Bloß nicht aus der Ruh bringen lassen. Helmut Zöpfl

Bloß nicht aus der Ruh bringen lassen - Helmut Zöpfl


Скачать книгу
a Frau

      stillt grad ihr Kind,

      a Sitzung beginnt,

      a Teppich werd klopft,

      a Wasserhahn tropft,

      es spuit wer Klavier,

      es bstellt wer a Bier,

      oana woant, oana lacht,

      a Bett werd grad gmacht,

      der Fernseher lauft,

      irgendwer kauft

      ei in am Ladn,

      es reißt wo a Fadn,

      Blumen verblühn,

      a Ampel schalt grün –

      es is a Tag wiara jeder.

      Ob früahra, ob später, werd ohne Frag

      genau so a Tag

      mei –

      letzter sei:

      Bayern 3 meldt an Stau

      irgenda Frau

      stillt grad ihr Kind,

      a Sitzung beginnt …

      A Ampel schalt grün,

      a Ampel schalt rot,

      und durch mein Tod

      ändert se net

      a as gringste, all’s geht

      weiter sein Gang

      an dem Tag irgendwann,

      an dem Tag so wiara jeder,

      der, ob früahra oder später,

      mei –

      mei letzter werd sei.

      Bundesbürger, Steuerzahler,

      Wähler und Altherrnfuaßballer,

      Mitglied in am Sportverein,

      Sparer für a Eigenheim,

      Staatsbeamter, Arbeitnehmer,

      Fahrzeughalter und danebn aa

      Kunde no und Konsument,

      Lehrer, Kassenpatient,

      Fernsehschauer, Rundfunkhörer,

      Gatte, Vater und no mehrer.

      Des alles bin i ohne Frag,

      alls mitnanda jedn Tag.

      … und doch wüsst i zwischendrin

      gern, wer i, i selber bin.

9.tif

      Katastrophen, Terror, Unfall, Mord,

      jeden Tag findst as als Überschrift dort

      in der Zeitung, de bluatigen Sensationen.

      Des san de Gschichtn, de se lohnen:

      Grausige Sacha, Verbrechen und Tod,

      de druckt ma ganz fett, ganz groß und ganz rot.

      Wennst des liest, kannst woana,

      denn dann kanntst fast moana,

      dass Schlechts bloß passiert,

      weil se kaum mal was Schöns in de Schlagzeiln verirrt

      und se auf de erste Seitn verlauft.

      Wia’s wohl kimmt, dass as Schlechte se besser verkauft

      wia des Guate, und an was des bloß liegt,

      dass a freudige Sensation scheint’s net gibt?

10.tif

      Net ganga,

      nix is ganga.

      Langsam ganga,

      vorwärts ganga,

      guat ganga.

      Schneller ganga,

      weiter ganga,

      besser ganga.

      Z’schnell ganga,

      z’weit ganga –

      eiganga.

11.tif

      Es gibt Leut, de wo glaubn,

      dass an gar nix mehr glaubn,

      doch hörn s’ auf ana Tagung

      was von ana Befragung,

      hörn s’ irgend a Zahl,

      wirkt des phänomenal.

      Wer Zahlen eahna nennt

      oder gar in Prozent

      se ausdrucka ko,

      des is halt der Mo.

      A nackte Zahl nur

      is Beweis mehr wia gnua,

      der glaubt ma – und wia!

      Da geht ma in d’ Knia.

      So gläubig wia mia

      war d’ Menschheit no nia.

      Sogar Atheistn,

      de glaubn an d’ „Statistn“.

      Komisch: Fast jeder

      erzählt uns von später.

      Wia wenn erst bloß dann,

      wenn ma ganz groß san,

      ’s Lebn ogangat

      und d’ Freud dro ofangat.

      Des is komisch, find i,

      horch i als Kind hi,

      warum Große nacha

      öfter des macha:

      Sitzn s’ beinanda,

      schimpfn mitnanda

      meistens dann de Leut

      auf eahna Zeit heut.

      Jetzt redn s’ dafür na

      bloß no von früahra,

      und fanga mitsamma

      vom Kindsei o z’trama.

      Auf morgn bloß gwart,

      auf d’ Zukunft gspart,

      nach vorn bloß tracht,

      as Heut net g’acht,

      bloß gsaat, nia g’ernt,

      as Lebn verlernt,

      as Lebn verschobn,

      auf morgn aufghobn,

      gwart, gspart,

      gspart, gwart,

      älter worn,

      gstorbn,

      leider net

      glebt.

      Leut, denkts öfter dro,

      wia schnell, dass verdo,

      verpasst ist de Zeit,


Скачать книгу