Kaufmann/Kauffrau im Gesundheitswesen. Jochen Gürtler

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von der Lage am Kapitalmarkt. Herrscht eine Niedrigzinsphase, dann werfen die Rückstellungen weniger Renditen ab und die PKV-Unternehmen müssen höhere Prämien kalkulieren.

      Anders als Krankenkassen können private Krankenversicherungsunternehmen den Vertragsabschluss verweigern, weil das Risiko des Versicherungsnachfragers zu hoch ist; sie unterliegen also nicht dem Kontrahierungszwang (image Tab. 13). Ebenso kann die PKV die Behandlung von Vorerkrankungen aus dem Versicherungsvertrag ausnehmen, wenn ihr das Risiko zu hoch erscheint. Diese Möglichkeiten bestehen für den Basistarif (image Kap. II 3.3) jedoch nicht.

      Tab. 13: Kennzeichen der PKV und der GKV im Vergleich

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      PKVGKV

      Bei privaten Versicherungsverträgen besteht Wahlfreiheit der Entscheidung über die Versicherungsdeckung. Ein Privatversicherter kann die Art und die Höhe der Selbstbeteiligung nach seinen individuellen Bedürfnissen wählen. So kann man eine Police ohne Selbstbeteiligung mit entsprechend hoher Prämie erwerben, umgekehrt ist es möglich, die monatliche Belastung durch die Prämie geringer zu halten und dafür im Krankheitsfall eine hohe Eigenbeteiligung zu leisten. Ebenso kann sich der Privatversicherte für Beitragsrückerstattung entscheiden. In diesem Falle zahlt die Versicherung, wenn keine Leistungen in Anspruch genommen wurden, Beiträge an den Versicherten zurück. (In engeren Grenzen ist dies auch gesetzlich Versicherten möglich, image Kap. II 2.5.1) Einem Privatversicherten steht es zudem frei, Leistungen, z. B. Zahnimplantate, Chefarztbehandlung etc., in die Versicherung aufzunehmen oder nicht.

      Was die Art der Leistungsgewährung durch die Versicherung betrifft, so hat der gesetzlich Versicherte größere Wahlfreiheit: In der PKV werden Versicherungsleistungen ausschließlich als Kostenerstattung erbracht, während ein gesetzlich Krankenversicherter zwischen Sachleistung und Kostenerstattung auswählen kann. Privat Versicherte erhalten medizinische Leistungen gegen Rechnung, die sie an ihre Versicherung weiterleiten. Nach Maßgabe des vom Versicherten gewählten Selbstbehalts erstattet die Versicherung die Kosten der Behandlung; der Versicherte überweist dem Leistungserbringer den Rechnungsbetrag (Ausnahmen von diesem Vorgehen sind im Fall einer Krankenhausbehandlung möglich; hier kann auch direkt zwischen Privatversicherung und Krankenhaus abgerechnet werden).

      Alle genannten Kennzeichen der PKV zeigen vor allem eines: Im Gegensatz zur GKV gilt in der PKV das Solidarprinzip nur sehr eingeschränkt. Zwar ist es auch in der PKV möglich netto zum Leistungsempfänger zu werden, also in der Summe mehr Leistungen zu erhalten als man Beiträge bezahlt hat. In gewissem Umfang findet also auch hier eine Umverteilung zwischen Gesunden und Kranken statt. Im Vergleich zur GKV ist diese aber stark eingeschränkt, weil die Beitragshöhe des Privatversicherten von seinem Krankheitsrisiko bei Vertragsabschluss abhängt.

      Solidarität zwischen mehr und weniger einkommensstarken Versicherten kennt die PKV nicht; in der GKV wird zwischen arm und reich umverteilt, allerdings nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Umverteilungswirkungen zwischen Kinderlosen und Kinderreichen, wie in der GKV mit ihrer beitragsfreien Familienversicherung, entfallen in der PKV völlig.

      Versicherte in der PKV sind folgende Personengruppen, für die keine Pflichtmitgliedschaft in der GKV besteht:

      • Arbeiter und Angestellte mit einem Bruttoeinkommen, das die Versicherungspflichtgrenze der GKV übersteigt

      • Beamte

      • Selbstständige

      Selbstständige, also Unternehmer oder freiberuflich Tätige wie z. B. Ärzte, Steuerberater etc. sind in aller Regel gegen Krankheitsrisiken privat vollversichert. Sie tragen für sich und ihre Familienangehörigen die Prämien selbst.

