziert werden, desto mehr verlieren wir den Zugang zu unserer inneren Kraft, Lebendigkeit und eben Ganzheit.

      Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Verbundenheit mit allem Sein ist Mitgefühl. Wenn das Herz zu seiner Ganzheit zurückfindet und sich innerlich wieder mit allen Gefühlen und Bedürfnissen liebevoll verbindet, dann öffnet es sich auch immer mehr für das Leid des scheinbar anderen. Dieses Mitgefühl ist wie ein inneres Mitschwingen mit dem Erleben des Gegenübers, ohne sich dabei darin zu verlieren. Verlieren können wir uns in den Gefühlen und Emotionen eines anderen Menschen nur dann, wenn wir beginnen, sein Erleben zu bewerten und innerlich Widerstand gegen die unangenehmen Gefühle zu leisten, welche die Begegnung in uns auslöst. Menschen, die sich vor gewissen Gefühlen des Gegenübers fürchten, können nicht wirklich mitfühlen, sondern nur mitleiden. Mitgefühl ist das, was ganz von selber (wieder) auftaucht, wenn wir immer mehr beginnen, alle unseren unterdrückten Emotionen und Bedürfnisse liebevoll anzunehmen. Wenn wir uns bei schmerzhaften oder beängstigenden Gefühlen selbst mit Mitgefühl begegnen können, dann taucht ganz mühelos auch Mitgefühl gegenüber allen anderen Menschen und Lebewesen auf.

      Kinder drücken nicht nur ihre Gefühle unmittelbar und direkt aus, sondern auch ihre Bedürfnisse. Auch wenn ein Säugling noch nicht sprechen kann, so kommuniziert er doch vom ersten Moment seines Lebens an. Forschungen über das Bindungsverhalten von Babys haben gezeigt, dass die Verbindung zwischen Mutter und Kind sich umso besser entwickeln kann, je feinfühliger die Mutter auf die Signale des Kindes eingeht. Verbundenheit und Einheit sind immer auch durch einen Fluss der Kommunikation gekennzeichnet. Über ständige Kommunikation ist alles miteinander verbunden. Wie später noch ausgeführt wird, trifft das auch auf alle Zellen unseres Körpers zu.

      Kleinen Kindern würde es nie einfallen, die eigenen Bedürfnisse über einen Vorwurf oder über Kritik am Gegenüber zu äußern. Diese doch eher eigenartige und meist erfolglose Kommunikation ist aber bei uns Erwachsenen recht oft zu beobachten. Aber auch wir Erwachsenen können, indem wir immer wieder in einen bewussten Kontakt zu unseren Gefühlen und Bedürfnissen treten, ganz unmittelbar und offen ausdrücken, was uns wirklich bewegt. Ein Modell, das versucht, uns darin zu unterstützen, wirklich das auszudrücken, was uns innerlich bewegt, ist die gewaltfreie Kommunikation. Wenn wir offen und transparent über das sprechen, was wir fühlen, brauchen und wünschen (ohne Machtanwendung), dann fällt es uns viel leichter, das Verbindende mit anderen Menschen zu erleben und somit auch Beziehungen als Einheitsbeziehungen zu führen. Das Trennende zwischen zwei Menschen wird in der Kommunikation vor allem über Kritik und Druck aktiviert. Wenn wir diese trennenden Kommunikationsmuster hinter uns lassen, tritt automatisch wieder die ursprüngliche Verbundenheit dahinter hervor.

      Zur ursprünglichen Einheitserfahrung von Kindern gehören nebst den oben beschriebenen Merkmalen noch viele weitere wundervolle Eigenschaften. So haben Kinder beispielsweise einen sehr guten Zugang zum Humor, sie sind unbeschwert und


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