Israel als Urgeheimnis Gottes?. Lukasz Strzyz-Steinert

Israel als Urgeheimnis Gottes? - Lukasz Strzyz-Steinert


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ma è piuttosto un problema che ha conseguenze profonde sulle strutture del cristianesimo, dell`ecclesiologia e delle correlative teologie politiche“11.

      Der letzte Satz ist insofern richtungsweisend, da hier eine Möglichkeit signalisiert wird, eine globale Sicht auf das Verhältnis Israel und Kirche, in dem das Jüdische als Gesamtphänomen gesehen wird, gewinnen zu können.

      Die in der neueren Literatur erwähnten Ansätze wurden jedoch in der Theologie kaum rezipiert und nur spärlich erforscht. Auch wenn J. Ratzinger 1958 im Hinblick auf das Alterswerk von Przywara davon sprach, dass die Theorie von der analogen Einheit des Alten und Neuen Bundes von Przywara „meisterlich dargelegt“ wurde, so dass es „in der neueren katholischen Literatur […] zu diesem Thema kaum Ausführungen von gleichem Rang geben“12 dürfte, so fand dieses Werk doch ein eher verhaltenes Echo. Auch die uns interessierende Thematik wurde bis jetzt kaum beachtet. Lediglich in einigen Arbeiten über Przywara wurden Aspekte der Israel-Problematik vereinzelt beleuchtet.

      Hier ist an erster Stelle die herausragende Arbeit von B. Gertz über Przywaras Analogie-Lehre zu nennen13. Der Autor untersucht den Denkweg, der Przywara von der Polarität über die analogia entis zur analogia fidei führt, und analysiert dann eingehend die letzte Kategorie als Prinzip seiner theologischen Methodik. Im Zuge seiner Analyse werden viele Aspekte des Zueinanders von Altem und Neuem Bund berücksichtigt. Dieses Zueinander an sich wird jedoch nicht eigens problematisiert. Auf jeden Fall bietet diese Arbeit einen sehr guten Ausgangspunkt für eine fokussierte Untersuchung des Verhältnisses zwischen den beiden Testamenten sowie dessen weiterer theologischer Konsequenzen in Przywaras Werk.

      Die Grundsätze von Przywaras Schriftauslegung im Zeichen der analogia fidei zwischen Altem und Neuem Bund werden in A. Stocks Untersuchung der hermeneutischen Grundpositionen zur Einheit des Neuen Testamentes ansatzweise besprochen14. Stock würdigt die innovative Methode Przywaras, die dadurch heraussticht, dass sie die Einheit des Neuen Testaments nur im Zusammenhang der umfassenderen Einheit von Altem und Neuem Testament denken lässt.

      Die Konsequenzen des Zueinanders von Kirche und Israel für Przywaras Kirchenverständnis wurden in E.-M. Fabers Studie über die ekklesiologischen Entwürfe von Romano Guardini und Erich Przywara ausgearbeitet15. Die Autorin zeigt, dass es Przywaras theologisches Spezifikum ist, das Geheimnis der Kirche im Geheimnis der Spaltung zwischen Juden und Christen zu orten, gemäß Röm 9–1116. Somit bieten sich in dieser Arbeit viele interessante Einsichten, die zu weiteren Fragen nach der Bedeutung der Israelbezogenheit der christlichen Theologie führen.

      Dass diese vielversprechende Sicht auf Przywaras theologisches Erbe hinsichtlich der jüdisch-christlichen Problematik doch nicht die einzige Interpretationsmöglichkeit ist, wird durch die Bemerkung von M. Zechmeister deutlich gemacht. In ihrer eingehenden Studie über Przywaras theologischen Weg würdigt sie einerseits seine Bemühungen, die alttestamentlichen Wurzeln der christlichen Gottesrede neu aufzudecken. Andererseits bemerkt sie aber, dass Przywara wohl „in seiner Auslegung des Verhältnisses des Christentums zum nachchristlichen Judentum gegen sich selbst und über sich selbst hinaus zu interpretieren sein wird“17.

      Deutlich negativer fallen die Meinungen über Przywaras Sicht des Judentums aus, wenn sie aus der Forschung über die kirchliche Haltung zur nationalsozialistischen Ideologie und dem Antisemitismus kommen. Der anfangs zitierten Meinung über Przywaras Kontakte zur jüdischen Geisteswelt in den Jahrzehnten zwischen den beiden Weltkriegen steht paradigmatisch das 1969 formulierte Urteil von H. Greive entgegen. In seiner Untersuchung über den Katholizismus und das Judentum in Deutschland und Österreich in der Zwischenkriegszeit bezichtigt er Przywara einer besonderen Rolle in der negativen Bestimmung des christlich-jüdischen Verhältnisses. So schreibt er, Przywara suchte in seinen Ausführungen aus dieser Zeit die gängigen antijüdischen Klischees „mit religiösen Gedankengängen“ genauer zu bestimmen und in seinem Denken sei „die Annäherung des völkischen und des religiösen Standpunktes“18 festzustellen.

