Wie kann man grandiose Arbeit leisten, ohne ein Arschloch zu sein?. Paul Woods
gern noch einmal zusammen – ganz einfach so: Wenn Sie ein Arschloch sind, werden Ihre besten Leute Sie verlassen. Verschwinden Ihre besten Leute, leidet die Arbeit. Und wenn das passiert, bleiben auch die Kunden nicht mehr lange.
GROSSARTIGE ERGEBNISSE BEDEUTEN IMMER HARTE ARBEIT – DA GIBT ES KEINE ABKÜRZUNG.
BIN ICH EIN ARSCHLOCH?
EGOS
Mit wenigen Ausnahmen entsprechen Kreative meistens einer dieser beiden Kategorien: »zutiefst unsicher« oder »egoman«. Die Vertreter der ersten Kategorie leben in ständigem Selbstzweifel und brauchen immer eine Bestätigung. Tatsächlich sind diese Kreativen in der Regel die besten Mitarbeiter einer Agentur, da sie sich ständig um Verbesserung bemühen. Leider kann man sie wegen ihres verzweifelten Bedarfs an Bestätigung so leicht manipulieren, dass sie von der anderen Gruppe Kreativer, den »Egomanen«, schnell auszunutzen sind. Und um diese zweite Kategorie soll es in diesem Kapitel gehen.
Es mag eine tiefere unbewusste Verbindung zwischen diesen beiden Typen von Kreativen geben, aber da ich keine psychologische Ausbildung habe, formuliere ich es einfach mal so: Egos haben in der Kreativbranche keinen Platz. Das Eliminieren ihrer Verhaltensweisen (bzw. notfalls auch die Auflösung ihrer Arbeitsverträge) führt schnell für alle zu einer besseren Arbeitsumgebung mit autonomeren und profitableren Teams sowie – was am wichtigsten ist – einer besseren Arbeit.
DEN EGOMANEN VERSTEHEN LERNEN
Um zu verstehen, warum Egomanen keinen Platz in der Kreativbranche haben sollten, lassen Sie uns einen detaillierteren Blick auf diesen Typus werfen. Sie sind meistens (wenn auch nicht immer) Teil der Kreativabteilung und tragen häufig einen höheren Titel. Egomanen sind zutiefst davon überzeugt, dass sie, und zwar sie ganz allein, verantwortlich für den Erfolg der Agentur sind, die das große Glück hat, von ihnen mit ihrer Anwesenheit beehrt zu werden. Ein Egomane versteht sich als eine Art moderner Messias, und er hat immer recht. Alle Ideen für ein Projekt müssen von ihm kommen; die Ideen anderer werden selten berücksichtigt – es sei denn, man kann das Lob dafür einheimsen.
Egomanen zeigen einen eklatanten Mangel an Respekt vor der Zeit und der Persönlichkeit anderer Menschen. Kurz gesagt, die Daseinsberechtigung anderer besteht aus ihrer Sicht einzig und allein darin, Stück für Stück ihren persönlichen Erfolg aufzubauen. Kreativdirektoren stehen bei dieser Kategorie an erster Stelle. Aber um fair zu bleiben: Vielleicht ist das nicht ganz allein ihre Schuld. In großen Agenturen werden die Kreativdirektoren von den untergeordneten Account-Teams auf einen sehr hohen Sockel gestellt und den Kunden nicht selten als eine Art mystischer Kreativ-Gott präsentiert. In einem gewissen Maß würde diese Art der Idealisierung auf jeden abfärben. Doch während es durchaus erfolgversprechend sein kann, vor den Kunden den Kreativ-Gott zu geben, ist es eine ganz andere Sache, auch intern zu glauben (oder so zu tun), man sei einer.
ES IST DAS EINE, VOR DEM KUNDEN DEN KREATIV-GOTT ZU GEBEN, UND ETWAS GANZ ANDERES, AUCH INTERN ZU GLAUBEN, MAN SEI EINER.
Einer der denkwürdigsten Kreativ-Götter, denen ich je begegnet bin, war ein Vertreter der alten Schule – nennen wir ihn an dieser Stelle Willy Wunderwinkel – dessen Lieblingsbeschäftigung darin bestand, Projekte mit Terminen zu akquirieren, die für sein Team einfach nicht zu leisten waren. Wenn ihm das mal wieder gelang, sprang Willy begeistert in den Projektraum, um das Team über seinen aufregenden neuen Pitch zu informieren, was zu einem kollektiven internen Stöhnen führte, da wir schon ahnten, dass die nächsten Tage wenig bis gar keinen Schlaf bringen würden.
