Darmpilze - heimliche Krankmacher. Eberhard J. Wormer

Darmpilze - heimliche Krankmacher - Eberhard J. Wormer


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Geweben und Organen vorzudringen. Vor Kurzem gelang es ihnen, bei Pilzen, die den Menschen krank machen können, die Erbanlage für ein sogenanntes Virulenz-Gen zu isolieren und zu charakterisieren. Virulenz-Gene enthalten die Bauanleitung für Eiweißstoffe, die für die krank machenden Eigenschaften des Pilzes verantwortlich sind.

      Hefepilz-Erreger wie etwa Candida glabrata, Candida krusei und Candida tropicalis liegen »im Trend«, Experten entdecken sie zunehmend oft als Verursacher einer Pilzerkrankung. Infektionen mit exotischen Hefen häufen sich in unserer reisefreudigen Zeit, weil viele Menschen die Erreger, ohne es zu wissen, weitergeben und andere Menschen, die empfänglich dafür sind, anstecken. Wichtigste Ansteckungsquelle ist der Körperkontakt zum Mitmenschen, besonders beim Küssen und beim Geschlechtsverkehr wandert der Pilz gern von einem zum anderen.

      Vor Kurzem entdeckten Forscher eine neue Pilzart, die sich von Madagaskar über das südliche Afrika nach Europa ausbreitet. Der Erreger gehört zur Gattung Candida, unterscheidet sich aber morphologisch und genetisch von allen mehr als 200 bislang bekannten verschiedenen Candida-Arten. Gefunden wurde der Pilz ursprünglich im Vaginalabstrich von Prostituierten in Madagaskar und in Angola, inzwischen aber entdeckte man ihn auch bei deutschen Patienten. Der Erreger befällt Scheide und Penis, er heißt nach seinem Fundort Candida africana. Die Tatsache, dass der Pilz bereits in Deutschland diagnostiziert wurde, weist auf die schnelle Verbreitung hin. Experten vermuten, dass sich Candida africana in Madagaskar aufgrund der langen Abgeschiedenheit der Insel als eigenständige Art entwickeln konnte, von dort aus ihre weite Verbreitung im Süden Afrikas fand und sich jetzt nach Europa ausdehnt. Von der Bundesanstalt für Arbeitssicherheit wurde der Erreger ebenso wie Candida albicans und zwei weitere Candida-Arten in die Risikogruppe 2 der Krankheitserreger eingestuft. Es handelt sich um die höchste Gefahrenklasse der in Deutschland vorkommenden Pilzerreger, nach deren Kontakt eine Erkrankung als sehr wahrscheinlich gilt.

      Bekommen Bakterien die Oberhand im Körper, schlägt unser Immunsystem sofort Alarm. Der Mensch erkrankt »akut«, also unmittelbar. Bekommen dagegen Pilze eine Chance, schleusen sie sich ganz unauffällig und leise in den Körper ein. Sie siedeln sich auf geschwächten Darmschleimhäuten an und beginnen von dort aus, den Körper und die Gesundheit zu unterwandern. Besonders gefährlich sind Pilzkrankheiten, die das Immunsystem außer Kraft setzen. So können sich bestimmte Hefepilze sogar im Inneren von weißen Blutkörperchen vermehren, obwohl diese sogenannten Fresszellen vom Immunsystem eigentlich dazu gedacht sind, eindringende Pilze abzuwehren.

      Achtung! Nicht immer sind es Pilze!

      Verdauungsstörungen können quälend sein und den Betroffenen das Leben wirklich schwer machen. Doch mancher Hausarzt schaltet die Ohren auf Durchzug, wenn Patienten über »Kleinigkeiten« wie Durchfall, Verstopfung und Blähungen klagen. Neben einer Pilzerkrankung können sich hinter diesen »Allerweltsbeschwerden« auch ernste Darmerkrankungen wie etwa ein Tumor, eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms, Mangel an Verdauungsenzymen, Störungen der Gallensäurenverarbeitung und Divertikel (Aussackungen der Darmschleimhaut) verbergen. Wer über längere Zeit unter diffusen Darmbeschwerden leidet, sollte sich in der gastro-enterologischen Abteilung eines großen Krankenhauses gründlich durchchecken lassen. Vor allem eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms ist mit einer Pilzerkrankung leicht zu verwechseln, weil auch sie entsteht, wenn die Abwehrkräfte des Körpers geschwächt sind. Darmspezialisten stellen diese Erkrankung nicht durch Laborproben, sondern durch einen Atemtest fest und behandeln sie mit Antibiotika.

      Pilze verstehen es perfekt, ihre Erscheinungsform so zu verändern und zu verschleiern, dass man ihnen oft erst nach Jahren auf die Schliche kommt. Bei kaum einer anderen Erkrankung hört man so viele unterschiedliche Leidensgeschichten.

      Schwarzer Schimmel in feuchten Wohnräumen ist ein Warnzeichen. Man lässt ihn am besten vom Fachmann beseitigen. Kommt er immer wieder, sind zur Sanierung der Räume grundsätzliche Baumaßnahmen angebracht.

