Darmpilze - heimliche Krankmacher. Eberhard J. Wormer
von geschulten Ärzten sorgfältig ausgewählt und angewandt, den Patienten vor der gefürchteten Invasion von Bakterien.
Das Dumme ist nur: Antibiotika töten nicht nur krank machende Bakterien, sondern leider auch die nützlichen Arten, diejenigen, die auf allen Schleimhäuten und der Haut leben und dem Körper helfen, gesund zu bleiben! Schließlich bedeutet der Name Antibiotika: »Gegen das Leben gerichtet«. Allzu schnell sollte ein Arzt also nicht zu diesen wirksamen Arzneimitteln greifen. Denn krank machenden Pilzen ist Tür und Tor geöffnet, wenn die natürlichen Feinde, nämlich die nützlichen Bakterien, außer Gefecht gesetzt sind. Ähnliche Risiken birgt auch eine Behandlung mit Kortison: Das künstliche Hormon sorgt bei bestimmten Krankheiten dafür, dass körpereigene Abwehrfunktionen, vor allem Entzündungen gezielt gedämpft werden. Das ist oft sehr sinnvoll und manchmal überlebensnotwendig, aber bedauerlicherweise auch ein echter Türöffner für pathogene Pilze, gegen die der Körper durch das Kortison machtlos wird.
Heilpraktiker und Ärzte neigen ebenso wie die Betroffenen selbst manchmal dazu, die Ursache für diffuse Befindlichkeitsstörungen auf die »Seele« oder die Wechseljahre zu schieben. Dann dauert es umso länger, bis die echte Ursache – nämlich eine Pilzerkrankung – erkannt wird.
Chemotherapien, diese im Kampf gegen den Krebs unentbehrlichen Zellgifte, schädigen die Abwehrkräfte des Körpers oft für Monate so nachhaltig, dass Pilze eine Chance bekommen. Der Grund: Viele der bei einer Chemotherapie verwendeten Wirkstoffe (Zytostatika; abgeleitet von Cyto-Zelle und statik-anhalten) hemmen nicht nur das Wachstum der Krebszellen, sie greifen auch ins Immunsystem ein. Nicht zuletzt deshalb werden sie auch bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen eingesetzt.
Vielfalt im Inneren des Körpers
Wie die Mikrobiota (früher Darmflora) zusammengesetzt ist, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Jeder von uns beherbergt andere Bakterienstämme. Die Menge und Art der Mikroben variiert ebenfalls von Mensch zu Mensch und von Darmabschnitt zu Darmabschnitt. Es existiert ein stetiger Umbau, einige Bakterien sterben, andere vermehren sich oder es kommen neue über die Ernährung hinzu. Darüber hinaus verändert sich die Mikrobiota auch im Laufe des Lebens, in Abhängigkeit von der Ernährung, unter Stresseinwirkung und durch Medikamente.
Eine Fehlbesiedlung des Darms mit Pilzen führt oft zu einem aufgeblähten Verdauungstrakt. Dann klagen selbst sehr schlanke Frauen über den Schwund ihrer Taille.
Krankenhausinfektionen werden oft durch chirurgische Eingriffe ausgelöst. Ein Beispiel hierfür sind in Venen oder Harnwege eingeführte Katheter. Es ist eine vielfältige Mischung aus Mikroorganismen, die sich darauf festsetzen können: Bakterien, Viren und Pilze. Einer unter ihnen ist der Hefepilz Candida albicans. Dem Körper gesunder Menschen kann er nicht viel anhaben. Bei einer Schwächung des Immunsystems kann er jedoch
Infektionen auslösen. Auf einem Katheter tut er sich beispielsweise mit anderen Mikroben zusammen und dringt in den Körper ein.
Aufpassen auf Reisen
Vor allem Südeuropa-Urlauber sollten sich vorsehen und streunende Tieren nicht anfassen. Dort können herrenlose Katzen den Reisenden mit besonders hartnäckigen Pilzen anstecken. Durch den Trend zu Fernreisen haben auch exotische Pilzinfektionen zugenommen. Dabei stecken sich Urlauber oft durch Kontakt zu infizierten Einheimischen in Afrika, Asien und Amerika an. Infektionen können durch Hautkontakt oder indirekt, etwa beim Gebrauch eines gemeinsamen Handtuchs, übertragen werden. Unterwegs können sich zudem bereits bestehende Pilzinfektionen wie Fuß- und Vaginalpilz verschärfen. Wer im Urlaub stärker schwitzt, bietet Hautpilzen bessere Wachstumsbedingungen als sonst.
Stress, Hektik, Bewegungsmangel und falscher Ernährungsstil schwächen das Immunsystem.
