Agile Organisation – Methoden, Prozesse und Strukturen im digitalen VUCA-Zeitalter. Группа авторов

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Abstimmungen der beteiligten Personen in verschiedenen Meetings.

      Agile Methoden eignen sich insbesondere für Prozesse auf der rechten Seite des Prozesskontinuums in Abbildung 11, weil dort die Unsicherheit und Komplexität oft hoch und eine detaillierte Vorausplanung damit schwierig ist. Da es aber auch bei Massenprozessen durchaus vorkommt, dass aus verschiedensten Gründen vom Plan abgewichen wird bzw. sich im Prozessverlauf Optimierungspotenziale zeigen, können auch im linken Bereich des Prozesskontinuums z. T. agile Methoden wie Kanban (vgl. Kapitel 6.2) sinnvoll sein.

      3.3 Gestaltung von Strukturen

      Die Prozesse benötigen Strukturen, in denen sie ablaufen. Für jede Aktivität im Prozess sind Personen bzw. Organisationseinheiten nötig, die für die Erfüllung verantwortlich sind (vgl. Abbildung 7).58

      Die (Organisations-)Struktur umfasst alle Regeln, die Organisationseinheiten Aufgaben (bzw. Aktivitäten) mit den zugehörigen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten (AKV-Prinzip) zuweisen und deren Beziehungen zueinander definieren.

      Wesentliche Merkmale der Struktur sind zum einen die Organisationseinheiten (Stellen und Stellenmehrheiten) und zum anderen deren Beziehungen zueinander, insbesondere deren hierarchische Über- und Unterordnung (Hierarchie).

      Strukturelemente

      Die Organisationseinheiten in Form von Stellen und Stellenmehrheiten ergeben sich durch die Bündelung von Aufgaben, die von einer Person oder mehreren Personen mit einer spezifischen Qualifikation erfüllt werden sollen. Hier ist die zentrale Frage, wie die Aufgaben bzw. Aktivitäten sinnvoll aufgeteilt werden sollen (Arbeitsteilung).

      Stellen sind eine personenbezogene Aufgaben- bzw. Aktivitätenbündelung, die vom Personenwechsel unabhängig ist.59 Typischerweise werden Ausführungs- und Leitungsstellen (Instanz, umgangssprachlich „Chef“) unterschieden. Letztere nehmen überwiegend Leitungs- und Führungsaufgaben wahr. Durch die Zusammenfassung mehrerer Stellen zu einer Organisationseinheit entstehen Stellenmehrheiten (z. B. Abteilung, Bereich, Projektteam).

      Zur effektiven und effizienten Erfüllung der Aufgaben bzw. Aktivitäten braucht es auch eine adäquate Abstimmung der Aufgabenausführung durch die einzelnen, arbeitsteilig agierenden Stellen(mehrheiten). Deshalb werden klassischerweise Über- und Unterordnungsbeziehungen mit entsprechenden Weisungsbefugnissen gestaltet (Hierarchie). Der Grundgedanke besteht darin, dass eine übergeordnete Organisationseinheit (Instanz) den Abstimmungsbedarf zwischen den verschiedenen ausführenden Organisationseinheiten (er)kennt und entsprechend koordinierend eingreifen kann.60

      Die (Organisations-)Hierarchie beschreibt die formalen Über- und Unterordnungsbeziehungen der Organisationseinheiten. Es ist möglich, beliebig viele Hierarchieebenen einzubauen.

      Strukturdarstellung

      Die Darstellung der Organisationsstruktur erfolgt i. d. R. in einem Organigramm (vgl. Abbildung 12). Dieses liefert eine schematische, grafische Darstellung der äußeren Form der hierarchischen Struktur des Unternehmens bzw. Unternehmensbereichs. Es gibt einen schnellen Überblick hinsichtlich hierarchischer Zuordnungen, Aufgabenverteilung und Leitungsbeziehungen.

