Turbulenzen. Sepp Moser
war zwar die Richtung vorgegeben, das Ziel aber immer noch in weiter Ferne. Jetzt galt es zweimal hintereinander die basisdemokratische Hürde einer Volksinitiative zu überwinden. Das erste Volksbegehren (genannt «für eine Schweiz ohne Armee» und somit logischerweise auch ohne Kampfflugzeuge) wurde am 26. November 1989 abgelehnt, das zweite (dieses spezifisch gegen den inzwischen politisch beschlossenen Kauf der F/A-18) am 6. Juni 1993. Erst jetzt konnten die Verträge rechtsgültig unterzeichnet werden, und seit 1999 ist das Flugzeug bei der Schweizer Luftwaffe vollumfänglich im Einsatz – 16 Jahre nach der Indienststellung durch die Luftwaffe der USA und folglich mit einem technologischen Rückstand von ebenso vielen Jahren. Immerhin verfügt die Schweiz damit erstmals seit langer Zeit über eine zwar kleine, aber im europäischen Umfeld respektierte und technisch einigermassen zeitgemässe Luftwaffe. Doch für wie lange noch?
Bei Niederschrift dieser Zeilen Anfang 2020 haben die 30 verbliebenen Flugzeuge – von ursprünglich 26 Einsitzern und 8 Zweisitzern gingen vier Flugzeuge durch Absturz verloren – im Durchschnitt etwas mehr als die Hälfte ihrer «Lebensspanne» von 6000 Flugstunden hinter sich. Angesichts der langen Zeitdauer für die Bestellung, die Herstellung und die Truppeneinführung eines komplexen Waffensystems liegt es auf der Hand, dass dies der Zeitpunkt ist, ohne erneute Verzögerungen den Schritt in die nächste Generation der Luftkriegführung anzugehen.
Die Gripen-Pleite von 2013/14
Nachdem vorangegangene Beschaffungsprojekte wiederholt im Gegenwind basisdemokratischer Mitbestimmungsansprüche stecken geblieben waren, versuchte es der Bundesrat 14 Jahre nach der erfolgreichen Eingliederung der F/A-18 mit einer neuen Strategie. Er veranlasste eine verwaltungsinterne Evaluation für die nächste absehbare Flugzeuggeneration und legte das Resultat frühzeitig dem Volk zur Genehmigung vor. Es war ein erster Versuch, aus dem geradezu traditionellen Muster aufeinanderfolgender Notfallübungen auszubrechen und den Weg zu einer rationalen, langfristig vorausschauenden Beschaffungsplanung einzuschlagen.
Der Antrag sah vor, die für den nächsten Erneuerungsschub erforderlichen Mittel im Umfang von 3,126 Milliarden Franken in Form eines Fonds zu sichern und damit später 22 Kampfflugzeuge des Typs Saab Gripen inklusive Zusatzaufwendungen für Waffen, Munition, Anpassung der Flugplätze sowie weitere Aufwendungen zu finanzieren. Dieses finanzielle Konstrukt sollte die Einhaltung des angestrebten Kreditrahmens ebenso sichern wie Gewähr bieten für die Art, die Qualität und die Quantität des dafür zu beschaffenden Materials. Doch auch diesem Ansatz war kein Erfolg beschieden: Im Nu waren die für das Referendum erforderlichen Unterschriften gesammelt, und in der Volksabstimmung vom 18. Mai 2014 wurde das Projekt mit 53,4 Prozent Neinstimmen versenkt.
Eines der Hauptargumente gegen die Vorlage war die Aussage, es sei unklar, ob der bestellte Flugzeugtyp jemals fliegen werde. Mit dem Flugzeugtyp war die massiv verbesserte Version E des schon in den vorangegangenen Versionen C und D bewährten Flugzeuges gemeint. Inzwischen fliegt die neue Version, erbringt nach den vorliegenden Informationen die versprochenen Leistungen und hat gute Chancen, von der finnischen Luftwaffe ausgewählt zu werden. Die ältere Version ist in Schweden, Ungarn, Tschechien und Südafrika im Einsatz.
Bevor wir auf die aktuelle Kampfflugzeugbeschaffung eingehen, blicken wir zurück auf das weltweite Geschäft des Schweizer Flugzeugbauers Pilatus, das immer wieder zu Kontroversen führte, weil die Kleintransporter für militärische Zwecke umgenutzt und eingesetzt wurden.
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