Ernährungsstil und Stress
Kaum jemand setzt sich noch in Ruhe zu drei Hauptmahlzeiten zu Hause an einen schön gedeckten Tisch. Der hektische Takt des modernen Lebens führt dazu, dass viele Menschen nur noch schnell, sozusagen im Vorübergehen essen. Frisch Gekochtes wird oft zur Rarität. Ernährt man sich jedoch überwiegend oder ausschließlich von Fast Food, Fertiggerichten und Süßigkeiten, haben es Pilze erheblich leichter, sich einzuquartieren und quasi an den gedeckten Tisch zu setzen. Denn zum einen sind Kohlenhydrate, vor allem Zucker, die Hauptnahrungsmittel für Pilze. Zum anderen schadet solch eine, in der Regel ballaststoffarme Kost der Darmschleimhaut, weil nützliche »gute« Bakterien regelrecht ausgehungert werden. Zum guten Gedeihen benötigen »freundliche«
Wer sich mit Heißhunger und Gier auf kohlenhydratreiche Kost stürzt, könnte auch unter Diabetes leiden. Hinweise liefert ein Labortest beim Arzt.
Bakterien Pflanzenfasern aus Getreide, Hülsenfrüchten und Gemüse. Nur wenn die Mikrobiota (Darmflora) damit gut ernährt wird, schafft sie es, schädliche Viren, Bakterien und Pilze erfolgreich zu bekämpfen!
Auch die Hektik unseres modernen Arbeitslebens fordert ihren Tribut. Ist ein Mensch für längere Zeit seelisch und körperlich überlastet, haben Pilze leichteres Spiel als sonst. Denn nicht nur Herz und Kreislauf leiden, auch die Abwehrkräfte sinken. Dauert der Stress über Wochen, Monate oder gar Jahre an, streikt irgendwann das Immunsystem: Das Stresshormon Kortisol hemmt unsere Abwehrzellen; der Körper wird anfällig für die Angriffe von außen. Ein zweites Stresshormon wirkt direkt auf den Darm. Es ist das Adrenalin, der Stoff, der uns bei einer plötzlichen Bedrohung und auf der Flucht ungeahnte Kräfte verleiht. Aus diesem Grund schaltet das Hormon die Aktivitäten des Darms ab. Im Prinzip ist das natürlich auch gut so. Denn wer plötzlich weglaufen muss, kann sich schließlich nicht um ein Klo kümmern. Doch hat das Stresshormon zu oft und zu lange die Oberhand, verkümmern die Abwehrkräfte des Darms, unseres größten Immunorgans.
Das Immunsystem
Unsere Gesundheit steht und fällt mit den Abwehrkräften des Körpers. Ob sich Pilze bei uns einnisten oder nicht, hängt allein davon ab, wie gut unsere Schutzmechanismen funktionieren. Der Darm ist sozusagen die »Wiege« des Immunsystems, aber auch das Lymphsystem, das Knochenmark, die Milz und die im Blut zirkulierenden Abwehrzellen sind unersetzlich. Fällt nur ein Baustein des komplexen Netzwerkes aus, bekommen Krankheitserreger eine Chance. Bei frühgeborenen Babys, sehr alten Menschen, chronisch Kranken oder Fehlernährten haben Pilze deshalb manchmal leichtes Spiel.
Eine Ernährungsweise mit reichlich Gemüse, Kräutern und Naturgewürzen hilft dem Körper mithilfe einer vielfältigen und stabilen Mikrobiota (Darmflora), wieder fit zu werden.
Das Immunsystem arbeitet jeden Tag 24 Stunden still und leise als unser Bodyguard. Denn rund um die Uhr versuchen Viren, Bakterien und Pilze, uns anzugreifen. Der Körper könnte ohne sein ausgeklügeltes Abwehrsystem ihren Attacken nie entgehen, denn Erreger befinden sich in der Atemluft, in Nahrungsmitteln, auf unserer Haut und gelangen über den Magen-Darm-Trakt auch in unseren Körper hinein.
Immer wenn Eindringlinge versuchen, unseren Körper zu erobern, alarmiert der Körper das Abwehrsystem. Dabei spielen die Schleimhäute eine wichtige Rolle. Hier sitzen vom Mund über Darm und Scheide die meisten Abwehrzellen des Körpers. Je nach Art des Angriffs alarmieren die Abwehrzellen in Blut, Lymphe und der Schleimhaut innerhalb von Sekunden die Steuerzentralen des Körpers.
Damit die körpereigene Schutztruppe effektiv arbeiten kann, braucht sie den Beistand einer gesunden Lebensführung. Nährstoffmangel, Stress, Medikamente, zu viel Alkohol und Nikotin – all das kann unser Immunsystem ausbremsen, ohne dass wir es zunächst bemerken. Denn die wunderbaren, komplizierten Schutzmaßnahmen des Körpers funktionieren selbst unter erschwerten Bedingungen relativ lange Zeit immer noch erstaunlich perfekt.
Das Immunsystem unterstützen
Abgesehen von einer immunstärkenden Ernährungsweise und einem gesunden Lebensstil mit ausgewogenem Essverhalten, Stressabbau und körperlicher Bewegung schwören einige Experten auf zusätzliche Mittel, um das Immunsystem auf Trab zu bringen und Rückfälle zu verhindern.
Mikrobielle Präparate wie etwa Lactobazillen in Form von Tabletten oder auch lebende Darmbakterien wie etwa Enterokokken