      Besondere Regelungen bestehen für Beamte: Sie müssen nur einen Teil der Krankheitsrisiken privat versichern, da der Staat als ihr Arbeitgeber den anderen Teil aus Mitteln der durch Steuern finanzierten Beihilfe übernimmt. Der Beamte selbst erhält von der Beihilfe 50 % seiner Behandlungskosten erstattet; er wird sich folglich zu 50 % privat absichern. Der Ehepartner eines Beamten, dessen Einkommen jährlich 18 000 € nicht übersteigt, erhält 70 % aus Beihilfemitteln, sein Kind 80 %. Für den Ehepartner wird also eine Privatversicherung über die restlichen 30 %, für das Kind über 20 % der Behandlungskosten abgeschlossen. Hat der Beamte zwei oder mehr Kinder, so steigt der Anteil, den die Beihilfe an seinen eigenen Behandlungskosten übernimmt, auf 70 %. Ähnlich wie in der GKV werden durch diese Regelungen kinderreiche Familien begünstigt.

      Beispiel:

      Frau F. ist als Lehrerin eine Beamtin, sie ist verheiratet und hat drei Kinder; ihr Mann ist als Hausmann tätig. Die Familie hat fünf Versicherungsverträge mit einer privaten Krankenversicherung zu folgenden Prozenttarifen abgeschlossen:

      • Frau F. und ihr Mann sind je zu 30 % privat versichert

      • jedes Kind ist zu 20 % privat versichert.

      Sucht ein Mitglied der Familie F. einen Arzt auf oder löst ein Rezept in der Apotheke ein, zahlt die Familie die Rechnung selbst und reicht je eine Kopie der Rechnung bei der PKV und bei der Beihilfe ein, die dann den jeweiligen prozentualen Rechnungsbetrag auf das Konto von Familie F. überweisen.

      Entscheidet sich ein Angestellter oder Arbeiter, dessen Verdienst die Pflichtversicherungsgrenze übersteigt, für eine private Vollversicherung, so zahlt ihm sein Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe des Arbeitgeberbeitrags, den er bekäme, wenn er in der GKV geblieben wäre (§ 257 Abs. 2 SGB V). Herr B. (image Tab. 8) im Rechenbeispiel in Kapitel II 2.5.1 hätte also einen Zuschuss erhalten, wenn er sich für die PKV entschieden hätte. Herr B. wird die Alternative PKV wählen, wenn er als junger gesunder Mensch beitritt und folglich eine günstige Prämie erhält. Hätte er eine chronische Erkrankung oder wäre er nicht mehr jung, dürfte die GKV für ihn die bessere Alternative sein. Ist er verheirateter Familienvater oder möchte er dies werden, wird er ebenfalls in der GKV bleiben, da er sonst auf die beitragsfreie Mitversicherung seiner Familienangehörigen verzichten müsste.

      Seit dem 1.1.2009 gilt eine Krankenversicherungspflicht für alle, auch für Personen, die nicht in die GKV aufgenommen werden können. Wer z. B. als Selbstständiger aus der PKV ausschied, weil er seine Prämien im Normaltarif (image Kap. II 3.1) nicht mehr bezahlen konnte, daraufhin einige Zeit ohne Versicherungsschutz war, muss sich versichern. Alle privaten Krankenversicherungen müssen deshalb den sogenannten Basistarif (vor 2009 gab es für ausgewählte Versicherte eine Vorläuferversion, den Standardtarif) für solche Personen anbieten. Das bedeutet, es besteht Kontrahierungszwang für die Privatversicherer, sie dürfen den Vertragsabschluss nicht verweigern. Das individuelle Risiko des Versicherungsnachfragers bleibt für die Prämienhöhe unberücksichtigt; gestattet ist lediglich eine Abstufung nach Alter.

      Der Basistarif ist quasi die Billigvariante der PKV. Die Prämie dieses Tarifes darf die Höhe des durchschnittlichen GKV-Beitrags nicht überschreiten. Die Leistungen der PKV an die nach Basistarif Versicherten sind den Leistungen nach SGB V vergleichbar.


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