Mein (Ex-)Partner ist ein Psychopath. Bärbel Mechler

Mein (Ex-)Partner ist ein Psychopath - Bärbel Mechler


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      Welche Ihrer Sehnsüchte sollte in Erfüllung gehen? Was hat Sie so verzaubert? Sein Blick, seine verführerische Stimme? Was haben Sie am meisten in ihm gesucht?

      Der Partner als ewiger Sündenbock

      Psychopathen lieben es anfangs, wenn ihre Partner attraktiv und erfolgreich sind und nach außen ein perfektes Bild abgeben. Was die Opfer nicht wissen, und die Psychopathen meistens auch nicht, ist der Umstand, dass sie zwar einerseits das Beste haben wollen, aber andererseits nichts Großes, Schönes oder sogar Besseres langfristig neben sich existieren lassen können. So kommt irgendwann unweigerlich der Zeitpunkt, an dem sie genau das angreifen und zu zerschlagen beginnen, was sie anfangs fasziniert und bereichert hat. Ist also der Partner stark oder besitzt etwas, was der Psychopath selbst nicht hat, wird er irgendwann bekämpft. Ist er schwach, wird er ebenso bekämpft, weil kein Psychopath sich mit Schwächen auseinandersetzen kann. Dies würde ihn an seine eigene Schwäche erinnern, die er unter allen Umständen zu leugnen versucht. Wie man es auch dreht und wendet, es gibt kein Entrinnen. Ebenso ist es für ihn längerfristig nicht tragbar, wenn seine Partnerin charismatischer als er auf andere Menschen wirkt und eine höhere Aufmerksamkeit auf sich zieht, als er erreichen kann. Nach entsprechenden Ereignissen wird er sie aufs Schärfste für ihr distanzloses, überhebliches (oder für ein anderes seiner Meinung nach unpassendes) Verhalten zurechtweisen.

      Eine Klientin, eine sehr hübsche Frau und wesentlich jünger als ihr psychopathischer Partner, gestattete mir, hier von ihren Erlebnissen zu berichten. Ihr Mann zeigte sich sehr gerne mit ihr in der Öffentlichkeit – jedoch nur, solange er der Mittelpunkt des Geschehens blieb. Wurde sie jedoch hofiert und bewundert, wurde sie dafür bestraft und auf ein wehrloses Verhalten konditioniert.

      An ihrem Gesicht und an ihrer Figur konnte er nicht glaubhaft herummäkeln, deshalb verlegte er seine Strategie auf ein anderes Terrain: Bei seiner letzten Attacke wirkte er ganz empathisch und besorgt auf sie ein, dass sie sich in Gesellschaft besser etwas zurücknehmen solle, da sich jedes Wort aus ihrem Munde, sobald sie unter Leuten sei, wie ein hilfloses Plappern anhöre, und dass alles, was sie sagen würde, deshalb peinlich und unüberlegt wirke. Außerdem fehlten ihr die erforderlichen gesellschaftlichen Manieren und Umgangsformen.

      Was er aber nicht wusste, war, dass sie zu diesem Zeitpunkt schon mit ihrer inneren Arbeit begonnen und sich mit seiner Charakterstruktur intensiv auseinandergesetzt hatte. So antwortete sie ruhig und gefasst, dass er keine Befürchtungen mehr haben müsse, dass sie ihm noch einmal Unannehmlichkeiten in der Öffentlichkeit bereite, da sie ihn nicht mehr begleiten werde. Sie berichtete, dass sie sich bereits therapeutisch beraten lasse. Die Therapeutin, so erklärte sie weiter, sehe keine Zukunft in dieser Beziehung, und dann sei da noch dieser Altersunterschied …

      Das hat ihn erschreckt und er stand wie vom Donner gerührt hilflos vor ihr. Nun war er in der Zwickmühle. Einerseits konnte er es sich in seiner gesellschaftlichen Stellung nicht leisten, dass seine Frau ihn nicht weiterhin begleiten würde; außerdem wollte er sich weiterhin mit ihrer Attraktivität brüsten. Andererseits fürchtete er sich jedoch auch vor dem Einfluss der unbekannten Therapeutin, die seine Frau offensichtlich überzeugend erreicht hatte, weshalb er es nicht wagte, weiteren Druck aufzubauen. Sie sagte mir, dass er ihr in dem Moment beinahe leidgetan habe und sie sich zusammenreißen musste, um nicht vor lauter Mitgefühl wieder rückfällig zu werden.

      Das Spiel mit Nähe und Distanz

      Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sind sich psychopathische Menschen nicht über ihr inneres Chaos bewusst. Sie glauben, dass ihr unbeständiges und verwirrtes Gefühlsleben nur eine Reaktion auf eine äußere chaotische Welt zurückzuführen ist, mit der sie zwar in Resonanz stehen, die sie jedoch nicht verursacht haben. Diese Unschuldsvermutung schützt sie davor, über sich selbst nachzudenken und eigenes Handeln zu hinterfragen.

