Israel als Urgeheimnis Gottes?. Lukasz Strzyz-Steinert

Israel als Urgeheimnis Gottes? - Lukasz Strzyz-Steinert


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angesichts Israels

       6.4 Die Analogie von Altem und Neuem Bund als Mitte des Christlichen

       6.5 Israel und Christentum an der Schnittstelle zwischen Religion und Politik

       6.6 Begegnung mit dem Urgeheimnis Gottes?

       Epilog

       Literaturverzeichnis

       Personenverzeichnis

      Abkürzungen

      Die Abkürzungen – außer den folgenden – richten sich nach R. SCHWERTNER, Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin – New York 1994.

      1. DIE HÄUFIG ZITIERTEN WERKE VON ERICH PRZYWARA

ANBAlter und Neuer Bund. Theologie der Stunde, Wien – München 1956.
AugAugustinisch. Ur-Haltung des Geistes, Freiburg im Breisgau 22000.
CExChristliche Existenz, Leipzig 1934.
ChrJohChristentum gemäß Johannes, Nürnberg 1954.
CMCrucis Mysterium. Das christliche Heute, Paderborn 1939.
DSM I-IIIDeus semper maior. Theologie der Exerzitien, 3 Bde., Freiburg im Breisgau 1938–1940.
HHumanitas. Der Mensch gestern und morgen, Nürnberg 1952.
HerHeroisch, Paderborn 1936.
IEIdee Europa, Nürnberg 1956.
IuGIn und Gegen. Stellungnahmen zur Zeit, Nürnberg 1955.
KiGKirche in Gegensätzen, Düsseldorf 1962.
KKKatholische Krise, Hrsg. und mit Nachwort versehen von B. GERTZ, Düsseldorf 1967.
LLogos. Logos – Abendland – Reich – Commercium, Düsseldorf 1964.
MMensch. Typologische Anthropologie 1, Nürnberg 1959.
RdG I-IIRingen der Gegenwart. Gesammelte Aufsätze 1922–1927, 2 Bde., Augsburg 1929.
S IFrühe Religiöse Schriften, Erich Przywara Schriften I, Einsiedeln 1962.
S IIReligionsphilosophische Schriften, Erich Przywara Schriften II, Einsiedeln 1962.
S IIIAnalogia Entis. Metaphysik. Ur-Struktur und All-Rhythmus, Erich Przywara Schriften III, Freiburg im Breisgau 31996.
SumWas ist Gott? Summula, Nürnberg 1947.

      2. SONSTIGE

ArchDPSJArchiv der Deutschen Provinz der Jesuiten in München.
DHH. Denzinger, Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, Verbessert, erweitert, ins Deutsche übertragen und unter Mitarbeit von H. HOPING herausgegeben von P. HÜNERMANN, Freiburg im Breisgau 422009.
JHMTh/ZNThGZeitschrift für Neuere Theologiegeschichte/Journal for the History of Modern Theology.
ZfOZeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung.

      Einleitung

      Zum symbolischen Ausgangspunkt nimmt meine Doktorarbeit die weit verbreitete mittelalterliche Darstellung von Kirche und Synagoge, wie sie z.B. am Südportal des Straßburger Münsters zu sehen ist. Juden und Christen sind dort als zwei weibliche Gestalten versinnbildlicht worden. Auf diese Weise drückt diese Skulptur die christliche Überzeugung aus, dass Kirche und Synagoge unzertrennbar aneinander gebunden sind. Zumindest für die Kirche gilt, dass sie sich nur im Spiegel der Wirklichkeit Israels selbst begreifen kann. Das Bild der beiden Frauengestalten verdeutlicht aber nicht nur das christliche Bewusstsein von ihrer unlösbaren Gemeinschaft. Auch ein anderer Aspekt der christlichen Theologie und Praxis in Bezug auf Israel wurde auf diese Weise illustriert.