      Abb. 12: Darstellung der Organisationsstruktur in einem Organigramm (beispielhaft)61

      Die im Organigramm dargestellte hierarchische Weisungsstruktur sagt aber nichts darüber aus, wie im Unternehmen kommuniziert, d. h. wie „die Struktur gelebt“ wird. In sehr bürokratischen Unternehmen findet Kommunikation horizontal nur innerhalb der eigenen Organisationseinheit und vertikal in der Linie, d. h. mit der jeweils direkt unter- bzw. übergeordneten Ebene, statt. In dem Fall bilden sich die berühmt-berüchtigten „Silos“. In einem kommunikativ weniger formalen Unternehmen dagegen kann es üblich sein, dass die Kommunikationsbeziehungen weitgehend unabhängig von den Linien im Organigramm sind.

      Einige Unternehmen haben mit dieser klassischen Organigrammstruktur schlechte Erfahrungen gemacht. Exemplarisch können die im Beitrag von TILLMANNS-ESTORF/​GROßE/​GUMULA in diesem Buch aufgeführten Erlebnisse der B. BRAUN MELSUNGEN AG aufgeführt werden.62 Demnach sei die klassische Organigrammstruktur starr, abschottend und inflexibel. Sie führe zu

      

strikter Aufgabenteilung („meine Zuständigkeit, da lass ich mir nicht reinreden“)

      

ausgeprägtem Silodenken („nicht meine Zuständigkeit, das betrifft mich nicht und ist mir egal“)

      

extremer Machtauslebung („wer oben drüber sitzt, entscheidet“)

      

Tendenz zur Auswucherung, weil immer neue Aufgaben, neue Stellen, Gruppen oder gar Abteilungen im eigenen Bereich aufgesetzt werden, statt Aufgaben auch mal bereichsübergreifend zu erledigen

      

Nicht mehr infrage stellen einmal geschaffener Stellen.

      Die beiden schreiben pointiert: „Organigramme sind oft das Gegenteil von Entfaltung. Sie sind eher der Weg, andere zusammenzufalten.“

      Diese negativen Effekte sind zwar keinesfalls zwingend bei einer klassischen Organigrammstruktur, denn das lässt sich auch anders leben. Aber die Erfahrungen von B. BRAUN sind auch keinesfalls untypisch, denn häufig wird die Organigrammstruktur so gelebt. Deshalb suchen immer mehr Unternehmen nach anderen Ansätzen der Arbeitsteilung und Koordination (vgl. Kapitel 8).

      Ansätze der Aufgabenbündelung

      Zentral für die Gestaltung der Struktur bzw. von Organisationseinheiten ist die Art der Aufgabenbündelung, d. h. welche Aufgaben (plus die zugehörigen Kompetenzen und Verantwortungen) werden zusammengepackt? Wurden – wie empfohlen – zunächst die End-to-end-Prozesse im Hinblick auf eine möglichst optimale Erfüllung der Kundenanforderungen definiert, stellt sich nun (bzw. parallel dazu) die Frage, welche Aktivitäten aus den gegebenen Prozessen im konkreten Fall am besten zusammengepackt werden sollten (vgl. Abbildung 13).

      Abb. 13: Funktionale vs. prozessorientierte Aktivitätenbündelung63

      Bei einer – in der Praxis sehr häufig vorzufindenden – Bündelung von gleichartigen Funktionen bzw. Verrichtungen werden z. B. alle Buchungsvorgänge aus verschiedenen Prozessen in einer Organisationseinheit „Buchhalter“ (Stelle) bzw. „Buchhaltung“ (Stellenmehrheit bzw. Abteilung) zusammengefasst. Bei einer rein prozessorientierten Bündelung würde sich dagegen eine Stelle(nmehrheit) um alle Aktivitäten eines Prozesses (z. B. die Auftragsabwicklung) kümmern – inklusive der darin enthaltenen Buchungsvorgänge.

      Außerdem kann auch eine objektorientierte Bündelung stattfinden, indem alle Aktivitäten an einem Objekt (meist Produkt, Kunde oder Region) zusammengefasst werden. In dem Fall werden alle Aufgaben, die sich auf ein Produkt, einen Kunden bzw. Kundengruppe oder eine Region bzw. Land beziehen, in einer Organisationseinheit


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