Rauhnächte. Kompakt-Ratgeber. Gerhard Merz
Anlegen eines Traumtagebuches
Die Innenschau
Selbstwahrnehmung und -beobachtung
Traumsymbole und Gefühle
Die Gedanken festhalten
»Salbei und Birne«
Die zwölf Rauhnächte
Die erste Rauhnacht – 25. Dezember
Die zweite Rauhnacht – 26. Dezember
Die dritte Rauhnacht – 27. Dezember
Die vierte Rauhnacht – 28. Dezember
Die fünfte Rauhnacht – 29. Dezember
Die sechste Rauhnacht – 30. Dezember
Die siebte Rauhnacht – 31. Dezember
Die achte Rauhnacht – 1. Januar
Die neunte Rauhnacht – 2. Januar
Die zehnte Rauhnacht – 3. Januar
Die elfte Rauhnacht – 4. Januar
Die zwölfte Rauhnacht – 5. Januar
Dreikönig – 6. Januar
Das Ende der Rauhnächte
Das können Sie tun:
Energiemeditation
Abstand vom Alltag bekommen
Räuchern nach Intuition
Sonnenritual
Wünsche und Hoffnungen aufschreiben
Baummeditation
Werden Sie Gestalter der Zukunft
Ein Brief an sich selbst
Wenn Visionen lebendig werden
Einstimmen auf die Nacht
Glücksbringer im Orakelkuchen
Zukunftsweisende Nüsse
Den Schlafraum ausräuchern
Das Leben feiern
Energien am Kraftort aufladen
Von Zauberdingen und Wünschelruten
Sein Traumholz finden
Register
Rauhnächte –Bedeutung undBrauchtum
Rauhnächte – die Tage zwischen den Jahren
Die Zeit zwischen den Jahren gilt als die eigentliche Rauhnachtzeit. Es sind die Tage um den Jahreswechsel. In einigen Regionen unseres Landes (Norddeutschland, Süddeutschland, Österreich, Tirol) begannen die Rauhnächte oder die Zwölften zu anderen Zeiten, nämlich am 1. Dezember. Sie endeten am 6. Januar, dem Dreikönigstag. In Bayern fingen sie am Thomastag (21. Dezember, siehe Seite 49 ff.) an, in Franken und Mecklenburg waren es die zwölf Tage nach Neujahr. Die Tage wurden in Nächten gezählt; die »Zwölften« entsprachen der Anzahl von Tagen oder Nächten, welche die Differenz zwischen dem Mondjahr (354 Tage) und dem Sonnenjahr (366 Tage) ausmachen. So heißt es im elften Kapitel des Buches »Germania« des römischen Geschichtsschreibers Tacitus: »Die Nacht erschien (den Germanen) als Vorgängerin des Tages, sie galt als Mutter des Tages.« Im normalen Sprachgebrauch sagt man noch heute statt einer Woche acht Tage. Und schon in der »Edda« (Sammlung alter nordischer Dichtungen) findet sich der Ausdruck »âtta naetr« (acht Nächte). Wenn unsere Vorfahren eine Frist von einer Woche setzten, so rechneten sie die Zeitspanne erst mit dem auf die siebte Nacht (die letzte) folgenden Tag zu Ende; sie zählten also sieben Tage und einen Tag, gaben somit einen Tag dazu.
Nächte außerhalb der Zeit
Es ist eine ganz besondere Zeit, in der Träume wahr werden, in der sich der Schleier der Anderswelt für zwölf Nächte hebt. Es sind die Nächte »außerhalb der Zeit«, in der bestehende Naturgesetze und Regularien außer Kraft gesetzt und die Tabugrenzen zu anderen Welten und Sphären weit geöffnet waren. Man glaubte, dass die göttliche Ordnung aussetzte.
Wer berufen war, zu sehen und wahrzunehmen, konnte in der »toten Zeit« viel über sich, über sein Leben und über zukünftiges Geschehen erfahren. An den Rauhnächten sollte man das sichere Haus nicht verlassen, denn um Höfe und Anwesen schlichen Dämonen, Werwölfe, Hexen, Teufel und andere üble Geisterwesen und bedrohten Menschen und Tiere. Zu allen Schrecken gesellte sich auch noch Odin, der wilde Jäger, der Wode, der mit seinem wilden Heer, der sogenannten Wilden Jagd, Angst und Schrecken verbreitete. Er herrschte über die Rauhnächte, bis er sich am 5. Januar um Mitternacht, der Nacht, die dem Dreikönigstag weichen musste, wieder in sein unheimliches Reich zurückzog.
Die »Wilde Jagd«
Dieser Begriff geistert seit vielen Jahrhunderten durch die Mythen und Überlieferungen. Die Wilde Jagd wird meist mit dem Übergang vom alten Jahr ins neue Jahr verbunden. Anführer der Wilden Jagd ist Odin (Wodan), der einäugige germanische Gott, der das achtbeinige Pferd Sleipnir reitet und von den Wölfen Geri und Freki (der Gierige und der Gefräßige) und den Raben Hugin (Gedanke) und Munin (Gedächtnis/Erinnerung) begleitet wird. Er ist der höchste und älteste aller Götter und trägt viele Namen: Allvater, Galgengott, Herr der Gefallenen, Grimnir, der Dritte. Auch Wildjäger, Helljäger oder Nachtjäger. Bei den Nordgermanen hieß er Odin, bei den Westgermanen Wodan. Odin, als Walvater, wählte die auserwählten Helden und Walküren (die im Dienste Wodans stehenden »Totenwählerinnen« aus), die in Walhall Aufnahme fanden.
Wodans Welt und Herrschaftsbereich ist Walhall, wo die in der Schlacht getöteten Krieger sich um ihn versammeln und ihm huldigen. Odin, der oberste aller Asen, der Allvater, gebietet dem Wodesheer, das die Menschen während der Rauhnächte in Angst und Schrecken versetzt.
Odins Geisterzug besteht aus toten Seelen, aus Menschen, die vorzeitig gewaltsam oder unglücklich zu Tode kamen. Aus ungetauften Kindern, Hexen, Druden, bösen Geistern, Kobolden und – nach einer sehr alten Überlieferung – aus einem einäugigen Schwein. Wenn das wilde Heer in den Rauhnächten lärmend und tosend durch die Lüfte brauste, duckten die Menschen sich in Häusern, Höfen und Kammern ängstlich und furchtsam zusammen, in der Ungewissheit, was ihnen bevorstand. Oder was die Wilde Jagd noch mit ihnen vorhatte.
Um Odin und sein Jagdgefolge gütlich zu stimmen und zu besänftigen, brachte man Opfer dar und stellte Reste vom Weihnachtsessen und Weihnachtsgebäck unter den Obstbäumen bereit und vertraute auf den Schutz durch die Räucherungen.
Die Nacht gehört den Geistern
Der Glaube an Geister, nicht sichtbare Wesen, Hexen und Kobolde war im Volksglauben tief verhaftet. Vor allem vor der Nacht fürchteten sich die Menschen. Die Nacht gehörte den Unwesen, den Gespenstern, den Jenseitigen, die sich nicht sichtbar machten oder nicht sichtbar werden konnten, der Zeit, nach deren Ende das Licht der Sonne durch ihre Strahlkraft allem Spuk ein Ende bereitete.
Unsere Vorfahren glaubten, dass in den Rauhnächten die Naturgesetze außer Kraft seien und die Tore zur Anderswelt sich immer wieder öffneten. Aus diesem Grund konnte man mit seinen Ahnen leichter in Kontakt