      Die Attribute, mit denen die Künstler Synagoge und Kirche auszustatten pflegten, lassen erahnen, dass es sich hier um ein einerseits schwesterliches, aber andererseits dramatisches Verhältnis handelt. Die beiden Frauen stehen im Duell, dessen Ergebnis jedoch längst und endgültig entschieden ist. Das Haupt der gedemütigten Synagoge ist gesenkt, der Blick wird ihr durch eine Augenbinde verwehrt, ihre Lanze ist zerbrochen und die steinernen Gesetzestafeln drohen aus ihrer Hand zu fallen. Auf manchen Darstellungen wird ihre anmutende und Würde ausstrahlende Gestalt in ein gelbes Gewand gehüllt, ein Zeichen der ausgegrenzten Prostituierten. Da sie Jesus nicht erkannte, verlor sie ihre Auserwählung und wurde von Gott verstoßen – so die gängige Deutung. Ihre Erwählung wurde der anderen Frau, der Kirche, zuteil. Deren Haupt ist nicht nur erhoben, sondern sogar bekrönt. In der Hand hält sie als Zeichen des Triumphs die Kreuzesfahne. Der Synagoge gilt der siegesbewusste, vielleicht sogar herablassende Blick der Kirche.

      Es drängt sich die Frage auf, ob diese künstlerisch versteinerte Unerlöstheit des Miteinanders von Kirche und Synagoge im Letzten das bleibend Gültige des Verhältnisses von Juden und Christen ist. Müsste diese Darstellung theologisch vielleicht umgemeißelt werden? Ist der Triumph der Kirche über die Synagoge ein Beweis des Triumphes Gottes in der Geschichte oder dessen Scheiterns? Diese Fragen können nicht ohne den Kontext der Geschichte des 20. Jahrhunderts erwägt werden, deren Ereignisse eine lange Tradition der christlichen Deutung des Verhältnisses zu Israel auf eine beispiellose Weise hinterfragt haben. Wie der israelische Historiker und Forscher der jüdisch-christlichen Beziehungen I.J. Yuval prägnant formuliert, wurde die antijüdische Polemik aus christlicher Sicht die ganze Zeit unter zwei Voraussetzungen geführt: „Zum einen galt die physische Existenz der Juden innerhalb der christlichen Gesellschaft als gewährleistet; zum anderen wurde das Exil des jüdischen Volkes und die Zerstörung seines religiösen und politischen Zentrums im Land Israel als Strafe für die Kreuzigung Jesu begriffen“. Binnen eines Jahrzehnts sind diese Prämissen zusammengebrochen. „Seit 1945 ist die christliche Welt mit Schrecken und Ausmaß der ‚Endlösung‘ konfrontiert worden, und im Jahre 1948 wurde der Staat Israel gegründet“1.

      Vor allem der Schreck über die Schoah bewirkte, dass die traditionelle antijüdische Position der Kirche als verwerflich, da für das geschehene Grauen indirekt mitverantwortlich, empfunden wurde. Was seit Jahrhunderten als fester Bestandteil der christlichen Deutung des Heilsgeschehens gegolten hatte, ist untragbar geworden. Die neu erwachte Sensibilität bewirkte, dass am 28. Oktober 1965 auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil die Erklärung Nostra Aetate verabschiedet wurde, in deren viertem Artikel das christliche Verhältnis zum Judentum neu ausgerichtet wurde. Ein neues Zeitalter schien eingeleitet, in dem nicht Verwerfung und Polemik, sondern Wertschätzung und Zusammenarbeit den Ton angaben. Auf diesen Neuanfang folgten andere Dokumente und Gesten, die als Hauptintention die Verbesserung des christlich-jüdischen Verhältnisses bestätigten und konsolidierten2. Allerdings verdeutlichen die immer wieder ausbrechenden Kontroversen um Themen wie Judenmission, Karfreitagsliturgie oder Antisemitismus die Komplexität der Lage, zu der unterschiedliche Befindlichkeiten und Sprachgewohnheiten, Vorurteile und Missverständnisse beitragen. Zudem sind viele Fragen zwischen Juden und Christen nach wie vor eine theologische Herausforderung3. Die vom Vertrauen geprägte Partnerschaft zwischen Kirche und Israel ist kein festes Gut, sondern muss dauernd intensiviert werden. Fünfzig Jahre nach Nostra Aetate fragt man sich jedoch, ob auf dieser neuen Grundlage nicht nun auch die sensiblen Punkte und radikalen Differenzen zwischen Kirche und Synagoge auf ihren Offenbarungsgehalt examiniert werden können und sollen.

      Es muss im Auge behalten werden, dass die Thematik um das Verhältnis zum Judentum auch innerkirchlich zur Debatte führt. Das Judentum liegt einerseits außerhalb der sichtbaren Gemeinschaft der Kirche, andererseits gehört das Jüdische zur Kirche fundamental hinzu. Es ist


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