      Ein signifikantes Merkmal dieses Chaos und das Nicht-über-sich-selbst-im-Klaren-Sein ist das Spiel mit Nähe und Distanz. In jeder erfüllenden Beziehung ist ein gesundes Verhältnis zwischen Nähe und Distanz von großer Bedeutung, denn ein Leben ohne Freiräume kann schnell zu Gefühlen von Einschränkung und Enge führen. Ebenso kann eine Beziehung ohne besondere Nähe schnell mit Vernachlässigung assoziiert werden. Somit ist eine gute Ausgewogenheit beider Elemente von großer Bedeutung.

      Bei dem psychopathischen Charakter geht es jedoch um andere Dimensionen. Er beschränkt sich auf widersprüchliche Verhaltensmuster, die berechenbar abgerufen werden und sich auf einfachste Weise reduzieren lassen:

      Stößt der Partner ihn weg, zieht er ihn zurück. Zieht der Partner an ihm, stößt er ihn weg.

      Möchte also der Liebende mehr Nähe, weist er ihn zurück, weil er diese emotionale Enge nicht aushalten möchte, aber auch sein ausgeprägtes Freiheitsgefühl bedroht sieht. Doch wenn der andere sich zurückzieht oder ihn wegschickt, wird er aktiv, um die Trennung oder den Kontrollverlust zu verhindern. Dies sind festgelegte Handlungsmechanismen, um eine kontrollierte Stabilität zu gewährleisten. Das ist dem Psychopathen aber nicht in der gesamten Tragweite bewusst. Um das zu durchschauen, müsste er sein Verhalten reflektieren.

      Doch für Sie bietet gerade das Nähe-Distanz-Spiel eine gute Möglichkeit, Ihre Beziehung ein Stück weit zu steuern. Verschenken Sie sich also nicht bereitwillig und geben Sie ihm das Gefühl, dass er etwas leisten muss, um für Sie attraktiv zu sein. Wie gesagt, auch er kann sich seiner Muster nicht entziehen und ist gezwungen, zu reagieren. Und das Gefühl, unzulänglich oder nicht gut genug zu sein, bzw. die Angst, etwas Wichtiges zu verlieren, wird ihn anspornen, ob er möchte oder nicht. Er kann mit Mittelmäßigkeit und Mangel nicht umgehen.

      Verlieren Sie also nicht aus den Augen, dass Ihr Partner nicht über den Dingen steht. Er hat eine stabile Mauer und eine beeindruckende Maske entwickelt. Aber doch nur um seinen Seelenschmerz nicht zu fühlen und um neue Verletzungen zu minimieren.

      Verwenden Sie bei Ihren Interventionen keine lautstarken Äußerungen. Es sind vielmehr die leisen und ernsten Töne, die seine Defizite aufrufen. Spielen Sie mit der Erfahrung. Es wird Sie erleichtern zu sehen, wie einfach diese Menschen in Wirklichkeit gestrickt sind und dass es keinen Grund gibt, ihren Behauptungen Glauben zu schenken.

      Reflexion:

      Wie können Sie sich das Nähe- und Distanzverhalten Ihres Partners zunutze machen?

      Affären mit verheirateten Partnern

      Sie wissen, dass psychopathische Charaktere das Abenteuer suchen und im Allgemeinen wechselnde Affären benötigen. Dabei erscheinen ihnen verheiratete Personen besonders attraktiv – schließlich sind die in einer Ehe oder Familie eingebunden und können ihnen nicht so leicht auf den Pelz rücken, um deren eigene Worte zu gebrauchen. Das macht die Sache um vieles leichter und reizvoller. Allein der Umstand, dass ihre Eroberungen nicht zu jeder Zeit erreichbar sind und die Treffen abgestimmt werden müssen, spielt ihnen eminent in die Hände. Überdies können sie ihre bekannte Unzuverlässigkeit als rücksichtsvolles Verhalten deklarieren. Ein zusätzlicher verlockender Aspekt ist, dass Psychopathen es besonders lieben, sich mit den Ehegatten ihrer Eroberungen zu messen. Sie sind berauscht von dem Gedanken, wie spielend sie ihre Rivalen in den Schatten stellen und vom Thron stoßen können. Einen Thron, den sie selbst nie einnehmen möchten. Aber zu einem guten Spiel gehört auch das dazu.

      Die Auserwählten ihrerseits ahnen nicht, dass ihre neue Liaison von Anfang an nicht die geringste Chance auf eine Zukunft hat und sie nur zum Spielball einer dissozialen Persönlichkeit geworden sind. Gerade weil ihre Affären nur dem Abenteuer und der Selbstverherrlichung dienen, können sich die Verführer bei verheirateten Partnern mehr denn je emotional aus dem Fenster lehnen. Dass sie dabei ihre Eroberungen in noch größere Abhängigkeiten bringen, stört sie nicht im Geringsten. Ganz im Gegenteil: Sie gehen vielmehr davon aus, dass die Betroffenen sich glücklich schätzen dürfen, dass ihnen in ihrem Leben wenigstens einmal die Erfahrung gegönnt ist, einem so großartigen Menschen, wie sie es sind, begegnen zu dürfen, und sie ihre eigene große Liebesfähigkeit entdeckt haben. Dass diese Sehnsucht aber unerfüllt bleibt und ihnen eine lange und schmerzhafte Leidenszeit bevorsteht, das kümmert sie nicht. Sie denken nicht darüber nach, was sie Menschen antun, wenn sie sie für eine kurze Zeit aus ihrer Ehe entführen und verzaubern,


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