      Derselben Zeitspanne und einer ähnlichen Thematik widmet sich ein Beitrag zur Erforschung der neueren Theologiegeschichte von P.S. Peterson. In seinem 2012 erschienenen Artikel behandelt der Autor den kulturellen, sozio-politischen und kirchlichen Kontext der Religionsphilosophie Przywaras und verweist auf Parallelen zwischen seinen Gedankengängen und den in den 20er und 30er Jahren in Deutschland präsenten völkischen und faschistischen Ideen, bei denen der Antisemitismus eine bedenkliche Rolle spielt. In diesem Zusammenhang scheinen viele Äußerungen Przywaras höchst fraglich zu sein19.

      In der zwei Jahre später erschienenen Einführung zur amerikanischen Übersetzung von Przywaras Analogia entis bezeichnet J.R. Betz die These, Przywara habe nationalsozialistische und antisemitische Sympathien gehegt, als unzulässig, da auf missinterpretierten und aus dem Kontext herausgerissenen Zitaten gebaut. Laut Betz müsse das Gegenteil behauptet werden. Vor allem im Hinblick auf Przywaras Dialog mit dem Judentum schließt sich Betz grundsätzlich O’Mearas Meinung an und widerspricht den Thesen im Artikel von Peterson, den er als einen neuerlichen Versuch, Przywara zu diskreditieren, bezeichnet20.

      Fast unverzüglich antwortet darauf Peterson mit einem weiteren Artikel, in dem die These bekräftigt wird: „While Przywara was not a member of the NSDAP or any political party, many of his views on cultural, social and political matters from this time are relatively typical of Nazi Germany“21. Der Autor beruft sich auf Archivdokumente, in denen Przywara, um in die Reichsschriftumskammer aufgenommen zu werden, seine arische Abstammung nachweist, sowie auf solche, in denen Vertreter der NSDAP das jesuitische Umfeld Przywaras als regimekonform bezeichnen. Vor diesem Hintergrund bezichtigt Peterson Przywaras Sicht auf das Judentum und viele verwandte Themen einer starken antisemitischen Komponente und fährt fort:

      „His general frame of thought, which one might call Catholic fascism, was not the same, however, as secular neo-pagan fascism. Catholic fascism was captivated with the theme of the Reich and the religious Abendland, it was skeptical of neopaganism, anti-Semitic, anti-liberal, anti-American, anti-Enlightenment, anti-French Revolution, anti-cosmopolitan, anti-Zionist, anti-rationalistic, völkisch, authoritarian, integralistic, Nietzschean and nationalistic. […] Przywara was not, however, a mere passive agent who unconsciously absorbed the cultural norms of his context. He creatively adopted them, reconceptualized them as expressions of faithful Christianity and them disseminated them […]“22.

      Diese Kontroverse über Przywaras Sicht auf das Judentum und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Hermeneutik seines Werkes fand während meiner Forschungsarbeit statt. Sie stellte mich vor neue Fragen und zwang mich, einige meiner Ausgangspunkte zu hinterfragen und zu revidieren. Es wurde noch deutlicher, dass diese Arbeit nicht als eine unbefangene und lineare Begründung der These, Przywara sei ein Pionier des christlich-jüdischen Dialogs im nachkonziliaren Sinn gewesen, konzipiert werden kann, sondern differenziert, ausgewogen und unter Berücksichtigung der theologiegeschichtlichen Kontexte urteilen muss und vor der Ambivalenz der Thematik im zeitgeschichtlichen Kontext nicht die Augen verschließen darf. Viele von Przywaras Aussagen sind vor allem im Blick auf die Zeitumstände kontrovers bis abstoßend, was jedoch nicht selten in einem bestimmten Zusammenhang steht und durch Gegenteiliges relativiert oder aufgehoben wird. Für diese Ambivalenz steht auch das Fragezeichen im Titel dieser Dissertation, das im Anfangsprojekt nicht vorgesehen war, sondern als Ergebnis meiner Forschung in der redaktionellen Phase hinzugefügt wurde. Natürlich kann und muss diese systematisch-theologische Dissertation nicht alle historischen und zeitgeschichtlichen Begebenheiten erforschen, unter denen sich Przywaras Reflexion über das Judentum vollzog. Sie will aber seine Erfahrungswelt berücksichtigen, um die existenzielle Dimension seiner Beschäftigung mit Israel in den Blick zu bekommen. Der Leser wird meine Auseinandersetzung mit dieser Problematik an vielen Stellen entdecken können. Besonders möchte ich in diesem Zusammenhang auf Punkte 2.2, wo auch zeitgenössische jüdische Reaktionen auf Przywaras Einschätzung des Judentums zu Wort kommen, und 5.4 mit 5.5, wo Przywaras „Reichstheologie“ kritisch ausgewertet wird, aufmerksam machen.

      Umgekehrt bin ich jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass die oben zitierte Charakterisierung von Przywaras Denkrahmen in ihrer Pauschalisierung dem Denker und seinem Werk nicht gerecht


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