      Da ist zum Beispiel der Sechsunddreißigjährige, der sich völlig ausgebrannt fühlt. Dabei kommt er mit der Arbeit gut zurecht, und er wird auch nicht von den Berufskollegen gemobbt. Seit Kurzem graut ihm vor jedem Arbeitstag. Eigentlich wünscht er sich nur eins: ausruhen und schlafen. Natürlich war er beim Arzt, aber der konnte nichts Rechtes finden.

      Typisch ist auch die junge Frau, die mit ihren 20 Jahren schon Dauergast in einer Arztpraxis ist, weil sie regelmäßig an juckenden Scheidenentzündungen leidet. Dazu kommen immer wieder Blaseninfektionen. Jedes Mal verschreibt der Arzt Medikamente, die ihr für ein Weilchen Ruhe verschaffen, aber die Entzündungen kommen immer wieder und halten sich hartnäckig.

      Diäten ohne Ende

      Heilpraktiker berichten hin und wieder über Frauen, die modisch und gertenschlank sind, sich aber nicht trauen, enge Hosen oder Röcke anzuziehen, weil sie sich um die Taille herum gestaut und wie aufgeblasen fühlen. Andere Betroffene versuchen vergeblich abzunehmen. Keine Diät schlägt an. Oft sind es Naschkatzen wider Willen, wie etwa die figurbewusste Dreißigjährige, die eigentlich Süßes gar nicht mag, aber dennoch einfach nicht anders kann, als sich immer wieder wie unter Zwang mit Schokolade, Eiscreme und Kuchen vollzustopfen. Ein Fall für den Psychologen, oder …?

      Kariesbildung: Candida schadet den Zähnen

      Bei fast jedem von uns findet sich das Bakterium Streptococcus mutans im Speichel. Es spielt eine Hauptrolle bei der Bildung von Karies. Zahnmediziner gingen früher davon aus, dass der Keim allein für den Zerfall der Zähne verantwortlich ist. Neuere Studien zeigen jedoch, dass daran eine ganze Reihe von Übeltätern beteiligt ist. Sie nutzen die klebrige Substanz, die Streptococcus mutans bildet, um auf den Zähnen Halt zu finden. Einer davon ist der Hefepilz Candida albicans. Schaut man sich das Zusammenspiel von Streptococcus mutans und Candida albicans genauer an, zeigt sich, dass das Bakterium im Beisein des Pilzes seine Wirkung verändert. Es wird durch die Anwesenheit der Pilze schädlicher.

      Checkliste: Typische Beschwerden

      Pilze tarnen sich und ihre Aktivitäten. Deshalb gibt es viele Erscheinungsformen, die Fachleute auch unter dem Sammelbegriff »Candida-Hypersensitivitäts-Syndrom« zusammenfassen. Wer unter einer oder mehreren der folgenden Beschwerden leidet, lässt sich am besten von einem Experten gründlich untersuchen:

      • Verdauungsstörungen: Durchfall, hartnäckige Verstopfung, besonders aber andauernder Wechsel von beidem.

      • Allgemeine Erschöpfung: Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Schlafstörungen, allgemeine Unlust und Mattigkeit, Schweißausbrüche, Stimmungsschwankungen ohne erkennbare Ursache.

      • Kränkeln: Dauererkältungen, immer wiederkehrende Blasen- oder Scheidenentzündungen und allgemeine Anfälligkeit.

      • Analekzem: Hinter diesem Fachausdruck verbirgt sich ein ebenso lästiges wie für viele Menschen peinliches Symptom: Nässender und juckender bis brennender Ausschlag am After (Darmausgang).

      • Hautkrankheiten: Rieselnde Kopfschuppen, verschorfte und juckende Kopfhaut, Ekzeme im Gesicht und an anderen Körperstellen.

      • Allergien: Lebensmittel-Unverträglichkeiten, aber auch Asthma oder Neurodermitis und andere Allergien können durch Pilzbefall begünstigt werden. Wenn Sie unter einer Allergie leiden, lohnt sich die Untersuchung auf Candida.

      • Rheumatische Beschwerden: Muskel- und Gelenkschmerzen, bereits vorhandene Gicht und Arthrose können durch Pilzinfekte befeuert werden.

      Ewig zwickt der Bauch

      Ganz anders liegt der folgende Fall: Egal, was er isst oder trinkt – fast täglich leidet der kräftige hochgewachsene vierzigjährige Handwerksmeister unter Durchfall. Manchmal allerdings klagt er auch über Verstopfung. Und dazu grummelt es ständig vernehmlich im Bauch; ab und zu hat er sogar regelrechte Krämpfe im Bauch. Der Mann fühlt sich matt und krank, seine Beschwerden sind ihm peinlich. Doch der Arzt konnte ihm lange Zeit nicht helfen, weil bei den Untersuchungen rein organisch alles in Ordnung zu sein schien.

      Keine Frage, manchmal muss eine Behandlung mit Antibiotika


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