Willy selbst verschwand dann für die nächsten fünf Tage. Er war weder an seinem Schreibtisch noch im Konferenzraum oder sonst irgendwo in der Agentur zu finden. Er beantwortete keine Mails oder SMS’ von unserem Team, mit denen wir ihn, je näher der Termin rückte, umso häufiger und verzweifelter um Feedback baten. Dann, ganz plötzlich, nämlich am Tag der Deadline, tauchte Willy wieder in der Agentur auf und informierte uns in seinem üblichen blasierten Ton darüber, dass er, ohne uns das zu sagen, parallel ein zweites Team an das Projekt gesetzt und sich nun entschieden habe, deren Entwürfe statt unsere zu präsentieren.
Wie viele andere Charaktere in diesem Buch ist auch Willy noch höchst aktiv. Er wurde nie gefeuert – oder von dem Team junger Designer, das unter ihm arbeiten muss, verprügelt. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass er seit unserem letzten Zusammentreffen ein paar Mal befördert wurde.
EGO & MANIE: WER BIN ICH?
IM KOPF DES EGOMANEN
EGOMANEN SIND SCHLECHT FÜRS GESCHÄFT
Liebe Kreativdirektoren – und natürlich auch alle anderen: Lassen Sie Ihre Egos zu Hause oder auf der Bühne des Konferenzsaals. Egomanen haben an einem kreativen Arbeitsplatz nichts verloren. Sie ersticken die Wachstumsprozesse eines Teams, beeinträchtigen die Qualität der Arbeit und kosten die Agentur nicht zuletzt auch noch eine Menge Geld.
EGOMANEN ERSTICKEN DIE KREATIVITÄT DES TEAMS
Einer der schlimmsten Aspekte egomaner Charaktere ist ihr zwanghaftes Misstrauen. Ständig müssen sie alles selbst managen; erfolgreiches Delegieren kennen sie nicht. Sie sind absolut davon überzeugt, dass sie die einzigen sind, die alle Aufgaben richtig erfüllen können.
Ich habe leitende Kreativdirektoren mit gigantischen Gehältern darauf bestehen sehen, kleinste Details einer Kampagne noch einmal selbst zu kontrollieren. Ja, diese Liebe zum Detail ist wichtig in unserem Beruf – aber das ist Wahnsinn. Ein solches Mikromanagement verhindert, dass Teams eigene Entscheidungen treffen oder Mitarbeiter als Individuen wachsen können.
EGOMANEN KOSTEN DIE AGENTUR BARES GELD
Indem sie konsequent als Nadelöhr im kreativen Prozess agieren, boykottieren Egomanen Budgets und Zeitpläne. Sie geben nicht rechtzeitig Feedback, ignorieren die Nöte der Producer und sind fest der Überzeugung, dass die Verwirklichung ihrer »künstlerischen Vision« viel wichtiger sei als die Einhaltung so profaner Vorgaben wie die des Budgets oder der Machbarkeit.
EGOMANEN SCHEREN SICH NICHT UM BUDGETVORGABEN UND TERMINPLÄNE.
EGOMANEN VERTREIBEN IHRE BESTEN LEUTE
Ein Egozentriker wird das Rampenlicht nicht gern mit anderen teilen. Er reißt die besten Aufgaben an sich und überlässt die weniger interessanten Dinge den anderen. Egomanen fördern auch nur ungern junge Talente – lieber lassen sie die in ihrem Schatten stehen, um sich ungestört mit den eigenen kreativen Visionen exponieren zu können. Es ist daher eine Frage der Zeit, wann Ihr ambitionierter Nachwuchs sich eine neue Stelle sucht, um auch selbst mal glänzen zu können.
KEINE (EGO-)MACHT FÜR NIEMAND!
Sie möchten ein egofreies Arbeitsumfeld schaffen? Das wird nicht leicht. Die Kreativbranche ist gespickt mit psychisch auffälligen Cholerikern, zwanghaften Selbstzweiflern, Schlaflosen und einer ganzen Reihe anderer exzentrischer Persönlichkeitstypen, die nur selten logisch oder vernünftig denken. Aber auch kreative Arbeitsplätze sind Teil eines kommerziellen Betriebs. Hier ist kein Platz für Künstler; hier sollten nur Profis arbeiten, die sich auch wie Erwachsene benehmen können. Das sind die beiden